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Sybil
"Hast du Papa nicht gehört? Er hat das ganze Haus zusammengeschrien", meinte ich und grinste kurz, was ein wenig weh tat. "Er wollte es mir verbieten, aber das habe ich nicht hingenommen. Ich meine, es ist immer noch mein Leben. Und das interessiert mich wirklich. Nachher hat er sich beruhigt. Mama war auf meiner Seite und Mary und Edith auch. Sie schienen vor allem froh, dass ich nicht schlimmer verletzt war", erzählte ich. Von Papa hatte ich nichts anderes erwartet. Aber auch trotz seiner abweisenden Reaktion ging es mir jetzt besser. Ich musste in Zukunft nicht mehr lügen und alle wussten, wofür ich mich interessierte. "Es tut mir leid, dass ich dich da mit reingezogen habe. Und dass ich gestern nicht eher auf dich gehört habe. Dann wären wir vielleicht unbeschadet aus der Menge gekommen" Ich sah Lizzy ernst an, denn es war wirklich meine Schuld. Auch sie hätte verletzt sein können.

Lizzy
Ich grinste kurz. "Ach, daher die komischen Geräusche." Dann wurde ich wieder ernster. "Du solltest dir das wirklich nicht verbieten lassen. Aber es wäre gut, wenn du irgendeinen Weg finden würdest, dich nicht mehr in Gefahr zu bringen. Eine männliche Begleitung, jemanden mit ähnlichen Interessen. Und immerhin musst du jetzt nicht mehr lügen, vielleicht gewöhnt sich ja sogar Robert noch an den Gedanken." Ihre Entschuldigung aber wollte ich nicht annehmen, weil sie ganz einfach nicht nötig war. "Blödsinn, ich bin eine erwachsene Frau und ich habe selbst entschieden, mitzukommen. Keiner konnte absehen, wie das ausgeht, nur weil ein paar Männer rumgepöbelt haben." Dann starrte ich kurz aus dem Fenster. "Warum musste aber auch ausgerechnet Jimmy dort sein?" Ich stand auf und ging ein paar Schritte hin und her. "Ich will einfach noch genauso sauer auf ihn sein wie noch vor ein paar Tagen, aber... ich weiß nicht, irgendwie denke ich, ich bin drauf und dran, mich in ihn zu verlieben." Ich hatte es endlich laut aussprechen müssen, sonst wäre ich noch geplatzt, und Sybil war die richtige Person dafür. Irgendetwas Hilfreiches fiel ihr immer ein.

Sybil
Lizzy hatte Recht - Papa müsste sich einfach daran gewöhnen. Aber es würde wohl einige Zeit dauern. Sie wirkte ziemlich verwirrt wegen ihrer Gefühle zu Jimmy. Anscheinend waren sie doch tiefer, als ich geglaubt hatte, denn sie sprach von 'verlieben'. "Vielleicht hatte er einfach seinen freien Tag? Die Dienstboten gehen oft nach Ripon in ihrer Freizeit", antwortete ich ihr, denn es erschien mir am logischsten. Sonst könnte ich auch Mrs. Hughes fragen. Oder besser Lizzy, denn ich war ja für heute an mein Bett gefesselt. "Ich weiß, dass du deine Gefühle nicht steuern kannst - aber er hat sich immer noch nicht bei dir entschuldigt und er hat dich damals wirklich verletzt. Auch wenn er es irgendwie wieder gut gemacht hat, indem er uns beide - aber vor allem mich - gestern gerettet hat. Aber bitte sei weiterhin vorsichtig. Wahrscheinlich benutzt er dich nur" Ich wollte nicht zu hart zu ihr sein, aber ich traute Jimmy einfach nicht voll und ganz. Ich hatte geglaubt, dass der Streit sie endgültig auseinander gebracht hatte - aber anscheinend waren jedenfalls Lizzys Gefühle für ihn wirklich tiefer. "Aber ich muss mich wirklich noch einmal richtig bei ihm bedanken"

Lizzy
"Wenn er mir heute über den Weg läuft, frage ich ihn", seufzte ich. "Aber das ist auch nicht das Problem, er hat ja sicher nichts Verbotenes getan." Ich setzte mich wieder hin, sah aber weiterhin aus dem Fenster. "Das ist es ja, er hat mich verletzt und die Wahrscheinlichkeit, dass er es wieder tut, ist nicht zu gering, aber... Es ändert irgendwie nichts an meinen Gefühlen." Ich schüttelte langsam den Kopf. "Was so ein Basar alles anrichten kann." Dann schaute ich wieder Sybil an und lächelte leicht. "Tu das, verdient hat er es sich ja, egal, wie er sich sonst so verhält", grinste ich.
Ich blieb so lange bei Sybil, bis Anna mit ihrem Lunch hereinkam – dann flitzte ich schnell nach unten, aß selbst und kam danach gleich wieder hoch, um Sybil weiterhin Gesellschaft zu leisten.

Sybil
Auch den ganzen Nachmittag blieb Lizzy bei mir. Wir spielten Karten, redeten über Bücher und sahen uns alte Fotos an. Nachdem ich erfahren hatte, dass sie heute Abend hier bleiben wollte anstatt zu dem großen Dinner zu gehen, hatte ich sie natürlich umzustimmen versucht. Aber sie war stur wie ein Esel und irgendwie freute ich mich ja auch, dass sie bei mir blieb. Obwohl ich ja nicht nach unten gehen konnte und wahrscheinlich früh schlafen würde, so müde war ich bereits jetzt am Nachmittag. Während Lizzy zum Tee in die Bibliothek ging - der heute extra ein wenig früher war, damit auch alle genug Zeit hatten, sich umzuziehen - nahm ich ein Bad und fühlte mich danach wie frisch geboren. Die Medizin an meiner Beule hatte meine Haare ziemlich verklebt, aber jetzt, frisch gebadet, fühlte ich mich gleich wohler. Lizzy wartete schon auf mich. Mama kam herein, um sich zu verabschieden und fragte Lizzy wieder, ob sie nicht doch mitkommen wollte - was diese natürlich verneinte. Selbst Mary kam vorbei, bereits umgezogen in ihrem dunkelgrünen Kleid mit diamantenbesetzten Haarschmuck. "Ich hoffe, du bist nicht die einzige, die das sagt", meinte sie lächelnd zu mir, nachdem ich ihr ein Kompliment zu ihrem Aussehen gemacht hatte. Ich wusste, dass sie heute Abend Henry treffen würde. Armer Mr. Armstrong...
Schließlich waren alle weg und Lizzy und ich allein. Ich grinste sie an. "Heute Abend kannst du tun und lassen, was du willst", meinte ich. Hoffentlich dachte sich das nicht auch Jimmy...

Lizzy
Der Nachmittag mit Sybil wurde wirklich lustig – insgeheim war ich froh, dass wir einen Grund hatten, uns zurückzuziehen. So konnten wir ungestört reden. Sybil passte es zwar gar nicht, dass ich ihretwegen nicht zum Dinner ging, aber ich ließ mich nicht umstimmen – ich hatte sowieso keine Lust auf noch mehr Gepränge. Davon gab es hier schon genug. Zum Tee ging ich nochmal nach unten und als ich wiederkam, war Sybil frisch gebadet und Cora und Mary verabschiedeten sich gerade, letztere natürlich nicht, ohne zu betonen, wie toll sie aussah. Wie gut, dass ich mir das nicht den ganzen Abend lang antun muss. Als wir endlich wieder allein waren, ließ ich mich auf ihren Bettrand fallen. "...das heißt, ich werde ohnehin nur tun, was ich sonst auch mache – essen und lesen", grinste ich. Die Zeit bis zum Dinner wollte ich aber noch bei Sybil verbringen.
Edward
Fröhlich pfeifend überprüfte ich nochmal mein Spiegelbild in dem großen Spiegel, der in meinem Flur hing, nahm meine Autoschlüssel und ging nach draußen in die Kälte. Ich war in wenigen Stunden bei Lord Hepsworth zum Dinner eingeladen und würde mich zum ersten Mal seit Monaten, genau genommen seit meinem letzten, katastrophalen Besuch auf Downton Abbey, wieder in höherer Gesellschaft befinden. Lord Hepsworths Bruder hatte einen langen und schwierigen Prozess gewonnen und das war Grund genug gewesen, mich als Anwalt einzuladen. Durchaus stolz und voller Vorfreude fuhr ich durch den Schnee. Es würde mir sicher gut tun, mal wieder unter Menschen zu kommen. In den letzten Monaten hatte ich mich in die Arbeit, Mr. Hepsworths Prozess, gestürzt, um mich von Mary abzulenken – und das mit Erfolg. Mittlerweile konnte ich es kaum erwarten, wieder neue Bekanntschaften zu schließen, und dafür war dieses Dinner perfekt. Schwungvoll fuhr ich in die Auffahrt von Lord Hepsworths riesigem Anwesen.

Sybil
"Du solltest ein Buch über Essen lesen - das würde dich doch mehr als glücklich machen", ärgerte ich sie ein wenig und ließ mich in meine Kissen zurückfallen. Zwar hatte ich heute nicht viel gemacht, außer mit Lizzy zu reden, ein wenig zu essen und ein Bad zu nehmen - und trotzdem war ich erschöpft und müde. Vielleicht hatte ich mir den Kopf doch härter am Boden geschlagen als ich zugeben wollte. "Ich habe Anna gesagt, dass ich nur eine Suppe haben will. Für dich machen sie hoffentlich mehr, sonst wirst du wieder so schlecht gelaunt wie an deinem ersten Tag, als Jimmy dir nichts gegeben hat", meinte ich dann grinsend.
Lady Mary
Wir alle hofften, dass das Dinner bei Lord Hepsworth Papa ein wenig aufheitern würde. Seit Sybils Erklärung, dass sie auf einer politischen Veranstaltung war und ihn dafür sogar angelogen hatte, war er mehr als schlecht gelaunt. Auf dem Weg zu Lord Hepsworth Anwesen redete ich daher vor allem mit Mama und Edith. So wie es aussah, hatte Lord Hepsworht fast ganz Yorkshire eingeladen, denn als wir unsere Mäntel auszogen und in den Salon gingen, war es dort bereits schon gut gefüllt. Zielstrebig ging ich auf Henry zu, der am Kamin mit Lord Hepsworth Sohn stand. Ich hatte ihn seit seinem Aufenthalt im September nicht mehr gesehen. Wir begrüßten uns lächelnd. Es hatte gar nicht lange gedauert und er hatte auf meine Briefe wieder genauso erfreut und ein wenig zweideutig geantwortet wie vor dem Debakel mit Edward Armstrong. Natürlich hatte ich ihm nicht erzählt, dass dieser Downton besucht hatte. Das musste Henry gar nicht wissen. Wir erzählten uns von den letzten Monaten und deshalb merkte ich gar nicht, wie weitere Gäste in den Raum kamen. Erst, als wir zum Dinner gehen wollten und Henry mir lächelnd seinen Arm hinhielt, erkannte ich Edward. Schnell wandte ich mich wieder ab und lachte über Henrys Bemerkung. Was machte er hier?

Lizzy
"Sei froh, dass du noch verletzt bist, sonst hätte ich dich jetzt mit einem Kissen geschlagen", verkündete ich. "Das will ich wirklich hoffen, sonst wird das hier alles andere als ein ruhiger Abend", drohte ich grinsend und warf einen Blick auf die Uhr. "Es wird Zeit, ich bin eh schon länger geblieben", sagte ich und stand auf. "Ich werde mich nicht umziehen, wenn keiner da ist, lohnt sich das ja nun wirklich nicht und dann hat Charlotte etwas weniger zu tun. Lass dir deine Suppe schmecken", lächelte ich, winkte kurz und ging in den Salon. Es war wirklich merkwürdig, hier so alleine zu sitzen. Mr. Carson sah nicht begeistert darüber aus, dass ich mich nicht umgezogen hatte, nickte mir aber dennoch würdevoll wie immer zu. Im Speisesaal war es nicht weniger einsam als im Salon, aber ich musste zugeben, dass es mir durchaus gefiel, allein an diesem riesigen Tisch zu sitzen.
Edward
Lord Hepsworth und sein Bruder empfingen mich an der Tür wie alte Freunde und nachdem mir mein Mantel abgenommen worden war, ging ich, mich staunend umsehend, in den Salon. In jeder Ecke, auf jedem Sofa und überhaupt jedem freien Quadratzentimeter waren Menschen. Wenn sich da niemand finden würde, um einen schönen Abend zu verbringen, dann wusste ich auch nicht. Lord Hepsworth stellte mich einigen Gästen vor und ich plauderte hier und da. Bis dahin war alles perfekt – bis das Dinner angekündigt wurde. Und ich Mary an Henrys Arm sah. Einen kurzen Augenblick starrten wir uns entgeistert an, fingen uns dann aber wieder und gingen in den Speisesaal. Ich konnte es nicht fassen, dass ausgerechnet sie hier war. Auch noch mit Henry. Meine gute Laune war sofort verpufft.

Jimmy
Es war, als hätte das Schicksal gehört, dass ich mich von Lizzy fernhalten wollte - nur, um mir dann jede erdenkbare Möglichkeit zu geben, Zeit mit ihr zu verbringen. Und das jetzt auch noch allein und völlig akzeptabel. Da heute alle außerhalb dinieren würden - bis auf Lizzy - hatte Carson Thomas den Tag frei gegeben und mich für das Dinner for one verpflichtet. Natürlich mich, denn wer sonst sollte schon Lizzy bedienen? Während der Butler also Lizzys Dinner ankündigte und dann nach unten verschwand - bestimmt, um selbst einen leckeren Wein zu trinken - wartete ich im Speisesaal auf Lizzy und schob sie dann mit dem Stuhl an den Tisch. Die Atmosphäre im Raum hatte sich sofort verändert. Ich schenkte ihr gekonnt ein wenig Wein ein und servierte dann den ersten Gang. "Guten Appetit", meinte ich dann noch zu ihr, weil ich es einfach nicht lassen konnte. Es sah wirklich niedlich aus, wie sie ganz allein an dem riesigen Tisch in diesem wunderschönen, protzigen Raum saß und ihre Suppe aß.
Mary
Henry hatte seinen ehemaligen besten Freund nicht gesehen, was mich wenigstens etwas beruhigte. Denn Edwards Anwesenheit hatte mich furchtbar aufgeregt gemacht - dabei gab es doch gar keinen Grund dazu. Ich wollte einen schönen Abend mit Henry verbringen und das würde ich auch tun. Ich hätte nie gedacht, dass sich Edward bei Lord Hepsworth blicken lassen würde, wo doch der Adel von ganz Yorkshire versammelt war. "Ist etwas, Mary?", fragte mich Henry, während wir unsere Plätze einnahmen, was ich natürlich sofort verneinte. Früher oder später würden sich die beiden sehen - denn obwohl viele Menschen da waren, saßen wir immer noch an einem Tisch. Ich trank einen Schluck Wein und fesselte Henry dann in einem Gespräch über Weihnachten, das neue Jahr und seine Pläne dafür. Wie gewünscht konzentrierte er sich dabei nur auf mich. Ich konnte es aber nicht lassen, einen Blick nach rechts zu werfen, wo Edward zum Glück weit weg in der Nähe von Lord Hepsworth Bruder saß. Bevor er meinen Blick bemerken würde, flirtete ich weiter mit Henry. Der sich nur zu gern darauf einließ.

Lizzy
Ich wusste selbst nicht, warum es mich überraschte, dass Jimmy im Speisesaal wartete – so viele Diener gab es ja nun wirklich nicht hier. Sofort wurde ich nervöser, als ich es mir eingestehen wollte. Ich hielt die Luft an und wagte es kaum, den Kopf zu ihm zu drehen, als er meinen Stuhl an den Tisch schob und mir Wein einschenkte. Es wirkte einfach komplett falsch, wenn man sich überlegte, dass er vor wenigen Monaten noch in meinem Bett gelegen hatte. Ich schaute nur in meine Suppe, während ich selbige aß, aber als Jimmy mir einen guten Appetit wünschte, konnte ich ihn nicht mehr länger ignorieren. "Danke", sagte ich nur und schaute zum ersten Mal heute Abend etwas in seine Richtung.
Edward
Erfreulicherweise saß ich beim Dinner quasi so weit wie nur möglich von Mary und Henry entfernt, was mich aber nicht davon abhielt, öfter in ihre Richtung zu schauen, als mir lieb war. Und jedes Mal lachte sie gerade über einen Witz von Henry oder schaute ihm in die Augen oder tat irgendetwas in der Art, sodass meine Laune immer schlechter wurde. Anscheinend änderte sie ihre Meinung über Männer ziemlich regelmäßig. Meinem Gespräch mit Mr. Hepsworth konnte ich kaum noch folgen und war froh, als das Dinner vorbei war und alle in den Salon gingen. Einen Moment überlegte ich, Henry und Mary provokant zu begrüßen, ließ es dann aber sein. Heute Abend wollte ich keinen Streit oder derartiges.

Jimmy
Einerseits kam es mir dumm vor, ihr die ganze Zeit beim Essen zuzusehen. Andererseits fühlte es sich aber genauso an, würde ich jetzt hinter der Abtrennwand darauf warten, dass ich ihr den Hauptgang servieren könnte. Also blieb ich unentschlossen stehen, schenkte ihr Wein nach und achtete darauf, sie nicht allzu oft anzusehen. Schweigend aß sie also ihre Suppe. Eigentlich durfte ich sie nicht ansprechen - sie musste die erste sein und ich durfte ihr nur antworten - aber ich glaubte, dass diese Regel nicht mehr galt, nachdem ich eine Woche lang jede Nacht in ihrem Bett verbracht hatte. "Wie geht es Lady Sybil?", fragte ich deswegen, weil es mich wirklich interessierte. Zwar hatte ich ein wenig von Anna mitbekommen, aber da Lizzy ja den ganzen Tag mit ihr verbracht hatte, wusste sie es immer noch am besten. Außerdem mochte ich dieses Schweigen überhaupt nicht.
Lady Mary
Henry war wirklich leicht abzulenken, denn während des ganzen Dinners merkte er nicht, dass Edward am anderen Ende saß. Männer waren manchmal wirklich blind - aber ich hatte ja bekommen, was ich wollte, indem er mir so viel Aufmerksamkeit schenkte. Nur warum fand ich es dann nicht genauso spannend und aufregend wie an dem Tag, als Edward all das getan hatte? Verbissen setzte ich mich also neben Henry auf zwei Sessel, während in der großen Halle von Lord Hepsworth Haus die Band zu spielen anfing. Ich hatte mich wirklich auf das Tanzen gefreut - musste aber gleich wieder daran denken, wie ich mit Edward die ganze Nacht in Downton durchgetanzt hatte. Ich hatte ihn doch bis heute so gut aus meinem Kopf verbannt, und jetzt das. Ich sah auffällig zur Tanzfläche und Henry gehorchte sofort, indem er mich zum Tanz aufforderte. Ich versuchte dabei, Edward wieder zu vergessen, so als wäre er gar nicht da - aber dennoch suchte ich immer wieder die Menge nach ihm ab.

Lizzy
Das Schweigen zwischen uns war wirklich mehr als unangenehm. Ich wollte irgendetwas zu ihm sagen, aber alles was mir einfiel waren Beschimpfungen sowie küss mich, also hielt ich den Mund und aß nur meine Suppe. Trotzdem – irgendetwas lag im Raum, und ich war mir fast sicher, dass er das auch spürte, so blöd es auch klang. Als Jimmy schließlich doch etwas sagte, war ich insgeheim froh. "Schon viel besser, sie musste nur noch heute im Bett bleiben", erklärte ich, während ich meinen Suppenteller auskratzte. "Warum warst du gestern eigentlich in Ripon?", fragte ich ihn nach einigen Sekunden erneuten Schweigens. Das hatten immerhin sowohl Sybil als auch ich die ganze Zeit schon wissen wollen. Nach wie vor ertrug ich den Gedanken kaum, was passiert wäre, wenn er nicht dort gewesen wäre oder vielleicht eine Stunde früher oder später. Warnend rief ich mir ins Gedächtnis, dass er gesagt hatte, er könne mit einem Küchenmädchen mehr Spaß haben als mit mir und dass er mir vorgeworfen hatte, dass ich noch nie gearbeitet hatte – was mich aber nur traurig, nicht wütend machte. Sollte ich ihm einfach sagen, ich wolle allein essen? In den letzten zwei Tagen hatten wir uns wieder viel zu oft gesehen, wenn auch nicht heimlich. Und trotz allem bereitete er mir noch Herzklopfen.
Edward
Kurz nach dem Dinner fing eine Band an zu spielen und viele Gäste tanzten, was ich auch nur zu gerne getan hätte. Bis vor kurzem sogar noch mit Mary. Nun war mir sogar die Lust am Tanzen vergangen – erst recht, als Mary und Henry gemeinsam auf die Tanzfläche verschwanden. Eine Weile saß ich nur da und trank ab und an etwas Whisky, doch irgendwann fiel mir eine Frau in meinem Alter auf, die, anscheinend recht gelangweilt, bei einem älteren Paar saß, sicher ihre Eltern. Ohne noch weiter zu zögern stand ich auf, ging hin und forderte sie erfolgreich zum Tanzen auf. Na also, dachte ich zufrieden, während wir miteinander tanzten, Lady Mary ist doch nicht das Nonplusultra. Trotzdem konnte ich es einfach nicht lassen, ab und zu zu Mary zu schauen. Henry hatte mich anscheinend immer noch nicht bemerkt – sicherlich war er zu beschäftigt damit, Mary anzustarren – oder wenn, dann verbarg er es gut. Sophie, wie die junge Frau, mit der ich nun tanzte, sich vorstellte, kam leider nicht wirklich an Marys Tanzkünste heran, aber ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen und lächelte recht überzeugend, als ob ich gerade wirklich großen Spaß hätte. Mary sollte nicht glauben, ich würde ihr nachweinen.

Jimmy
Ich ging auf sie zu, sobald sie den Teller geleert hatte und nahm diesen dann weg, um den Hauptgang zu servieren. "Ich war für Mrs. Patmore bei Bakewell's und habe etwas umgetauscht, dass sie für das Silvester-Dinner braucht", erklärte ich ihr dann und blieb länger als nötig mit dem Teller in der Hand bei ihr stehen. Vielleicht auch ein wenig zu nah. Sie schien mit der Antwort zufrieden zu sein, also holte ich ihren Hauptgang hervor und servierte ihn. Ich war angespannter als sonst bei einem Dinner, was nur an ihrer Anwesenheit lag. Ich war froh, den Raum kurz verlassen zu können, um den Suppenteller nach unten zu bringen und schon einmal das Dessert zu holen. Mrs. Patmore war wirklich freundlicher zu mir als sonst, anscheinend hatte der frische Ingwer seine Wirkung getan. Als ich wieder in den Speisesaal kam, hatte Lizzy ihren Teller schon fast leer, sodass ich mich nur schräg hinter sie stellen und warten konnte.
Lady Mary
Während Henry mir über eine Jagd bei Lord Ulster erzählte, drehte ich leicht den Kopf und erkannte zu meiner Überraschung Edward ein gutes Stück entfernt auf der Tanzfläche. Die junge Frau in seinen Armen schien von seinen Tanzkünsten recht angetan zu sein, strauchelte jedoch immer wieder oder trat ihm auf die Füße. Mit einem triumphierenden Lächeln, dass ich besser tanzen konnte als sie, überdeckte ich den Stich von Eifersucht. Dabei sollte er mir doch egal sein! Nachdem der Tanz zuende war, lehnte ich einen weiteren mit Henry ab, sodass wir uns in den Salon zurückzogen, wo ich Edward nicht ständig sehen würde. Wir tranken etwas und redeten. Dennoch war ich mit meinen Gedanken immer noch bei Edward. Dass Henry ihn noch immer nicht bemerkt hatte, grenzte an ein Wunder. Das konnte nicht gut gehen...

Lizzy
"Dann verdanken Sybil und ich also quasi Mrs. Patmore unser Leben", sagte ich als er meinen Teller nahm und grinste ihn kurz an. Er stand schon wieder viel zu lang und zu nahe bei mir – was mich an die Dinner bei meinem letzten Besuch erinnerte. Als er den Raum kurz verließ, um das Dessert zu holen, atmete ich erst einmal tief durch. Es war wirklich schwierig – selbst für mich – in Anwesenheit von jemandem, der einen nervös machte, zu essen. Deshalb beeilte ich mich auch mit dem Hauptgang, um so viel wie möglich davon zu schaffen, während er weg war. Es dauerte nicht lang, bis ich auch mit dem Hauptgang fertig war und versuchte, mich zu entspannen. Himmel, das hier war doch nur ein fast normales Dinner. Und das Dessert war immerhin mein Lieblingsgang.
Edward
Nach dem Tanz wäre ich am liebsten von der Tanzfläche gerannt, denn sonst würde Sophie noch meine Schuhe ruinieren. Aber es würde sicherlich viel besser aussehen, wenn ich erst nach drei Tänzen völlig aus der Puste mit Sophie an meinem Arm in den Salon zurückkehrte – zumindest in meinem Kopf hatte es eine eindrucksvollere Wirkung auf Mary. Wenn es überhaupt eine Wirkung auf sie hat, denn eigentlich scheine ich ihr ja völlig egal zu sein. Also hielt ich tapfer noch zwei ganze weitere Tänze durch – sehr zur Begeisterung Sophies – und kehrte dann mit ihr in den Salon zurück. Doch als ich unauffällig zu Mary schaute, sah ich Lord Hepsworth bei ihr stehen und mit ihr reden. Ich wollte schnell aus seinem Blickfeld verschwinden, denn er hatte es sich anscheinend zur Aufgabe gemacht, mich heute Abend jedem einzelnen Gast vorzustellen, aber es war zu spät, er hatte mich bereits gesehen und winkte mich zu sich, Mary und Henry. Sophie lief mir wie ein Schoßhund hinterher, noch bevor ich mich kurz bei ihr entschuldigen konnte. "Mr. Armstrong, kennen Sie schon Lady Mary Crawley?", strahlte Lord Hepsworth. Henry ignorierte er – entweder wusste er bereits, dass wir uns kannten oder er war wie alle anderen Männer so von Mary geblendet, dass er sonst nichts mehr wahrnahm. "Lady Mary", sagte ich und lächelte, "was für eine Überraschung."

Jimmy
Eigentlich verdankten sie Mr. Bakewell ihr Leben, der Mrs. Patmore den falschen Ingwer geliefert hatte. Da das aber zu tief gehen würde, sagte ich nichts und servierte Lizzy ihr Dessert. Kurz berührten sich unsere Hände, als ich nach dem Teller zum Abräumen griff. Hatte ich das absichtlich gemacht? Oder sie? Die Berührung jedenfalls brannte auf meiner Haut. Es wäre so einfach, meine Hand auszustrecken und ihre Wange zu berühren. Oder sie wieder zu küssen. Bevor es dazu kommen konnte, verschwand ich lieber wieder schnell nach unten und kam erst wieder, als sie auch das Dessert beendet hatte. Ich drehte ihren Stuhl so, dass sie aufstehen konnte. Irgendwie kam es mir wie eine ungenutzte Chance vor, sie jetzt einfach wieder so gehen zu lassen. "Lizzy, ich-", fing ich an, bis ich Schritte hörte und diese nur zu gut erkannte. Carson tauchte si plötzlich wie immer hinter der Trennwand hervor, anscheinend im Glauben, dass Lizzy schon längst gegangen war. Er setzte gerade an, mir irgendetwas aufzutragen und hielt dann aber inne, als er Lizzy erkannte. "Guten Abend, Miss", sagte er stattdessen und brachte mich in einer Kopfbewegung dazu, ihr die Tür aufzuhalten.
Lady Mary
Es ging auch wirklich nicht mehr lange gut. Lord Hepsworth kam zu uns und sprach mit Henry über irgendein Pferderennen, während ich aus den Augenwinkeln heraus Edward mit seiner kleinen Freundin sah. Schnell wandte ich mich wieder um, aber das Unglück hatte bereits seinen Lauf genommen. Denn auch Lord Hepsworth hatte ihn gesehen und ehe ich mich versah stand Edward neben mir. "Überraschung ist genau das richtige Wort", brachte ich noch hervor und sah kurz direkt in seine strahlenden Augen. Selbst Henry konnte seinen ehemaligen besten Freund jetzt nicht mehr übersehen - ich merkte, wie er sich versteifte und Edward wütend anfunkelte, als wäre er ein Eindringling. Lord Hepsworth schien von allem nichts mitzubekommen, er strahlte einfach nur in die Runde. "Und wer ist das?", fragte ich dann mit einem Blick auf Edwards Anhang. Aus der Nähe betrachtet sah ich, dass sie nicht annähernd so gut aussah wie ich, was mich beruhigte. Ich war ihr in allem überlegen und trotzdem hatte Edward mit ihr getanzt. Er wird dich nach diesem dummen Streit auch nicht mehr auffordern. Schließlich war das allein deine Schuld. "Miss Sophie Porter", informierte uns Lord Hepsworth, aber der Name sagte mir nichts. Ich wartete darauf, dass Henry etwas sagte, aber er hatte seine Zähne so sehr zusammengebissen, dass von seinem ansonsten guten Aussehen nicht mehr viel übrig blieb. Zu allem Überfluss entschuldigte sich Lord Hepsworth dann auch noch, um mit jemand anderem zu reden. "Was machst du hier?", fragte ich Edward so neutral wie möglich, bevor die Stille zwischen uns peinlich werden könnte.

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