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Lady Sybil
Lächelnd sah ich den glücklichen Kindern hinterher, die schon ihre gewonnenen Bonbons aufaßen und mit ihren Eltern an der Hand nach Hause gingen. Die Sonne war immer tiefer gesunken und tauchte alles in ein dämmriges Licht. Mama hatte Lord und Lady Redvers zum Dinner eingeladen, wir würden also eine größere Gruppe sein. Arme Daisy und Mrs. Patmore, dachte ich nur auf dem Weg zurück ins Haus. Ich war froh, endlich den Hut abzunehmen, die Nadeln hatten mit der Zeit doch ganz schön in meine Haut gestochen. Was wahrscheinlich daran lag, dass Anna mir den Hut in so einer Eile aufsetzen musste. Angeführt von Mama begaben sich alle auf ihre Zimmer, um sich umzuziehen. Auch die Redvers hatten anscheinend vorgesorgt und Abendkleidung mitgenommen. Ich hatte dazu noch keine Lust. Unauffällig schlüpfte ich wieder durch die Tür zu den Dienstbotengängen und machte mich in die Küche auf. Wie sie es geschafft hatten wusste ich nicht - jedenfalls war das ganze Geschirr fertig gespült, denn davon war nichts mehr zu sehen. Stattdessen wurde alles für das Dinner vorbereitet. Der Blumenstrauß stand in einer schönen Vase auf dem kleinen Tisch und brachte mich sofort wieder zum Lächeln. "Ich will wirklich nicht lange stören, aber ich muss mich einfach nochmal bedanken!", sagte ich zu Mrs. Patmore und Daisy aus vollem Herzen.
Jimmy
Das erste Mal sah ich sie auf der Bank, als ich gerade mit Thomas einen Tisch wieder ins Haus trug. Ich biss mir kurz auf die Lippe, denn natürlich konnte ich jetzt nicht einfach zu Lizzy gehen. Stattdessen machte ich pflichtbewusst meine Arbeit weiter, bis alle Tische wieder an ihrem Platz waren. Danach war es nur Kleinkram - und dabei hatte ich die Chance, mich kurz wegzustehlen und einen kleinen Umweg zu nehmen. Bepackt mit dreckigen Tischdecken und Kronleuchtern ging ich auf Lizzy zu. Sie wirkte müde, aber wer war das heute nicht? Ich legte meinen Kram vorsichtig auf den Boden, dreckig war ja sowieso alles. "Ist Euch kalt?", fragte ich und sah auf die Gänsehaut an ihren Armen. Schnell zog ich meine Livree aus und legte sie ihr um die Schultern.
Charlotte
Konnte man im Stehen einschlafen? Wenn ja, dann war ich kurz davor. Meine Füße bewegten sich nur aus Gewohnheit, als ich mit Miss Allens Kleid für den Abend die Treppe nach oben ging. Gerade hatte Mr. Carson den Gong geschlagen und somit wieder die allgemeine Hektik im Haus ausgelöst, zusätzlich zum ganzen Stress mit dem Basar. Ich klopfte an ihre Zimmertür, aber niemand antwortete. Als ich eintrat, war das Zimmer verlassen. Ich konnte nicht anders als zu seufzen, denn ganz sicher würde ich jetzt nicht mehr nach unten gehen. Stattdessen schloss ich die Zimmertür und setzte mich mit einem schlechten Gewissen so vorsichtig wie nur möglich auf einen der samtbezogenen Stühle.

Daisy
Wir hatten kurzfristig erfahren, dass die Familie Redvers zum Dinner blieb. Solche Ankündigungen brachten Mrs. Patmore schnell aus der Fassung, und ich bemühte mich, alles, was sie mir auftrug, so schnell und ordentlich wie möglich zu erledigen. Nicht, dass ich das nicht immer tat, aber an manchen Tagen war es eben noch schlechter, sie unnötig aufzuregen, als an anderen. Glücklicherweise hatte ich, während ich kleine Pastetchen füllte, einen guten Blick auf den Blumenstrauß vom Backwettbewerb. Der Anblick würde mich vermutlich noch für einige Tage zum Lächeln bringen. Mrs. Patmore hingegen hatte sich anscheinend nur fünf Minuten über unseren Sieg gefreut, sie war wieder ganz die Alte. Wie auf Kommando stand plötzlich Lady Sybil in der Küche und bedankte sich zum gefühlt hundertsten Mal bei uns. Ich freute mich, sie zu sehen – eigentlich war ich davon ausgegangen, dass das nach dem Wettbewerb nicht so schnell wieder passieren würde. "Das müsst Ihr nicht, Mylady", lächelte ich. "Wir helfen Euch gern, wenn Ihr nochmal einen Kuch-" Bevor ich zu übermütig werden konnte, sprang Mrs. Patmore mit einem "Daisy, eine Lady gehört nicht in die Küche!" ein und schwenkte warnend einen Kochlöffel in meine Richtung. Ich warf Lady Sybil einen vielsagenden und entschuldigenden Blick zu, den Mrs. Patmore hoffentlich nicht gesehen hatte.
Lizzy
Ich hatte keine Ahnung, wie ich es schaffen sollte, noch mindestens drei Stunden wach zu bleiben. Eigentlich hatte ich mich hingesetzt, um neue Energie zu tanken, aber es hatte mich nur noch müder gemacht und nun schaffte ich es kaum noch, aufzustehen. Zu allem Überfluss wurde es auch noch kalt. Aber es war so friedlich, hier draußen im Halbdunkeln zu sitzen, während es immer leiser wurde. Außerdem war das hier mein vorerst letzter Abend auf Downton. Seltsamerweise war ich mir nicht mehr sicher, ob ich das gut fand oder nicht. Irgendwann fielen mir für ein paar Sekunden die Augen zu – und als ich sie wieder öffnete, kam Jimmy auf mich zu, der eine Menge schmutziger Tischdecken sowie zwei Kronleuchter trug. Ich grinste unwillkürlich bei dem Anblick und war sofort etwas wacher. "Ich fürchte ja, aber gleichzeitig bin ich zu müde nach drinnen zu gehen. Ich werde wohl hier draußen erfrieren müssen", witzelte ich und betrachtete lächelnd die Livree, die er mir umlegte.
Thomas
Ich war froh, dass der Tag wenigstens fast vorbei war. Irgendwie hatte mir der Basar schon immer etwas weniger Spaß gemacht als den anderen Bediensteten. Wo sie Vergnügung sahen, sah ich nur noch mehr Arbeit. Und in Hinsicht auf Jimmy war dieser Tag ohnehin ernüchternd gewesen. Nun suchte zu allem Überfluss auch noch Mrs. Hughes verzweifelt nach ihm, weil er anscheinend Tischdecken hatte, die sie brauchte. Ich versprach ihr, Jimmy zu suchen. Im Haus war er nicht, aber wo konnte er sonst sein? Hatte er sich auf dem Basargelände gelaufen? Leise fluchend lief ich wieder nach draußen, wo es nicht mehr unbedingt hell war.

Lady Sybil
Ich blieb nah an der Wand stehen, um den immer hin und her laufenden Dienstboten nicht im Weg zu stehen. Trotzdem lächelte ich Daisy breit an, die anscheinend noch genug Arbeit vor sich hatte. Mrs. Patmore schien auch gereizt sein. Ich erwiderte Daisys entschuldigenden Blick und nahm mir vor, auch in Zukunft immer wieder vorbeizuschauen. Der Nachmittag gestern in der Küche hatte mir so viel Spaß gemacht. "Die Blumen haben wirklich ihren verdienten Platz verdient", sagte ich noch zufrieden, bevor ich mich wieder nach oben aufmachte. "Danke nochmal" Ich winkte Daisy kurz so, bahnte mir dann einen zwischen Mrs. Hughes, die wirklich gestresst aussah und Mr. Carson hindurch und nahm die Treppe nach oben. In meinem Zimmer wartete Anna schon und wir redeten über den Basar.
Jimmy
"Jetzt nicht mehr", meinte ich gleich und setzte mich neben sie auf die Bank. "Und wenn, dann können wir zusammen erfrieren" Ich grinste, strich mir meine Haare aus dem Gesicht und rückte unauffällig noch ein Stück näher an Lizzy heran. Wie passend, dass es jetzt jede Minute dunkler wurde und mich niemand so schnell finden würde. Ich lehnte mich leicht nach vorn und kam ihr so näher. Gespannt wartete ich auf ihre Reaktion. Eine wahre Lady hätte mich niemals neben sich sitzen lassen, aber das war sie ja zum Glück nicht. Zwar war sie auch kein einfaches Mädchen aus meiner Schicht, aber das machte die ganze Sache nur noch interessanter. Vielleicht würden wir diesen Basar doch noch anders beenden, als sie es sich heute morgen gedacht hatte.

Daisy
Ich sah Lady Sybil strahlend hinterher. Sie hatte mir in den letzten 24 Stunden öfter das Gefühl gegeben, etwas gut gemacht zu haben, als Mrs. Patmore in meiner gesamten Zeit als Küchenmädchen. Meine Erschöpfung war komplett vergessen und ich schnitt so schnell Lauch und Kartoffeln, dass nicht mal Mrs. Patmore etwas zu meckern hatte. Vielleicht war ich doch besser, als ich gedacht hatte? An diesem Basarabend schöpfte ich zum ersten Mal Hoffnung, nicht mein ganzes Leben als Küchenmädchen verbringen zu müssen.
Thomas
Ich hatte schon gefühlt ganz Yorkshire abgesucht und wollte gerade wieder reingehen, als ich leise Stimmen hörte. Jimmys erkannte ich sofort, und ich musste nicht lange überlegen, wem die andere, weibliche Stimme gehören könnte, obwohl ich sie noch nicht oft gehört hatte. Leise schlich ich mich hinter einigen Bäumen an die Bank heran, auf der Jimmy definitiv zu nah neben Miss Allen saß.
Lizzy
Jimmys Nähe machte mich nervöser, als ich erwartet hatte, dabei brachte mich sonst nichts so schnell aus der Ruhe. Nichtmal Mary. Ich bekam trotz der Livree schon wieder eine Gänsehaut. Da saß ich nun als halbwegs respektable junge Frau aus der Oberschicht neben einem Diener und mein Verstand setzte komplett aus. "Das wäre schlecht, die Crawleys machen den Eindruck, als würde es ihren Alltag... komplett lahmlegen, wenn... ihnen ein Diener fehlt", antwortete ich, wurde aber immer leiser beim Sprechen und schluckte schließlich. Das ist falsch, dachte ich zum ungefähr fünften Mal an diesem Tag.

Jimmy
Noch einmal rückte ich näher an sie und ließ sie dabei keine Sekunde aus den Augen. Wenn ich eines konnte, dann mit einer Frau flirten. Auch Lizzys Status als Frau aus der Oberschicht machte da keinen Unterschied. Sie machte keine Anstalten, von mir wegzurücken, mir meine Livree zurückzugeben oder schreiend wegzulaufen. Stattdessen spürte ich ihre Anspannung, hörte, wie ihre Stimme stockte und leiser wurde. "Vielleicht", antwortete ich nur lächelnd und legte meinen Kopf leicht schief. "Aber mich kann man ersetzen. Euch nicht" Das Kompliment war unauffällig, aber sicher würde sie es verstehen. Zusammen mit meinem Blick konnte sie es nicht missverstehen. Außerdem war Lizzy nicht dumm. Eher im Gegenteil. Und trotzdem saß sie hier mit mir, meine Livree um ihre Arme und ihr Blick sagte mir klar, dass sie von dem hier nicht abgeneigt war. Sollte ich noch einen Schritt weitergehen? Ich vertiefte meinen Blick in ihre Augen und als ich dort keinen Widerspruch sah, beugte ich mich vor, um Lizzy zu küssen.

Lizzy
Ich war mir ziemlich sicher, dass ich bei seinen Worten rote Wangen bekam, zumindest fühlte es sich genauso an, aber wenigstens war es mittlerweile fast ganz dunkel. Am liebsten hätte ich ihm aus Nervosität einen Vortrag darüber gehalten, dass er durch seinen Beruf streng genommen natürlich viel wichtiger war als jemand, der den ganzen Tag nichts tut außer sich umziehen, Tee trinken und spazieren gehen, aber sein Gesicht war mittlerweile so nah an meinem, dass ich kein Wort herausbekam. "Du solltest das nicht tun", flüsterte ich schließlich, aber mein Tonfall sagte genau das Gegenteil. Ich wollte aufstehen und weglaufen, bevor wir irgendetwas Dummes tun konnten, was ihn seinen Job und mich meinen Ruf kosten würde. Aber ich konnte nicht.
Thomas
Ich sah den beiden wie gebannt zu, als wäre ich zwölf. Es war ziemlich eindeutig, dass sie sich gleich Küssen würden – trotzdem blieb ein Funke Hoffnung in mir, dass ich irgendetwas missverstand oder es sich gar nicht um Miss Allen handelte. Aber selbst wenn, es war eine Frau. Während ich wartete und es kaum wagte, zu atmen oder mich zu bewegen, kam mir in den Sinn, dass es schwierig werden könnte, unbemerkt von hier wegzukommen. Und wer wusste, wie lange die beiden noch zugange sein würden? Ich fluchte innerlich.

Jimmy
Meine Lippen hielten kurz vor ihren inne, als sie etwas sagte. Aber es war nichts in der Art wie "Hau ab!" oder "Hilfe". Stattdessen war es ein einfacher Satz, er ihre Unsicherheit ausdrückte und auch die Angst, hier draußen mit dem Diener zu sein anstatt mit den Gastgebern im Haus, wo sie hingehörte. Aber ich kaufte es ihr nicht ganz ab. Es war ein ganz einfacher Schutzmechanismus. "Warum? Ich will es aber", flüsterte ich ihr in der gleichen Lautstärke zu und lächelte. Wieder suchte mein Blick ihre Augen. "Und du auch, Lizzy", raunte ich ihr nach einer kurzen Pause zu und duzte sie dabei, als hätte ich es schon immer getan. Wahrscheinlich musste man ihr die Entscheidung einfach abnehmen. Wahrscheinlich war es ihr erster Kuss und sie dementsprechend unsicher. Aber ihre Körpersignale waren eindeutig. Schließlich war sie es gewesen, die mich immer wieder angesprochen hatte und die mich in keinster Weise abgelehnt hatte, als ich jetzt so sehr die Grenze überschritt. Ich beschloss, vielleicht das dümmste - oder aber beste - in meinem Leben zu tun und legte meine Lippen einfach auf die von Elizabeth Allen, die in diesem Moment eigentlich im Salon auf das Dinner warten sollte, das ich ihr servieren würde.
Charlotte
Unruhig lief ich die Treppe nach unten, das Schlagen der Uhr im Hintergrund durchbrach die Stille. Wo steckte Miss Allen? Ich hatte viel zu lange in ihrem Zimmer gewartet, aber sie war einfach nicht gekommen. Immer schneller lief ich nach unten und traf auf Hektik im Flur unten. "Erst James und jetzt auch noch Thomas! Wenn die beiden in zehn Minuten nicht aufgetaucht sind, kann das Dinner mit Selbstbedienung stattfinden - nein, Mrs. Hughes, ich lasse keines der Mädchen das Dinner servieren! Lord Redvers ist da!", hörte man Carson beinahe schreien. Unsicher ging ich in die Richtung seiner Stimme. Anscheinend widersprach Mrs. Hughes gerade, denn kurz herrschte Stille. Ich sah die beiden in Mr. Carsons Zimmer und klopfte zaghaft an. Sofort schossen beide Blicke zu mir. "Miss Allen ist nicht zum Umziehen aufgetaucht, kommt sie später?", fragte ich vorsichtig. Ich sah Mr. Carsons Kopf noch roter werden als ohnehin schon. "Geht dieses Haus denn wirklich seinem Untergang zu? Drei Vermisste an einem Abend!"

Lizzy
Ich war mir mittlerweile ziemlich sicher, dass er spüren konnte, wie sehr ich zitterte. Und meine Willenskraft war langsam aber sicher dahin. Den Punkt, an dem ich das Ganze hier abbrechen konnte, hatte ich eh schon lange verpasst. Im Kopf ging ich die drei, vier Küsse durch, die ich in meinem Leben bekommen hatte – einen mit vier, daraus konnte man wohl keine Erfahrung ziehen, die anderen mit Freddy, einem Jungen aus der Nachbarschaft. Blöderweise hatte er kurz nach mir auch Paula geküsst, ohne zu ahnen, dass wir uns kennen könnten. Als Strafe hatten wir, komplett kindisch obwohl schon 17, seine Kleider geklaut, während er in einem See gebadet hatte. Kurzum, mein Liebesleben entsprach dem jeder anderen Frau meines Alters und meiner Stellung, während Jimmy sich vermutlich schon quer durch die weibliche Dienerschaft geküsst hatte. Also hoffte ich einfach, mich nicht allzu blöd anzustellen – und selbst wenn, war ich in weniger als 24 Stunden von hier verschwunden und musste nie wieder kommen –, schloss die Augen und erwiderte seinen Kuss.
Thomas
Ich atmete scharf ein und konnte nur beten, dass die zwei nun zu beschäftigt waren, um etwas mitzubekommen. Obwohl es einfach nur weh tat, sah ich ein paar Minuten zu und hasste Miss Allen so sehr wie noch niemanden vor ihr. Und das musste schon etwas heißen. Ich hatte kaum eine Chance gehabt, Jimmy von mir zu überzeugen, sie war einfach plötzlich da gewesen. Den Gedanken, dass Jimmy nicht... genauso sein könnte wie ich, ließ ich bewusst außen vor. Ich wollte sie hassen. Und wenn sie noch einmal zurück kommt nach Downton, wird sie das bereuen, dachte ich, während ich so leise wie möglich zum Haus zurückging.
Lady Edith
Während Anna mir half, mich für das Dinner umzuziehen, war ich schon gespannt, wie Henry und Mary miteinander umgehen würden. Meine Worte heute Mittag hatten ihn definitiv nachdenklich gemacht. Jetzt musste ich nur aufpassen, nicht zu vergnügt zu wirken, denn das war ich sonst nicht oft. Sollte ich nun bei Gelegenheit weitermachen und mir noch eine Halbwahrheit über Mary ausdenken, oder warten, wie die Dinge sich entwickeln würden? In Gedanken ging ich nach unten. Solange sich das Blatt während des Dinners nicht noch komplett wendete, konnte ich diesen Tag als Erfolg verbuchen. Es fühlte sich immer wieder großartig an, Mary wenigstens gelegentlich überlegen zu sein.

Jimmy
Eine Sekunde lang waren da die Zweifel und die Angst - aber dann erwiderte Lizzy den Kuss und ich spürte den Triumph in mir. In nicht einmal zwei Tagen hatte ich eine Frau aus der Oberklasse dazu verführt, mich hier in der Kälte zu küssen. Das gab mir zusätzlich Aufschwung, während ich sie weiter küsste - vorsichtig und nicht zu stürmisch, ich wollte ihr ja keine Angst einjagen. Dass ich derjenige sein würde, der sie zum ersten Mal richtig geküsst hatte, war berauschend. Nur schade, dass sie morgen schon wieder abreisen würde. Um uns herum war es mittlerweile dunkel geworden und so langsam wurde auch mir kalt - schließlich saß ich nur mit meinem Hemd hier draußen. An Mr. Carson und die Arbeit im Haus wollte ich gar nicht denken. Diesen Moment hier würde ich auskosten. Ich legte meine rechte Hand auf Lizzys Wange und unterbrach den Kuss keine Sekunde. Es fühlte sich verdammt gut an, dass zu bekommen, was man haben wollte.
Charlotte
Miss Allen war also nicht die einzige die fehlte. Es wurde immer mysteriöser. Mr. Carson stand kurz vor dem Herzinfarkt bei dem Gedanken daran, dass er keine Diener für das Dinner hatte. Auch Mrs. Hughes war nach dem anstrengenden Basar mehr als gestresst. Ich bot sofort an, nochmal nach allen drei zu suchen - schließlich mussten sie ja irgendwo stecken. Erleichtert verließ ich Mr. Carsons Zimmer und suchte zuerst im Dienstbotenzimmer. Da sie anscheinend im Haus nicht waren (sonst hätte sie schließlich schon jemand gefunden) wollte ich eine Runde draußen machen. Vielleicht halfen sie noch einem letzten Händler beim Abbau oder ähnliches. Nur wurde die Zeit langsam knapp. Das Dinner musste schließlich bald angekündigt werden, sonst würde auch noch Mrs. Patmore einen Infarkt bekommen. "Thomas? Jimmy?", rief ich in die Dunkelheit und schrie fast auf, als eine Figur um die Ecke kam. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte ich Thomas und dankte Gott dafür, dass der Tag anscheinend doch nicht in einer Katastrophe enden musste.
Lady Mary
Vor der Tür zum Salon hielt ich inne, richtete noch einmal mein Kleid und überprüfte meine Frisur, bevor ich sie öffnete und eintrat. Ich trug ein neueres Kleid, nach der aktuellen Mode aus Paris. Ich wusste, dass ich darin mehr als gut aussah. Es war genau das was ich brauchte, um Henry wieder aus seiner komischen Stimmung herauszubringen. Heute morgen hatte er sich wie der perfekte Gentleman behandelt und dann später diese Abneigung. Aber auch ich konnte ihm eine kalte Schulter zeigen. Und in diesem aufreizenden Kleid ganz besonders. Würde diese Masche nichts bringen, musste ich eben hartnäckiger werden. Es half nur leider nicht, dass ich nicht die geringste Ahnung hatte, warum er sich so verhielt. Als wäre etwas vorgefallen. Er war schon da, stand mit seinem Vater bei Papa und sah kurz zu mir. Ich ließ mir die Zufriedenheit nicht anmerken, als sein Blick einmal an meinem Kleid hinunterging. Aber statt auf ihn zuzugehen, wie er es wahrscheinlich geahnt hatte, setzte ich mich zu Mama, die noch immer begeistert von Sybils Kuchen erzählte.

Lizzy
Es dauerte ein paar Minuten, aber dann hatte ich den Dreh raus. Gott sei Dank war Küssen anscheinend eine Art angeborene Fähigkeit, irgendwie wusste ich genau, was ich zu tun hatte. Außerdem konnte man Jimmy nur sehr schwer mit Freddy vergleichen – Jimmy wusste definitiv, was er da tat, während Freddy eher ein Fisch an Land gewesen war. Ständig dachte ich darüber nach, den Kuss abzubrechen, nur um diese Idee gleich wieder zu verwerfen, denn auf ein paar Sekunden kam es nicht mehr an. Und wie war eigentlich meine Hand in seine Haare gelangt...? Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, drei Minuten, zehn oder eine halbe Stunde, aber schließlich löste ich mich vorsichtig von ihm. Nur so viel, dass ich wieder reden konnte, obwohl meine Lippen sich irgendwie seltsam anfühlten. Gut, aber seltsam. "Das war ein Fehler, tut mir leid", murmelte ich, zögerte, stand dann aber doch auf, legte ihm seine Livree um die Schultern und ging Richtung Haus. Noch nie in meinem Leben war ich so verwirrt gewesen. Ich war nicht verliebt, aber was dann? War Jimmy bewusst, dass er seine Arbeit los war, wenn jemand von dem Kuss erfuhr? Und wieso, wieso nur hatte ich wirklich gerade einen Diener geküsst? Ich musste mit jemandem reden, jetzt, sofort. Im Haus angekommen, lief ich zu Sybils Zimmer und klopfte. Bitte, bitte, lass sie noch nicht im Salon sein.
Thomas
Charlotte lief mir rufend entgegen. Anscheinend wurden wir vermisst. Aber wenn ich die Wahrheit sagte, würde man Jimmy vermutlich kündigen und ich ihn nie wieder sehen. "Ich habe Jimmy gesucht, er ist nicht hier draußen", log ich also und war überrascht, wie fest meine Stimme klang. Zügig ging ich nach drinnen. Was sollte ich nur Mr. Carson sagen? Immerhin stand ein Dinner kurz bevor.
Lady Edith
Ich sah mich kurz um, als ich im Salon ankam. Mama und Mary saßen redend nebeneinander; Henry, sein Vater und Papa unterhielten sich ebenfalls. Ich lächelte Henry kurz an und ging dann zu Mama und Mary. Nicht, dass ich mich mit meiner Schwester hätte unterhalten wollen, aber ich wollte mich Henry auf keinen Fall aufdrängen und auch bei meiner Familie keinen Verdacht erregen. Wo steckte eigentlich Lizzy? Ich hatte sie seit Ewigkeiten nicht gesehen, dabei wäre eine neutrale Person jetzt genau das, was ich brauchte. Ohne wirkliches Interesse beteiligte ich mich an Mamas und Marys Gespräch über Sybils Kuchen.

Jimmy
Mit der Zeit wurde sie immer sicherer, was mir gefiel. Trotzdem hielt ich mich noch zurück und machte auch keine Anstalten, als sie sich schließlich löste. Ich merkte, dass mein Haar durch ihre Hand ein wenig zerzaust war, aber das war egal. Der Kuss war viel besser gelaufen, als ich gedacht hätte. Nicht nur, dass sie ihn erwidert hatte - schnell vorbei war er auch nicht gewesen. Da konnte ich darüber hinwegsehen, dass Lizzy jetzt zögern aufstand, mir meine Livree zurückgab und zum Haus ging. Grinsend stand ich auf. "Ich glaube nicht!", rief ich ihr noch nach, wusste aber nicht, ob sie es noch hörte. Erst jetzt traf mich die volle Ausweite meiner Tat - wie spät war es eigentlich? Hatte ich gerade meinen Job verloren? Fast schon panisch rannte ich zum Dienstboteneingang, zog mir dabei die Livree an und betete, dass das Dinner noch nicht angefangen hatte. Schnell, Jimmy, denk dir eine Ausrede aus. Doch viel zu schnell hatte ich die Tür aufgerissen und war fast in Mr. Carson gelaufen, der zusammen mit Thomas vor der Treppe stand. "James! Wo in Gottes Namen sind Sie gewesen?!", fauchte Carson und mir wurde schlagartig bewusst, dass ich meine Haare noch nicht wieder glatt gestrichen hatte. Sofort holte ich es nach. "Tut mir leid, Mr. Carson - aber dieser eine Mann, er brauchte unbedingt Hilfe beim Tragen seiner Kisten und da habe ich die Zeit vergessen-", log ich das blaue vom Himmel hinunter. Kurz sah ich zu Thomas herüber, dessen Blick ich ganz und gar nicht einordnen konnte. Carson funkelte mich so wütend an, dass ich den Blick senkte und nur darauf wartete, meine Kündigung zu bekommen. "Ab nach oben!", zischte er nur, während ich meine Chance ergriff und die Treppe nach oben sprintete.
Lady Sybil
Ich zog mir gerade den rechten Handschuh an und wollte zur Tür gehen, als es klopfte. "Herein. Anna, hast du etwas vergessen?", fragte ich lächelnd, aber nicht Anna erschien, sondern Lizzy. Sie sah aufgekratzt aus, ihre Wangen rot und ihr Haar wie vom Wind zerzaust. "Du bist es. Was gibt es? Hast du dich noch nicht umgezogen?" Ich wollte sie keineswegs dafür tadeln, dass sie zu spät zum Dinner kommen würde. Ich setzte mich auf mein Bett und deutete auf den Platz neben mir. Was auch immer sie von mir wollte, es musste etwas wichtiges sein. Lizzy wirkte schließlich anders als sonst und das machte mich neugierig.
Lady Mary
Ungeduldig sah ich auf die Uhr auf dem Kaminsims. Es war spät, Carson hätte das Dinner schon ankündigen sollen. Doch noch immer fehlten Sybil und Elizabeth. Vielleicht war meine Schwester wieder in er Küche und half dabei das Dinner zu kochen. Von Elizabeth erwartete ich sowieso nichts anderes. Wenigstens hatte ich so mehr Zeit, immer wieder unauffällig zu Henry zu schauen. Ich würde noch herausbekommen, warum sich seine Stimmung so verändert hatte. Bis dahin spielte ich die gute Tochter und redete mit Mama, während ich Edith ignorierte. "Vielleicht fahre ich morgen nach Ripon, ich brauche unbedingt ein neues Kleid", fing ich gerade ein neues Thema an und merkte Henrys Blick auf mir.

Lizzy
Mir fiel ein Stein vom Herzen, als Sybil die Tür öffnete. Schnell ging ich hinein, bevor mich doch noch irgendjemand sah. Ich warf eine kurzen Blick in Sybils Spiegel und erschrak. So, wie ich aussah, konnte sich jeder mit gesundem Menschenverstand denken, was ich gerade getan hatte: Meine Haare sahen fast so schlimm aus, wie kurz nachdem ich aufgestanden war, meine Lippen und Wangen waren viel zu rot und außerdem war da irgendwas in meinen Augen, dass ich nicht einordnen konnte. Ich schüttelte, als Antwort auf Sybils Frage, benommen den Kopf und setzte mich neben ihr auf ihr Bett. "Ich, wir, also... Jimmy", fing ich an. Ich musste mich so sehr anstrengen, einen vollständigen Satz zustande zu bringen, dass es schon fast weh tat. Ich kam nicht von dem Gedanken los, dass ich immer noch dort draußen auf der Bank sitzen und Jimmy küssen könnte... und wie gut mir das gefallen würde. "Wir haben uns geküsst."
Thomas
Jimmy tauchte wie aus dem nichts wieder auf. Seine Haare waren recht eindeutig unordentlich und seine Livree saß nicht richtig, aber Mr. Carson nahm ihm seine Lüge ab. Wenigstens stand dem Dinner jetzt nichts mehr im Wege. Ich machte mich auf den Weg in die Küche – wie ich Jimmy gegenübertreten oder was ich zu ihm sagen sollte, wusste ich im Moment eh nicht.

Lady Sybil
So hatte ich Lizzy noch nie gesehen. Beruhigend legte ich eine Hand auf ihren Rücken, als sie es noch nicht einmal schaffte, einen ganzen Satz herauszubringen. Um Himmels Willen, was war passiert? Endlich schaffte sie es. Aber die Antwort konnte ich nicht ganz richtig einordnen. "Du meinst Jimmy, unseren Dienstboten oder...?", fragte ich sie vorsichtig. Vielleicht war Jimmy auch ein junger Mann aus dem Dorf, ein Besucher vom Basar oder wer auch immer. Sollte es aber doch unser Jimmy sein - ich hätte keine Ahnung, wie ich reagieren sollte. Überrascht auf jeden Fall. Geschockt war zu viel gesagt. Auch wenn dieser Kuss beiden gefährlich sein konnte. Um Lizzy vor einem Zusammenbruch zu bewahren, rieb ich ihr fürsorglich über den Rücken. Das Dinner würde warten müssen. Wenn sie mit mir schon keinen einzigen zusammenhängenden Satz reden konnte - wie erst würde sie dann unten mit Mary und Lord Redvers reagieren? "Erzähl mir alles von Anfang an", bat ich sie, um die Situation wirklich zu verstehen.
Jimmy
Im Eiltempo deckte ich den letzten Rest des Tisches, rannte dann wieder in die Küche und versuchte unauffällig an der Wand zu stehen. "Lady Sybil und Miss Allen sind noch nicht unten, wir werden das Dinner später ankündigen!", sagte Mr. Carson gerade zu Mrs. Patmore, die kurz vor einem Anfall stand. Nach dem Tag kein Wunder. "Später? Was glauben Sie denn wie ich das alles warm halten soll?", fing sie an, dann fiel ihr Blick auf mich. "Und du! Sieh dir deine Schuhe an! Es ist schon genug, dass du meine Küche damit dreckig machst - aber nicht den Salon seiner Lordschaft!", schrie sie beinahe und ich sah ängstlich auf meine Schuhe - die tatsächlich dreckig waren. Dank meinem Abstecher zu einer gewissen Bank im Park. Ohne auch noch von Mr. Carson angeschnauzt zu werden lief ich in den Putzraum, riss mir beide Schuhe von den Füßen und putzte. Zum Glück war das Dinner auf später verschoben.

Lizzy
Langsam schaffte ich es wieder, klar zu denken und beruhigte mich etwas. Trotzdem musste ich tief Luft holen, bevor ich anfing, zu erzählen, denn selbst vor Sybil war mir die Geschichte unangenehm. "Ja, ich meine genau den Jimmy", fing ich an und seufzte. "Wir haben heute ständig während des Basars miteinander geflirtet und vorhin bin ich noch allein auf einer Bank gesessen, er hat sich zu mir gesetzt und... ja", fasste ich den Tag so kurz wie möglich zusammen und schloss kurz die Augen.
Daisy
Es ging alles drunter und drüber. Erst waren die Diener verschwunden gewesen, nun waren sie zwar zurück, aber Jimmy sah recht unordentlich aus und Thomas, als hätte ihm irgendetwas gehörig den Tag verdorben. Ich sah verwirrt zwischen den beiden hin- und her. Mrs. Patmore, mal wieder kurz vor dem Nervenzusammenbruch, musste ich diesmal wirklich Recht geben, es war ärgerlich und nicht gerade einfach, dass wir das Essen so lange warmhalten mussten. Was war heute nur los mit allen?

Lady Sybil
Meine Hoffnungen, die Sache kurz und schmerzlos zu erledigen, lösten sich in Luft auf, als Lizzy mir eröffnete, dass wirklich unser Jimmy gemeint war. Das machte die Sache natürlich tausendmal komplizierter - und gefährlicher. Ich ließ sie ausreden und wieder Luft holen. Ich wollte nicht, dass sie in Tränen ausbrach. So wie sie ohnehin schon aussah, würde Mama sie nicht gern am Dinnertisch haben, nicht noch mit zusätzlichen Gästen. Eine Weile herrschte Schweigen, als ich meine Gedanken sortierte und Lizzy sich weiter beruhigte. "Aber niemand hat euch gesehen, oder? Es war dunkel?", fragte ich vorsichtig. "Und ihr beide habt es gewollt? Oder hat er dich dazu...?" Ich ließ den Satz offen und sah Lizzy ernst, aber einfühlsam an. Ich war vollkommen auf ihrer Seite, das sollte sie wissen. Und ich würde sie nicht dafür verurteilen, auch wenn es für alle besser gewesen wäre, hätte dieser Kuss niemals stattgefunden. "Hör zu: Du gehst nicht zum Dinner, ruh dich aus. Ich lasse Mrs. Hughes ein Tablett für dich fertigmachen. So musst du Jimmy auch nicht gleich wiedersehen", schlug ich vor.

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