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Lizzy
Zum Glück dauerte der Lunch nicht mehr lange und wir konnten bald darauf unsere Mäntel holen und nach draußen gehen, wobei wir Robert und Isis aus dem Weg gingen. "Carson hat natürlich ausgerechnet Jimmy ausgewählt, mir die Kartoffeln zu geben", fing ich an zu erzählen und verdrehte die Augen. "Zuerst war er so schnippisch wie schon die ganze Zeit – Wenn Sie mir folgen würden, Miss", ich machte seine Stimme so gut es ging nach, "aber dann habe ich ihm fröhliche Weihnachten gewünscht, weil... ich weiß auch nicht warum. Und dann war er plötzlich wieder ganz der Alte, bis ich regelrecht nach oben geflohen bin." Hilflos sah ich Sybil an. "Was will er denn nun eigentlich? Und hättet ihr nicht einen weniger gutaussehenden Diener einstellen können?"

Sybil
Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie die beiden in der Küche standen, zwischen ihnen die Schüssel mit Kartoffeln. Ich grinste sie bei ihrem letzten Satz an, wurde dann aber wieder ernster. "Vielleicht hat er endlich verstanden, dass er die ganze Zeit im Unrecht war?", vermutete ich und sah sie an. "Vielleicht solltest du wirklich wieder vorsichtiger sein... Oder er war nur nett, weil es Weihnachten war und die anderen Dienstboten in der Nähe waren? Er konnte sich ja schlecht wieder mit dir streiten..." Wer wusste schon, was in Jimmys Kopf vor sich ging. Ich hatte nur Angst, dass Lizzy sich wieder auf ihn einlassen würde. Eben, weil er wieder so war wie immer - ein kleiner Frauenaufreißer mit großem Charme und gutem Aussehen, der ihr nur wieder das Herz brach.

Lizzy
"Wir waren allein in der Küche, also hätten wir durchaus streiten können", überlegte ich laut. Hatte er vielleicht tatsächlich eingesehen, dass er sich wie der letzte Vollidiot benommen hatte? Aber was war dann so schwer daran, sich einfach zu entschuldigen? Vier Worte. Es. Tut. Mir Leid. War er dafür etwa zu stolz? Und vor allem: Wollte ich mich überhaupt wieder mit ihm versöhnen? Wohin sollte das denn führen? "Das schlimmste ist, dass ich selbst nicht weiß, was ich will", sagte ich seufzend und sah Sybil an. "Halte dich bloß so lang es geht von Männern fern", riet ich ihr grinsend, wenn auch nicht ganz ernst gemeint. Nur von solchen wie Jimmy sollte sie sich besser fernhalten, aber in der Hinsicht war sie wahrscheinlich ohnehin vernünftiger und intelligenter als ich.

Sybil
"Ich glaube in den nächsten Tagen solltest du wirklich aufpassen, nicht wieder mit ihm allein zu sein", riet ich Lizzy dann und grinste über ihren Ratschlag. Im Moment hatte ich auch keine Absicht, mich auf einen Mann einzulassen. Man konnte ja an Mary sehen, dass das nicht gerade einfach war - Mr. Armstrong hatte mir wirklich leid getan, als er wieder gefahren war. Und Mary war seitdem auch nicht mehr dieselbe. Nein, im Moment war ich einfach zufrieden damit, an Lizzys Liebesgeschichte teil zu haben. Mehr nicht. "Deswegen werden wir auch nach Ripon fahren. Dann kommst du auf neue Gedanken", wechselte ich dann lächelnd das Thema. "Wir können Mama und Papa erzählen, dass du mich zu einem der Wohltätigkeits-Treffen begleitest. Das tue ich seit Monaten" Es war wirklich verrückt, dass ich meine Eltern anlog. Aber ich wollte die Reden, die politischen Treffen einfach nicht mehr missen. Ich fühlte mich wie eine komplett andere Person, wenn ich dort war.

Lizzy
"Das werde ich tun", versprach ich, wusste aber im selben Moment, dass ich mich nicht daran halten würde. Dafür konnte ich ihm viel zu schlecht widerstehen. Außerdem war mein letzter Aufenthalt auf Downton definitiv die aufregendste Woche meines Lebens gewesen – wenn auch mit einem unschönen Ende – und es sollte nicht die einzige bleiben. "Klingt gut", grinste ich über ihre Idee, mit nach Ripon zu kommen. Das würde mich sicherlich ablenken und interessant war es sowieso. Aber eines wunderte mich. "Du lügst deine Eltern seit Monaten an?", fragte ich erstaunt, denn Sybil schien mir so gar nicht der Typ für soetwas zu sein. Mary schon eher. "Ich meine, das soll keine Kritik sein, sie würden es dir natürlich nie erlauben, wenn sie die Wahrheit wüssten", sagte ich schnell. "Ich finde es ja gut, was du machst – ich bin auf deiner Seite." Ich grinste sie an und fühlte mich schon fast wie eine stolze große Schwester. "Es überrascht mich nur, dass jemand so ehrliches wie du über einen so langen Zeitraum lügen kann."

Sybil
Ich wusste nur zu gut, was sie meinte. "Ich habe mich schrecklich gefühlt, als ich sie damals zum ersten Mal angelogen hatte, als ihr alle auf der Jagd war. Aber ich wollte unbedingt wieder dorthin - und einen anderen Weg gibt es leider nicht. Ich kann nicht einfach nur hier herumsitzen und nichts tun - die Tage, in denen ich in Ripon bin sind sie einzigen, an denen ich mich wie ein richtiger Mensch fühle und nicht wie in einem Gefängnis. Ich mag es nicht, sie anzulügen - aber noch weniger würde ich es mögen, wenn ich nicht mehr hinfahren würde", fasste ich meine Gedanken zusammen und sah Lizzy von der Seite her an. Sie würde mich verstehen, da war ich mir ganz sicher. Ich war auch immer wieder kurz davor gewesen, es Mary und Edith zu sagen. Nur konnte ich bei ihnen nicht abschätzen, wie sie reagieren würden. Und ob sie mein Geheimnis vor Mama und Papa geheim halten könnten. Mehr eigentlich vor Papa. "Dir wird es dort gefallen", meinte ich dann lächelnd, schließlich würde einiges los sein.

Lizzy
"Du musst tun, was dich glücklich macht", stimmte ich ihr zu. "Und um ehrlich zu sein, ich würde auf die Dauer auch nicht glücklich werden, indem ich meine Outfits wechsle und verzweifelt einen Ehemann suche", fügte ich hinzu. Da tat Sybil schon um einiges sinnvollere Dinge. Immerhin betraf Politik uns alle, nicht nur die Männer. "Das wird es sicher, ich bin schon gespannt", lächelte ich und sah aus der Ferne Robert wieder ins Haus gehen – oder eher hinter Isis her rennen. "Ich glaube, wir gehen auch besser wieder rein", sagte ich. Sicherlich war es bald Zeit für den Tee, zu dem wir auf keinen Fall zu spät kommen sollten und außerdem war mir kalt. Die Aussicht auf die warme Bibliothek war mehr als verlockend.

Sybil
Ich stimmte Lizzy nur zu gern zu. Es war wirklich kalt draußen und meine Schuhe dank des Schnees schon fast durchweicht. Die Bibliothek war so schön warm, dass ich mich am liebsten den ganzen restlichen Tag nur vor den Kamin gesetzt hätte. Die Dienstboten hatten ihr Fest mittlerweile beendet und so servierten Thomas und Jimmy schon Tee. Dankbar nahm ich ihnen eine Tasse ab. Thomas wirkte tatsächlich etwas besser gelaunt und ich hoffte, dass mein Geschenk ein wenig dazu beitragen konnte. "Sind wir bereit für die Geschenke? Und danach vielleicht ein wenig Musik? Mary, wie wäre es wenn du von Edith begleitest ein paar Weihnachtslieder singst?", fragte Mama gerade und sah uns alle breit lächelnd an. Mary wirkte zwar nicht gerade begeistert, aber da es Weihnachten war stimmte sie schließlich zu. Es war genauso schön wie jedes Jahr. Lächelnd hielt ich Lizzy mein Geschenk hin. "Frohe Weihnachten", wünschte ich ihr nochmal und sah dann gespannt zu, wie sie es auspackte. Es waren einfach Bücher - ganz unterschiedlich, ein paar neue und ein paar gebrauchte. Aber ich wusste einfach, wie gern Lizzy las und wie sie Bücher liebte.

Lizzy
Nach unserem Spaziergang in der Kälte kamen mir die Bibliothek noch wärmer und gemütlicher und der Tee noch leckerer vor. Cora schlug vor, dass Mary und Edith Musik machen könnten und nachdem zu meiner Überraschung Mary nichts dagegen hatte, stimmte auch Edith zu, auch, wenn sie nicht begeistert darüber aussah. Schließlich machten wir uns endlich daran, unsere Geschenke auszutauschen. Dankend nahm ich Sybils Päckchen entgegen und machte vorsichtig das Papier ab. Ich hatte noch nie zu den Menschen gehört, die es achtlos abrissen und zerknüllten. Als darunter ein Stapel Bücher zum Vorschein kam, umarmte ich Sybil überschwänglich. "Vielen lieben Dank, Sybil", lächelte ich und fügte etwas leiser hinzu: "Meine Eltern schenken mir nie Bücher, sie glauben, wir hätten schon genügend zuhause." Ich verdrehte die Augen. "Als ob es sowas wie genügend Bücher überhaupt gäbe!" Schließlich griff ich hinter mich und hielt Sybil ebenfalls ihr Geschenk hin. "Frohe Weihnachten", grinste ich und sah ihr beim Auspacken zu. Ich hatte schon vor ein paar Monaten in einem abgelegenen Buchladen in einer unbekannten Ecke Londons ein paar Bücher gefunden, von denen ich mir sicher gewesen war, dass sie Sybil gefallen würden. Es ging darin um Frauenrechte und andere politische Themen und ich fragte mich, ob es diesen Laden wohl überhaupt noch gab. "Zeig sie besser nicht deinen Eltern", sagte ich leise und grinste, als Sybil mit dem Auspacken fast fertig war.

Sybil
Warum ich Lizzys Geschenk meinen Eltern besser nicht zeigen sollte, war mir sofort klar, als ich das Geschenkpapier entfernt hatte und darunter ein paar Bücher zum Vorschein kamen, die sich eindeutig mit Frauenrechten beschäftigten. Strahlend sah ich Lizzy an. "Danke!", sagte ich zu ihr und packte die Bücher schnell wieder in das Geschenkpapier ein. Anscheinend genau richtig, denn Mama kam auf mich zu und gab mir ihr Geschenk. Sie hatte selbst etwas für Lizzy dabei, das verdächtig nach einer Flasche Parfüm aussah. Es dauerte eine ganze Zeit, bis wir uns alle untereinander beschenkt hatten. Mittlerweile war es draußen schon dunkler geworden. Zusammen gingen wir alle in den Salon, wo das Klavier stand. Ich hatte meine Bücher nur ungern in der Bibliothek gelassen, aber es wäre einfach zu auffällig gewesen, sie hoch in mein Zimmer zu bringen. Es würde schon nichts damit geschehen. Wir setzten uns auf Sofa, während Edith sich hinter das Klavier setzte und Mary sich davor stellte. Ich war mir sicher, dass selbst Lizzy es mögen würde - auch wenn Mary diejenige war, die sang.

Lizzy
Nachdem ich auch mit meinen Eltern die Geschenke ausgetauscht und sogar von Cora eine Flasche Parfüm bekommen hatte, gingen wir alle in den Salon. Sybil musste ihre Bücher wohl oder übel in der Bibliothek zurücklassen, und ich hoffte inständig, dass niemand sie sich genauer ansehen würde, denn das könnte sowohl ihr als auch mir Probleme bereiten. Im Salon spielte Edith Klavier und Mary sang dazu Weihnachtslieder – und das leider wirklich gut, auch, wenn ich es nicht gerne zugab. Nach ein paar Liedern verteilte sich die Gesellschaft wieder und ich folgte Sybil in ihr Zimmer, wohin sie ihre Bücher erst einmal in Sicherheit brachte. "Ich glaube, ich komme nächstes Jahr wieder hierher", verkündete ich grinsend und setzte mich auf den Rand ihres Bettes. "Zuhause wird Weihnachten langsam langweilig."

Sybil
Ich lächelte Lizzy an, während ich in meinen Schränken und Schubladen nach einem geeigneten Versteck suchte. "Es ist immer schön, wenn so viele Menschen an Weihnachten da sind", gab ich ihr Recht. Es gab eigentlich kein Weihnachten, das ich miterlebt hatte, an dem ich nur zusammen mit meinen Eltern, meinen Schwestern und Granny gefeiert hatte. "Hier wird es dir bestimmt nicht langweilig. Nach dem Dinner werden Spiele gespielt und Mama wird schon dafür sorgen, dass du die nächsten Tage mehr als gut beschäftigst sein wird" Ich grinste sie an, als ich endlich zwischen meinen Hüten ein Versteck gefunden hatte. Ich setzte mich neben sie. Bald würde uns der Gong zum Umziehen rufen und an Weihnachten gaben sich alle besondere Mühe mit ihrem Aussehen. Dabei war eigentlich niemand da, den man beeindrucken musste.

Lizzy
Nachdem Sybil ein geeignetes Versteck für ihre Bücher gefunden hatte, setzte sie sich zu mir und bis es Zeit zum Umziehen war, redeten wir noch über ihre Treffen in Ripon und über Jimmy – eben Themen, die wir in Gesellschaft unserer Familien nicht ansprechen konnten.
Charlotte half mir in eines meines etwas schickeren Kleider und machte sich sogar die Mühe, meine Haare zu glätten, was wirklich mal wieder nötig geworden war. Nach einer kurzen Wartezeit im Salon – ich war wegen meiner Haare eine der letzten gewesen – ging es auch schon in den Speisesaal. Das Weihnachtsdinner war tatsächlich so toll, wie mir alle gesagt hatten. Ich war so pappsatt danach, dass ich glaubte, nie wieder etwas essen zu können.

Sybil
Selbst Lizzy wirkte nach diesem Dinner endgültig satt. Nachdem ich eine Runde Scharade gespielt hatte, setzte ich mich zu Lizzy aufs Sofa. So schnell war der Weihnachtstag wieder rumgegangen - dabei hatte ich mich so lange darauf gefreut. Kurz sah ich zu Mary, Edith, Mama und Granny, die in der anderen Ecke des Zimmers eine Runde Bridge spielten. Wir konnten also ungestört reden. "Ich habe dir noch gar nicht erzählt, dass auch bald der Dienstbotenball ist", fing ich lächelnd an. Ich sprach es erst jetzt an, weil ich wirklich nicht sicher war, wie Lizzy in Bezug auf Jimmy umgehen würde. Beim Dienstbotenball konnte er ihr nämlich so viel näher kommen, als sonst - und das in einem völlig akzeptablen Rahmen. "Eigentlich haben wir nicht viel von dem Abend, weil Papa den Dienstboten vor allem Zeit für sich geben will und wir daher die Feier schon relativ schnell verlassen - aber es macht immer sehr viel Spaß" Ich freute mich jedenfalls schon darauf.

Lizzy
Nach einer wirklich lustigen Runde Scharade zog ich mich mit Sybil auf ein Sofa zurück. Ich war gerade noch vollkommen zufrieden mit mir und der Welt, als sie plötzlich den Dienstbotenball erwähnte. Bitte was!? Uns beiden war klar, warum das für mich ein brisantes Thema war – Jimmy. "Hätte der nicht vor einem Vierteljahr stattfinden können?", seufzte ich. Damals wäre ich noch überglücklich gewesen, einen Abend lang mit Jimmy tanzen zu können, ohne dass es jemanden kümmerte. Aber jetzt war ich mir nicht mehr sicher, was ich schlimmer finden würde – mit ihm zu tanzen oder nicht mit ihm zu tanzen. "Vielleicht stelle ich mich einfach krank?", überlegte ich. Eigentlich fand ich das aus Prinzip nicht gut, aber ich wusste einfach nicht, wie ich mit der Jimmy-Situation und diesem Ball umgehen sollte.

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