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Lady Mary
Ich konnte wirklich nicht anders, als die Augen zu verdrehen. Elizabeth war wirklich kindisch. Heute hatte ich wirklich besseres zu tun als Preise zu verteilen. Schließlich kam Henry auf meine Einladung und daher hatte ich geplant, ihm alles zu zeigen. Ich ignorierte Mamas Blick und begrüßte Henry lächelnd, der sich dann auch Edith, Elizabeth und Sybil zuwandte. Letztere wirkte leicht außer Atem und komisch aufgedreht, wahrscheinlich nur, weil sie sich so schnell umziehen musste. Zusammen mit Lord und Lady Redvers gingen wir zwischen den verschiedenen Ständen und durch die vielen Gäste. Ich blieb dabei neben Henry, der sich allerdings erst einmal umsah. "Meine verehrten Damen und Herren! Dürfte ich einen Moment ihre Aufmerksamkeit haben? Es ist mir eine große Freude, den diesjährigen Basar zu eröffnen! Gleichzeitig bedanken Lady Grantham und ich uns bei allen, die heute mitgeholfen haben, um diese Tradition fortzuführen! Und nun viel Spaß!", eröffnete Papa den Basar, woraufhin alle klatschten. Auch ich. Mit einem strahlenden Lächeln blieb ich neben Henry stehen. "Es ist so schön, dass ihr kommen konntet. Was möchtest du zuerst sehen?", fragte ich ihn dann, eine perfekte Gastgeberin wie Mama. "Ich bin wirklich überwältigt, mit einem so großen Basar hatte ich nicht gerechnet. Warum gehen wir uns nicht alles der Reihe nach ansehen?", antwortete Henry. Mein Ziel war es nur, ihn für mich allein zu haben. Das sollte nicht allzu schwer werden, wenn Elizabeth und Mama Preise verteilten.
Lady Sybil
Schnell strich ich mir die Haare unter meinem Hut glatt. Für eine neue Frisur hatten Anna und ich keine Zeit gehabt, aber was kümmerte schon mein Aussehen? Ich wollte keinesfalls zu spät kommen. Nachher wären Mama und die anderen ohne mich an den Ständen entlanggelaufen und hätten den Kuchen ohne mich entdeckt. Nach der Eröffnung durch Papa begrüßten er und Mama die Farmer und andere Personen aus dem Dorf. Unruhig wippte ich auf den Füßen auf und ab und schielte zum Tisch mit den vielen Kuchen herüber. Ein Lächeln konnte ich mir nur schwer verkneifen. Thomas und James kamen mit Tabletts herum und servierten Sekt. Ich nahm mir ein Glas von Thomas. "Danke übrigens, dass du mich bei meinem Ausflug in die Küche gedeckt hast", sagte ich leise zu ihm und ging ein Stück abseits von den anderen. Er hatte es wirklich nicht tun müssen, belog er doch so seine Arbeitgeber.

Lizzy
Ich klatschte und lächelte artig, als Lord Grantham den Basar eröffnete. Trotzdem fühlte ich mich zwischen den Crawleys einfach nur komplett fehl am Platz und war froh, als wir endlich alle auseinandergehen durften. Ich sah mich um und hatte keine Ahnung, wohin ich zuerst gehen sollte – es gab einfach viel zu viel zu sehen! Kurz sah ich im Gedränge Sybils Kopf, der erst bei Thomas und dann bei einem großen Tisch mit irrsinnig vielen Kuchen war und drückte mich ihr hinterher durch die Menschen. Zum zweiten Mal rannte ich fast Thomas und Jimmy um und diesmal hätte es wirklich eine Sauerei gegeben, denn die beiden hatten Tabletts mit gefüllten Sektgläsern in den Händen. "Genau das brauch ich jetzt!", keuchte ich – ich hatte schon wieder Seitenstechen – und nahm mir ein Glas von Jimmys Tablett. Wo war Sybil denn nun hin? Dieser Basar überforderte mich mal wieder nach noch nicht mal fünf Minuten.
Thomas
Während Jimmy und ich Sekt an die Gäste verteilten, kam plötzlich Lady Sybil auf uns zu und bedankte sich bei mir. Na endlich! "Keine Ursache, Mylady", sagte ich leise. Zu gerne wüsste ich, was sie wirklich dort unten gemacht hatte – vielleicht war es eine nützliche Information für mich? Schnell sah ich zu Jimmy herüber, denn egal, wie sehr ich ihn mochte, das hier sollte er vorerst vielleicht besser nicht erfahren. Aber er schien gar nicht auf mich zu achten. Kein Wunder, Miss Allen schwärmte schon wieder um ihn herum, wie mir auffiel. Ich runzelte die Stirn und wünschte mir, etwas bei mir zu haben, was ich ihr ins Sektglas hätte schütten können.
Lady Edith
Natürlich nahm Mary Henry von der ersten Sekunde an für sich ein. Aber nachdem ich ihn für mich abgeschrieben hatte, hatte ich auch das Gefühl, bei ihm nichts mehr verlieren zu können. Also tat ich, als sei mir sein letzter Satz an Mary gar nicht aufgefallen und strahlte ihn an wie einen alten Freund. "Henry! Hast du Lust, dir später mit mir den Stand der Coyles anzusehen? Ich kenne die Familie schon seit Jahren persönlich." Das war nicht gelogen, im Gegensatz zu Mary fand ich das Leben unserer Bauern faszinierend. Es waren so fleißige, starke Menschen – niemals würde meine Familie auch nur eine Woche auf einem Hof überleben. Aber meine oberste Priorität war jetzt dennoch nicht die Familie Coyle, sondern wenigstens eine Viertelstunde mit Henry allein zu sein.

Jimmy
Manchmal glaubte ich die Menschen hätten keine Augen im Kopf. Zweimal verschüttete ich fast den Sekt über irgendeine Lady in einem prachtvollen Kleid, bis ich endlich bei den Crawleys angekommen war. Heute Abend würde ich meinen rechten Arm nicht mehr spüren, der die Tabletts trug. Vielleicht sollte ich mich besser jetzt gleich beim Hau-den-Lukas beweisen, bevor ich nachher gar keine Kraft mehr hatte. Lord und Lady Grantham bedienten sich - bis mich wieder jemand anrempelte und ich am liebsten geflucht hätte. Bis ich merkte, dass es Miss Allen war. "Keine Sorge, ich laufe hier noch den ganzen Tag mit Sekt herum", beruhigte ich sie mit einem Lächeln. "Ihr müsst mir nur etwas sagen und ich hole ein etwas stärkeres Getränk" Bei ihr konnte ich ruhig ein wenig flirten und nicht so ernst sein. Sie war die Typ von Frau, der das gefallen würde.
Henry
Ich hatte gerade Zeit, einen Schluck von meinem Getränk zu nehmen, als mich nach Lady Mary ihre Schwester ansprach. Ich schluckte schnell und lächelte. "Natürlich, Edith", versprach ich ihr, ganz der Gentleman. Schließlich konnte ich nicht den ganzen Tag mit Mary verbringen. Mutter würde nur die falschen Zeichen daraus lesen und auf einen Antrag warten. "Lass uns dort drüben anfangen", sagte Mary dann von rechts. Sie sah wirklich atemberaubend in ihrem Kleid aus. Meine Eltern sah ich schon nicht mehr, aber warum sollten sie auch auf mich aufpassen? Ich würde den ganzen Tag nicht allein sein, so viel war sicher. Aber es gab wirklich schlimmeres, mit wohlerzogenen Damen über einen Basar bei Sonnenschein zu laufen. "Ich werde später auf dein Angebot zurückkommen", sagte ich zu Edith und lief dann neben Mary her, die lächelnd nach vorn sah.
Lady Sybil
Ich lächelte Thomas weiter an, bevor ich mich wieder abwandte. Er hatte definitiv etwas gut bei mir und das schien er nur zu gut zu wissen. Als ich mich umdrehte, ging Mary gerade an der Seite von Henry zu einem Stand. Mama und Papa waren in Gespräche vertieft. Lizzy konnte ich nirgends entdecken. Und Granny würde erst am Nachmittag kommen. Also gesellte ich mich zu Edith. "Es ist wunderschönes Wetter, nicht wahr?", fragte ich sie breit lächelnd. "Worauf freust du dich am meisten?"

Lady Edith
Diese zwei Worte hatten mir gereicht. Er würde sich daran halten, dessen war ich mir sicher. Wenigstens etwas. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht süffisant zu lächeln und zuckte leicht zusammen, als Sybil mich ansprach. "Oh, ich – ich weiß nicht. Der Kuchenwettbewerb könnte recht interessant werden, meinst du nicht?", antwortete ich ihr, in Gedanken bei dem Gespräch, das ich später mit Henry führen würde, ohne zu meinen, was ich sagte. Denn die Wahrheit konnte ich Sybil nicht sagen – sie sah den Umgang zwischen Mary und mir gar nicht gern. Wenn sie nur einmal verstehen würde, wessen Schuld der ständige Streit ist. "Und du, was möchtest du heute machen?", fragte ich meine kleine Schwester lächelnd.
Lizzy
Na endlich! Jemand hier konnte Witze machen, und recht unangebrachte noch dazu. "Du wirst mich vor der Familie in Verruf bringen", lächelte ich und nahm einen Schluck Sekt. "Wobei – wahrscheinlich habe ich mich schon selbst längst diffamiert", fügte ich nach einem weiteren Schluck hinzu. Dass du dich jetzt bloß nicht betrinkst und dem Diener von Downton Abbey dein Leid vorjammerst!, warnte ich mich selbst. Besser, ich verschwand hier. Ich sollte mich sowieso nach der Tombola und dem Sackhüpfen umsehen, und ich hatte noch keine Ahnung, wo ich beides fand. "Ich gehe wirklich nur ungern, aber die Arbeit ruft", sagte ich mit gespielt wichtiger Miene zu Jimmy, prostete ihm lächelnd zu und sah mich nach Edith und Sybil um.

Lady Sybil
Hatte Edith etwa was geahnt, da sie den Kuchenwettbewerb ansprach? Ihre Gesichtsausdruck sagte zum Glück, dass sie im Moment ganz woanders war - zum Glück. Mir gefiel dieser Ausdruck nicht. Deswegen hakte ich mir bei ihr unter. Vielleicht war sie einfach nur traurig, dass Henry mit Mary gegangen war. "Ich möchte den Kuchenwettbewerb natürlich auch sehen! Aber alles andere natürlich auch! Ich werde heute Abend erst wieder ins Haus gehen, wenn ich jeden einzelnen Stand gesehen habe!" Ich lächelte Edith breit an und fing an, an den Ständen entlangzugehen. Mama und die anderen waren schon ein Stück vorausgegangen, also folgte ich ihnen.
Jimmy
Sie ging tatsächliche auf meine Witze ein, was mich nur noch breiter lächeln ließ. Gleichzeitig trank sie ihren Sekt für eine Lady gewagt schnell - hoffentlich würde sie sich nicht betrinken. Sie redete jetzt schon mehr als sonst und wirkte leicht angeheitert. "Bei mir leider auch", meinte ich grinsend und nahm ihr das leere Sektglas wieder ab. Miss Allen ging ihre Wege, anscheinend auf der Suche nach den anderen. Ich merkte Thomas Blick auf mir, lächelte ihm kurz zu und setzte dann meine Runde fort. Mittlerweile wurde es immer voller, eine Menge von Kindern rannten umher. Es dauerte gar nicht lange, bis mein Tablett nur noch mit leeren Gläsern gefüllt war und ich mir neue holen musste. Mrs. Patmore und Daisy hatten ihre dreckigen Schürzen abgelegt und servierten jetzt in ihren besten Kleidern. Ich stellte das Tablett bei ihnen ab und sah Daisy an. "Mach das Tablett nicht ganz so voll, früher oder später werde ich etwas davon verschütten" Ich nutzte die Zeit und rückte meine Livree zurecht.

Lizzy
Ich drängelte mich durch die Menge, um Ediths Hut zu folgen, den ich gerade hatte ausmachen können. Als ich sie schon fast eingeholt hatte, wurde ich von einer älteren Dame angestoßen und fiel Edith fast in die Arme. Zum Glück nahm sie die Sache mit Humor und stellte mich wieder gerade hin. "Zu euch wollte ich! Könnt ihr mir sagen, wo das Sackhüpfen stattfindet?" Und nach einer kurzen Pause, in der ich mein Kleid wieder zurechtgerückt hatte, fügte ich leise hinzu: "War hier schon immer so viel los? Ich hätte heute schon fast drei Unfälle gebaut..."
Thomas
Ich versuchte, Jimmy und Miss Allen im Auge zu behalten, aber natürlich war das nicht einfach. Als wir schließlich gemeinsam bei Daisy standen und uns unsere Tabletts wieder auffüllen ließen – Daisy wirkte sehr nervös und hatte hektische rosa Flecken im Gesicht – nutzte ich die Gelegenheit, um ihn unauffällig nach Miss Allen zu fragen. "Sehr anhänglich, diese Miss Allen, nicht wahr?", fragte ich und versuchte erfolglos, es nach einem lockeren Gespräch klingen zu lassen. Eine gewisse Härte in meinem Unterton konnte ich nicht vermeiden.

Lady Sybil
Ich musste einfach lachen, als Lizzy fast vor uns auf den Boden fiel. "Die letzten Jahre war es immer auf der freien Rasenfläche vor dem Haus", antwortete ich ihr lächelnd. "Aber normalerweise werden die Preise immer erst später vergeben, Mama wird dich dann schon suchen. Ich finde es dieses Jahr auch recht voll, nicht wahr, Edith?" Lächelnd grüßte ich ein paar der vorbeigehenden Menschen und sah dann nach vorn. Mama war den Kuchen gefährlich nah gekommen, dann aber doch noch weggeschwenkt.
Jimmy
Thomas kam dazu, mit der gleichen Absicht wegen seines leeren Tabletts. "Ich würde eher sagen leicht angetrunken", antwortete ich ihm grinsend. "Ich habe eine Frau noch nie so schnell ein Glas Sekt leeren sehen. Vielleicht braucht sie es ja" Kurz lehnte ich mich an den Tisch, während Daisy die Gläser auffüllte. Der Basar hatte gerade erst angefangen, doch schon jetzt war zwischen den ganzen Ständen fast kein Durchkommen mehr. Ich sah Thomas an, der komisch ernst aussah. "Werden Sie nachher noch eine Runde über den Basar gehen und zeigen, wie stark sie beim Hau-den-Lukas sind?"

Lizzy
"Oh, gut", brachte ich heraus, dachte aber bei mir, dass ich ja jetzt irgendwie noch ein paar Stunden rumkriegen musste. Hoffentlich ging ich Edith und Sybil nicht auf die Nerven, immerhin warf ich mit meinem Verhalten hier nicht das beste Licht auf die Familie. Auch, wenn es dieses Mal wirklich nicht böse gemeint war. Edith bestätigte Sybils Aussage und die beiden verfielen in ein Gespräch über die Besucher der letzten Jahre. Ich lief in Gedanken versunken neben ihnen her und überlegte, ob ich mich freute, morgen nach dem Frühstück wieder nach Hause zu fahren oder nicht.
Thomas
"Ja, angetrunken... Das könnte man wohl sagen...", murmelte ich. Gott sei Dank, dann war sie wohl nicht immer so. Aber was das heute Morgen dann gewesen? Da hatte sie sicher noch keinen Tropfen Alkohol angerührt. "Ich denke, ich werde wohl besser bei meinen Aufgaben bleiben", beantwortete ich Jimmys Frage und versuchte ein leichtes Lächeln. Die Gefahr, vor Jimmys Augen beim Hau-den-Lukas zu versagen, war mir einfach zu groß. "Und du?" Sag jetzt einfach nicht, dass du Miss Allen suchen wirst, sonst bin ich wirklich gezwungen, sie außer Gefecht zu setzen.

Jimmy
"Mal sehen was der Tag noch so bringt", meinte ich mit einem Grinsen, drehte mich dann um und nahm das Tablett. Ich würde meine freien Minuten jedenfalls nicht verschwenden. Aber womit genau ich sie verbringen würde, das wusste ich noch nicht. Ich lief durch den Sonnenschein und verteilte meinen Sekt, während um mich herum Kinder in Säcken hüpften und alle anderen sich einen schönen Tag machten. Die Blicke der anwesenden Frauen entgingen mir nicht. Charmant brachte ich ihnen ein Gläschen Sekt und genoss ihre bewundernden Blicke. Aber keine von ihnen gefiel mir so wirklich. Zwischendurch begegnete ich immer wieder Mitgliedern der Familie, die allein schon durch ihre Kleidung auffielen. Lady Mary ging mittlerweile am Arm des jungen Herrn und Lady Grantham klatschte begeistert bei einem Federball-Spiel. Nur Miss Allen sah ich nirgendwo.
Charlotte
Ich trug meine beste Uniform und bediente die Gäste bei den Häppchen und Kuchen. Immer wieder verrenkte ich meinen Kopf, um meine Familie irgendwo zu erkennen, aber es waren einfach zu viele Gäste da. Ich bediente gerade ein älteres Ehepaar, als mir ein paar Minuten Ruhe gegönnt waren und ich zu Daisy herüberschlich. Ihre Blick folgte Jimmy, der gerade mit zwei älteren Frauen redete, die über einen seiner Witze lachten. "Magst du ihn wirklich so sehr?", fragte ich sie einfach direkt und lächelte.

Lizzy
Irgendwann waren wir in der Nähe des Bonbonstands angekommen. Die Lehrerin, mit der ich mich heute Morgen schon unterhalten hatte, winkte mir zu. Endlich hatte ich einen Grund, mich loszueisen – Sybil und Edith waren zwar beide sehr nett zu mir, so wie sie es seit Beginn meines Besuchs gewesen waren, und versuchten, mich in ihr Gespräch einzubringen, aber es war doch schwierig, mich daran zu beteiligen. Ich entschuldigte mich kurz bei ihnen und ging zu den Bonbons, wo ich eine große Tüte für Paula und eine etwas kleinere für mich zusammenstellte. Schließlich lief ich einfach im Strom der Menschen mit und schaute mir an, woran auch immer ich vorbeikam.
Daisy
Ich hatte meinen Blick nur gefühlt zwei Sekunden von den Torten vor mir abgewendet und unauffällig – zumindest hatte ich das gedacht – zu Jimmy hinüber gesehen. Aus der Ferne war es deutlich einfacher, ihn anzuschauen, als wenn er direkt neben mir stand. Erschrocken drehte ich mich zu Charlotte um, als sie mir ihre Frage stellte. Ich versuchte es zunächst mit einem unschuldigen "wen?", aber ich war schlecht im Lügen. Also seufzte ich und... versuchte es mit einer anderen Lüge. Naja – Halb-Wahrheit. "Jeder mag doch Jimmy, oder nicht?", sagte ich etwas trotzig. "Und außerdem war ich nur in Gedanken."
Thomas
Jimmys Antwort fiel zwar nicht gänzlich beunruhigend aus, aber ich hatte trotzdem das Gefühl, etwas unternehmen zu müssen. Zunächst sollte ich wohl wissen, wie lange die Allens eigentlich noch hier zu bleiben gedachten. Ich ging unauffällig zu Mrs. Patmore. "Wissen Sie, wann die Allens abreisen?", fragte ich sie mit gedämpfter Stimme. Mrs. Patmore sah mich argwöhnisch an. "Sie haben wohl nichts zu tun? Morgen nach dem Frühstück, aber das dürfte Sie nicht viel angehen!" Ich entfernte mich wieder mit meinem Tablett. Morgen. Lange war sie also nicht mehr hier, aber immer noch länger, als sie in meinen Augen sollte.

Charlotte
Lächelnd zog ich die Augenbrauen nach oben. "Aber du magst ihn ganz besonders, oder, Daisy?", bohrte ich weiter nach. So schnell ließ ich nicht locker. Auch mein Blick lag jetzt auf Jimmy. Ich konnte schon verstehen, was Daisy an ihm fand. Schnell sah ich mich nach Mrs. Patmore um, die aber gerade mit Thomas sprach und dann weiter ein Tablett mit Sektgläsern vollstellte. Ein wenig Zeit hatten wir also noch, bevor unser Gespräch unterbrochen wurde. Ich lächelte Daisy einfühlsam an. Ich wollte sie auf keinen Fall damit ärgern, dass sie Jimmy gern mochte. So war ich einfach nicht. Vielleicht konnte ich ihr ja sogar etwas helfen, mehr Zeit mit ihm zu verbringen. "Wie auch immer. Ich hoffe nur, dass ich gleich ein paar Minuten von hier verschwinden kann, ich habe eben meinen Dad gesehen", erzählte ich Daisy dann, denn anscheinend war sie nicht gut auf das Jimmy-Thema zu sprechen.

Lady Sybil
Der Morgen war viel zu schnell vorüber gegangen. Zusammen mit Edith und Granny, die mittlerweile dazugekommen war, hatten wir an einem der Tische im strahlenden Sonnenschein unser Mittagessen gehabt. Ich war immer unruhiger geworden - denn gleich würde Mama den Kuchenwettbewerb begutachten und später auch einen Sieger küren. Sie war zwar eben an den Kuchen vorbeigegangen, hatte aber nicht weiter auf die Schilder geachtet. Und jetzt war es endlich soweit. Wenn es so wie letztes Jahr werden würde, würde Mama von jedem Kuchen ein Stück probieren - also auch von meinem. "Komm, Edith - lass uns zum Kuchenwettbewerb gehen!", sagte ich zu Edith, fasste eine Hand von ihr und zog sie förmlich zu dem vollgestellten Tisch mit den leckersten Kuchen, die ich je gesehen hatte. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als auch Mama in Begleitung von Papa zu uns kam. "Ich hätte wirklich nicht so viel zum Mittag essen sollen, wie soll ich da noch von jedem Kuchen ein Stück essen?", sagte Mama lachend zu uns beiden, bevor sie sich mit einer Frau aus der Menge unterhielt, die alle zusehen wollten. Der Mann hinter dem Tisch schnitt jeden der Kuchen an und reichte Mama und den anderen Mitgliedern der Jury jeweils ein Stück. Abwartend sah ich zu Mama, die sich jeden Kuchen ansah und das Schild durchließ. Als sie zu meinem Kuchen kam, hielt sie kurz inne - als müsste sie das Schild zweimal lesen. Als sie sich zu mir umdrehte, strahlte ich übers ganze Gesicht.

Lizzy
Ich hätte den Kuchenwettbewerb glatt verpasst, hätte nicht die nette Frau aus dem Dorf, mit der ich mich gerade unterhielt, mich daran erinnert. Wir gingen zusammen zu dem riesigen Tisch mit den vielen Kuchen, der mir die ganze Zeit schon aufgefallen war – hoffentlich konnten wir nachher davon probieren! Schnell drängelte ich mich weiter nach vorne, um etwas zu sehen. Ein Mann schnitt gerade alle Kuchen an und verteilte sie an die Jury-Mitglieder. Cora las die Schildchen neben den Kuchen und ich wollte gerade die Jury darum beneiden, wie viel sie zu essen bekam, als Cora sich plötzlich zu Sybil umdrehte und diese zu strahlen begann. Es dauerte ein paar Sekunden, ehe ich begriff, was los war, dann aber drängelte ich mich durch die Menschen zu ihr. "Hast du – du hast wirklich diesen Kuchen gebacken?" Cora sah unglaublich gerührt aus und selbst ich, die Sybil erst seit ein paar Tagen kannte, konnte nicht anders, als irgendwie stolz zu sein.
Edith
Nach dem Mittagessen ging ich mit Granny und Sybil zum Kuchenwettbewerb. Sybil wirkte noch unruhiger als sonst – was war bloß los mit ihr? – und zerrte mich förmlich an den Stand mit den Kuchen. Während die Jury die Kuchen probierte, ging ich in Gedanken mein Gespräch mit Henry durch und schreckte erst auf, als ich merkte, wie Mama strahlend zu Sybil starrte, ein Raunen durch die Menge ging und Lizzy auf uns zugelaufen war. Das also war der Grund für ihre Geheimniskrämerei... "Wie hast du das gemacht?", fragte ich lachend. Der Kuchen sah wirklich klasse aus und so intelligent meine kleine Schwester auch war – keine von uns hatte genug Erfahrung im Kuchenbacken, um soetwas alleine hinzubekommen. "Die Jury hat eine Entscheidung getroffen!", verkündete der Mann hinter dem Kuchentisch schließlich.

Lady Sybil
Die ganze Arbeit war es wert gewesen. Mamas Blick würde ich nie mehr vergessen, als sie mich erst ungläubig ansah und dann gerührt. Anscheinend brachte sie kein Wort heraus. Es ging alles so schnell. Erst kam Lizzy auf mich zu und auch Edith stimmte in unser Lachen mit ein. "Ja, zusammen mit Mrs. Patmore und Daisy!", antwortete ich den beiden, während ich mein Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht bekam. "Oh, Sybil, mein Schatz!", brachte Mama dann endlich heraus, als sie auf mich zukam und mich in den Arm nahm. Dass es so schön werden würde, hätte ich nie gedacht! Es war meine beste Idee seit langem gewesen. Ich wollte Mama gerade sagen, dass ich sie damit überraschen wollte, als der Mann hinter dem Tisch - anscheinend der Vorsteher der Jury - seine Stimme erhob und es ruhig um uns wurde. "Meine Damen und Herren, die Jury bedankt sich bei allen Teilnehmern und ihren wunderbaren Kuchen! Der Jury ist es nicht leicht gefallen, einen Sieger zu küren. Dennoch gab es eine Entscheidung. Der diesjährige Sieger ist - " Er hielt einen Augenblick inne und ich schloss nervös die Augen. "Lady Sybil Crawley!" Ich riss erschrocken die Augen auf, bevor Mama mich wieder in die Arme schloss. Damit hätte ich nie gerechnet. Zögernd ging ich nach vorn, denn wirklich glauben konnte ich es noch nicht und nahm den Blumenstrauß entgegen, während alle Zuschauer klatschten. "Bitte, ich habe diesen Kuchen nicht allein gebacken! Deswegen habe ich nicht allein gewonnen, sondern auch Mrs. Patmore und Daisy!", sagte ich laut und sah mich nach den beiden um.
Charlotte
Nach dem Mittag hatte ich eine kurze Pause bekommen, in der ich mit meiner Familie über den Basar ging. Meine Eltern waren gekommen, genauso wie meine jüngeren Geschwister. Zusammen sahen wir uns jetzt die Siegerehrung des Kuchenwettbewerbs an, denn danach gab es oft Kuchen für die Kinder ganz umsonst. Mein Dad sah immer wieder stolz auf meine Uniform, die mich als Angestellte des Hauses kennzeichnete. Ich redete gerader meiner jüngsten Schwester gut zu, dass es nicht mehr lange dauern würden und sie danach Sackhüpfen könnte, als überraschend Lady Sybils Name als Siegerin genannt wurde. Ich glaubte nicht richtig gehört zu haben, aber sie ging wirklich nach vorn. Das hatte sie also in der Küche gemacht. Als sie Mrs. Patmore und Daisy als weitere Sieger nannte, war ich noch mehr überrascht. Auch ich sah mich nach den beiden um, als Mrs. Hughes zu mir kam. "Hol die beiden, Charlotte!", sagte sie schnell und ich rannte los. "Daisy!", rief ich ihr zu. "Du und Mrs. Patmore müsst kommen! Schnell!"

Lady Edith
Ich klatsche begeistert und auch Lizzy war ganz aus dem Häuschen. Ich sah mich nach Mary um, wo war sie nur? Verpasste sie wirklich diesen großartigen Moment, nur weil sie Henrys Erbe im Hinterkopf hatte? Schließlich verkündete Sybil, dass sie den Kuchen mit HIlfe von Daisy und Mrs. Patmore gebacken hatte und als die beiden hergerufen wurden, drehten sich alle in die Richtung, aus der sie angelaufen kamen. Mrs. Patmore sah sehr gestresst und nervös aus – aber soweit ich das mitbekam, tat sie das immer – und Daisy wirkte einfach nur eingeschüchtert und geschockt und riss ihre großen braunen Augen auf.
Daisy
Ich hatte während des Kuchenwettbewerbs keine Zeit,eine Pause zu machen, denn es gab auch einige Gäste, die sich den Wettbewerb nicht ansahen – möglicherweise hatten sie aber auch einfach nur keinen Platz mehr, weil sich schon eine so große Menschentraube um den Kuchenstand gebildet hatte – und etwas essen und trinken wollten. Trotzdem versuchten Mrs. Patmore und ich, ab und zu zu lauschen, was dort vor sich ging oder einen Blick in die Richtung zu werfen. Plötzlich fingen die Menschen am Kuchenstand an zu jubeln. "Der Sieger steht fest", folgerte Mrs. Patmore. Ich wollte gerade etwas antworten, als Charlotte rufend angerannt kam. "Was- was ist denn passiert, stimmt etwas mit dem Essen nicht?", fragte Mrs. Patmore erschrocken, doch wir liefen beide sofort los auf den Kuchenstand zu. Ich hatte so eine Idee, wer der Sieger gewesen sein könnte. Oder bessergesagt: Die Siegerin.

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