Mary
"Auf einen schönen Abend", stimmte ich ihm zu und trank dann einen kleinen Schluck. Wir bestellten unser Essen und ich wartete, bis der Ober wieder ein Stück von unserem Tisch entfernt war, bevor ich David antwortete. "Nicht nur für meine Eltern. Aber nun denke ich, dass Sybil wirklich die richtige Wahl getroffen hat. Auch wenn das heißt, dass sie nach Dublin ziehen wird. Für sie könnte sich die Gesellschaft gar nicht schnell genug verändern" Ich sah ihn einen Moment länger an, als vielleicht angebracht war. Aber hätte mir jemand vor einigen Jahren gesagt, dass ich mit einem Ministeriumsangestellten der Mittelklasse ausgehen würde, hätte ich nur gelacht. Vielleicht hatte sich die Gesellschaft und ich mich ja doch verändert und war offener geworden, wenn auch lange nicht so offen wie Sybil. "Aber jetzt genug zu meiner Familie. Wie geht es Ihnen?", fragte ich dann. Erst jetzt kam mir in den Sinn, dass er vielleicht mittlerweile verlobt oder zumindest kurz davor war. Schließlich war es einige Zeit her, dass wir uns zuletzt gesehen hatten. Aber würde er mich dann ins Criterion ausführen? Möglich war alles. Auch wenn ich mir einbildete, dass er mich auf eine Art ansah, die ausschloss, dass eine andere Frau in seinem Leben war. Andererseits, warum sollte mich das interessieren? Ich nippte erneut an meinem Wein und lächelte ihn an. Ich sollte wirklich besser aufhören zu denken und lieber den Abend voll genießen.

Mary
Seinen Mut musste man wirklich bewundern. Andere hätten es vielleicht sogar als dreist bezeichnet, als er mich tatsächlich fragte, ob ich wie Sybil handeln würde. Ich wusste nicht, ob er die Überraschung aus meinem Gesichtsausdruck ablesen konnte. Unsere Blicke verhakten sich für eine kurze Zeit und für einen kurzen Moment hatte ich die Frage vergessen. Dann dachte ich ernsthaft darüber nach. "Sybil schert sich nicht darum, was andere über sie denken. Ich hingegen schon, als würde ich einen solchen Skandal sicher nicht über meine Familie bringen wollen", antwortete ich ihm dann und spielte mit meiner langen Kette. Sicher hatte er hören wollen, dass ich sogar einen Mann aus der Arbeiterklasse heiraten wollte - also ihn, im übertragenen Sinne. Aber das konnte ich nicht. Ich war ein Snob, ich wollte das Beste für meine Familie und Downton und ich würde keinen Mann aus einer mit unterstellten Klasse heiraten. Warum flirtest du dann gerade mit David und hast den ganzen Abend schon so viel Spaß? Dafür, dass wir ein normales, entspanntes Dinner miteinander haben wollte, redeten wir unbewusst doch sehr häufig über große Themen wie das Heiraten. "Aber dann weiß ich auch nicht, wie Sybil sich wirklich fühlt", fügte ich dann doch noch hinzu. Die Liebe zwischen ihr und Branson war förmlich greifbar und ich musste gestehen, eifersüchtig deswegen zu sein. Zur Ablenkung trank ich noch einen Schluck Wein und hoffte, dass der mir nicht zu schnell in den Kopf steigen würde. Was er vermutlich schon tat, denn ich war erleichtert und froh, als er mir aus seinem langweiligen Leben berichtete, dass von keiner anderen Frau begleitet wurde. Einen Moment aßen wir schweigend, wobei vor allem David das Essen sehr zu genießen schien. Ich hielt kurz inne und sah ihn an. "Aber ich bezweifle, dass mein Leben interessanter ist. Eine Frau wie ich hat nichts zu tun, außer Dinners vorzubereiten, andere zu besuchen, neue Kleider anzuprobieren und sich für die Wohltätigkeit zu engagieren. Ich sitze in einem Wartesaal fest, bis ich heirate" Die Worte hörten sich bitter und wütend aus meinem Mund an, aber vielleicht war ich das ja auch. Unzufrieden mit meiner jetzigen Situation, die sich so schnell nicht ändern würde. Ich hoffte, David würde nicht denken, das er mich wütend gemacht hatte. Er hatte ja keinerlei Schuld. Aber er war einer der wenigen, die mir im Moment wirklich und mit Interesse zuhörten.

Mary
Kurz war ich erschrocken über meine eigenen Worte gewesen, denn noch nie hatte ich ausgesprochen, was ich fühlte. Lag es vielleicht doch nicht nur am Wein, sondern auch an David, dass ich mich so öffnete? Grundsätzlich hatte ich damit Schwierigkeiten und verhielt mich daher immer wie ein eiskalter Snob. Aber vielleicht wollte ich unbewusst, dass David meine wahre Seite und meine Gedanken kennenlernte. Wem hätte ich auch sonst davon erzählen können? David urteilte nicht, er stimmte mir sogar zu und versuchte, mich aufzuheitern. "Also kann ich Sybil vielleicht doch verstehen, auch wenn sie einen sehr drastischen Weg gewählt hat", sagte ich dann und lächelte. Es tat meiner Wut erstaunlich gut, einfach mit ihm darüber zu reden. Auch wenn er natürlich keine Ahnung hatte. Er war ein Mann, dem es sein ganzes Leben lang vorgegeben für seinen eigenen Lebensunterhalt arbeiten zu gehen, während ich alles auf dem Silbertablett serviert bekam. Ich dachte über seine Worte nach, dass die Beschäftigung Spaß machen musste. Wann hatte ich zum letzten Mal Spaß gehabt? Während wir die Schweine gerettet haben... Allgemein hatte es mir gefallen, über Downton und seine Unterhaltung zu sprechen. Das machte mir zwar Spaß, aber es ließ sich wohl kaum in der Öffentlichkeit sehen, dass eine Lady ein Anwesen leitete und sich in Schweineställen herumtrieb. "Ich habe übrigens Ihren Bericht über Downton gelesen", wechselte ich dann das Thema und sah ihn neugierig an, wie er das wohl fand. "Und ich hoffe, dass nicht all das Gute darin nur daher kommt, dass Papa mit Ihrem Chef gut befreundet ist" Jetzt grinste auch ich ihn an und ließ mir den nächsten Gang servieren.

Mary
Sein Lachen war so unerwartet und echt, dass es mich tatsächlich ansteckte. Seine ehrliche Art und Weise war einfach entwaffnend - als wäre es ihm tatsächlich egal, dass er in einem der nobelsten Restaurants Londons saß und womöglich die Blicke der anderen auf uns ziehen würde. Aber noch schöner fand ich es, dass er wegen mir lachte. Allerspätestens jetzt war ich mehr als dankbar, heute morgen über meinen Schatten gesprungen sein und mich bei ihm entschuldigt zu haben. "Ich hatte auch wirklich nichts anderes von Ihnen erwartet", lenkte ich dann doch mit einem Lächeln ein. David nahm seine Arbeit ernst, da würde er auch nicht Tatsachen ändern, nur um seinem Chef und meinem Vater zu gefallen. Ich hörte ihm mit echtem Interesse zu, als er von Downton sprach - und von der Modernisierung und den Veränderungen, gegen die sich Papa stellte. "... dass ich Sie nicht unbedingt leichter für mich gewinne..." Erst im zweiten Moment stachen diese Worte heraus und ich sah ihn mit ein wenig geweiteten Augen an. Auch er schien zu bemerken, was er da gesagt hatte, denn er runzelte nachdenklich seine Stirn und wir beide wartete ab, bis der Ober wieder gegangen war. Aber so überrascht ich doch deswegen tat - war es wirklich so abwegig, dass er mich für sich gewinnen wollte? Dass unser Dinner heute Abend schon lange keines mehr zwischen Freunden waren, die nach einiger Zeit wieder zusammen gefunden hatte, war doch augenscheinlich. Ich musste mir nichts vormachen, ich genoss seine Aufmerksamkeit und sein Interesse an mir. Und hatte ich nicht heute sogar schon darüber nachgedacht, dass ich ihn damals nach unser erfolgreichen Rettung der Schweine auch geküsst hätte, wäre es dazu gekommen? Aber zu einfach wollte ich es ihm natürlich auch nicht machen - es wäre doch langweilig, wenn er merken würde, wie gut er darin war, mich zu gewinnen. Ich nahm zuerst einen kleinen Bissen, um die Stille noch ein wenig zu verlängern. Erst dann sah ich ihn wieder an und lächelte. "Die Schweine sind doch ein erstes Zeichen, dass Papa Veränderungen zulässt. Aber Sie haben recht, es müsste einiges getan werden, um Downton zukunftsfähig zu machen. Nur weiß ich nicht, wie es dazu kommen soll, wenn Papa wie ein Alleinherrscher das Anwesen leitet und es am liebsten so erhalten würde, wie mein Großvater es hinterlassen hat", sagte ich dann. Auch wenn ich ihn eben nur allzu gut gehört und verstanden hatte, tat ich erst einmal so, als hätte ich es nicht. Aber indem ich einfach so unser Gespräch fortführte, gab ich ihm insgeheim die Erlaubnis, weiter um mich zu werben. Ich hatte nichts dagegen, dass er mich für sich gewinne wollte. Ganz im Gegenteil, ich genoss es in vollen Zügen. Er durfte sich ruhig noch ein wenig mehr anstrengen.

Mary
Sein Blick zeigte mir, dass er angestrengt nachdachte - etwa über meine Reaktion? Wahrscheinlich hätte er es lieber gehabt, wenn ich ihm offen und ehrlich erlaubt hätte, sich um mich zu bemühen. Und für einen kurzen Moment wollte ich nichts lieber als das. Aber dann redete David weiter und der Moment war vergangen. Er schmeichelte mir und ich glaubet nicht, dass das nur daran lag, um sich bei mir einzuschleimen. Wieder einmal war er ehrlich. Und natürlich tat es gut, solche Worte von ihm zu hören. Ich legte mein Besteck zur Seite und sah ihn direkt an. "Wissen Sie, ich habe wirklich Interesse daran. So ungewöhnlich es auch scheint für eine Lady wie mich. Wäre ich keine Frau, wäre es gar keine Frage - ich würde mich um das Anwesen kümmern, weil es einmal mir gehören würde", sagte ich. Wie oft hatte ich mir in meinem Leben gewünscht, Papas Sohn und damit Erbe sein zu können? Dadurch wäre so vieles leichter gewesen. Ich wollte aber nicht schon wieder verbittert klingen und beließ es deshalb dabei. "Aber andererseits habe ich auch keine Ahnung, was es wirklich heißt, Downton zu verwalten." Nicht so wie David. Schließlich war es quasi seine Arbeit. Und ohne ihn hätte ich keinen Schimmer gehabt, wie ich die Schweine hätte retten können. Ich wollte zwar, dass Downton zukunftsfähig war, aber wie ich das erreichen konnte, war mir ein Rätsel. Und guter Wille allein würde niemals ausreichen. Trotzdem tat es gut, einen Verbündeten auf diesem Gebiet zu haben.
Da David seinen Teller mittlerweile schon leer gegessen hatte, nahm auch ich wieder mein Besteck und aß weiter. Lächelnd sah ich ihn an, als mir das auffiel. "Dieses Dinner entwickelt sich immer mehr zu einer Arbeitsbesprechung. Sie müssen Ihre Arbeit wirklich mögen, wenn Sie selbst nach Feierabend damit weitermachen. Man könnte fast meinen, Ihnen fehlte eine adäquate Freizeitbeschäftigung", meinte ich mit einem kurzen Grinsen. Es war nicht böse gemeint - ich wollte unser Gespräch einfach wieder auf ein leichteres Thema führen. Und ihm vielleicht die Möglichkeit eröffnen, mich bei dieser Gelegenheit gleich nach einem nächsten Treffen zu fragen, damit er seine Freizeit jetzt einmal anders nutzen konnte.

Mary
Einer anderen Person gegenüber hätte ich jetzt die Augen verdreht, denn Papa würde mich nie an der Verwaltung teilhaben lassen. In dieser Rolle sah er mich nicht und ich glaubte kaum, dass er einfach seinen Posten als alleiniger Herrscher und Verwalter von Downton Abbey aufgeben würde. Aber es war David, der sich ernsthaft für mich und anscheinend auch das Anwesen interessierte. Also hörte ich ihm einfach weiter zu und genoss es, seiner Stimme zuzuhören. Außerdem klang es bei ihm so einfach - dass selbst ich ein Anwesen leiten konnte. "Nun ja, wie man eine Horde Schweine vor dem Tod bewahrt, das weiß ich ja jetzt", erwiderte ich auf seine Ausführungen und grinste. Wie dreckig und erschöpft wir beide damals gewesen waren - und wie glücklich. Aber der heutige Abend war immer mehr auf dem Weg, genau diese Gefühle wieder hervorzurufen. Daher konnte ich ihm nur zustimmen, dass die Zeit viel zu schnell vorbeigegangen war. Der Ober hatte bereits unseren Tisch abgeräumt und ich trank wie er meinen letzten Schluck Wein. Ich hatte es nicht bemerkt, aber mittlerweile waren einige Tische neben uns schon leer - wann die Gäste von dort gegangen waren, hatte ich einfach nicht mitbekommen. Also würden auch wir jetzt bald gehen würden. Und wie damals, als wir nach der langen, harten Arbeit mit den Schweinen zurück nach Downton gegangen waren, wollte ich einfach nicht, dass dieser Abend jetzt schon endete. David musste das gleiche denken, als er mich im nächsten Atemzug fragte, ob wir tanzen gehen wollten - in einem Club. Wie schon heute Vormittag, als er mich zum Essen einladen wollte, sprach einiges dagegen. Aber genauso wie damals, ignorierte ich das einfach. "Warum nicht? Ich hoffe nur, Sie können gut tanzen", ärgerte ich ihn ein wenig, während wir aufstanden und ein Ober mir in meinen Mantel half. Es sah mir nicht ähnlich, mit einem Mann einfach so in einen Club zu gehen. Aber ich wollte nichts lieber tun als das - mit David zu tanzen. Lächelnd gingen wir erst zu seinem Auto. Der Lotus Jazz Club war nicht weit entfernt und wir waren nach einer kurzen Fahrt schon da. Ich hatte schon von anderen davon gehört. Dennoch war ich überrascht, wie stilvoll es war und dass es nicht verwerflich war, als Mitglied der Oberklasse dort tanzen zu gehen. Was mich wiederum fragen ließ, woher David diesen Club kannte. Aber wie so vieles heute Abend war es mir gleichgültig und ich ging nur zu gern neben ihm eine geschwungene Treppe hinauf in den Tanzsaal, von wo man schon die Musik hörte.

Mary
Kam es mir nur so vor oder berührte er mit seiner Hand absichtlich meine Schulter, als er mir aus dem Mantel half? Ich konnte nichts dagegen tun, als zu lächeln, bevor wir uns wieder gegenüber setzten. Auf der Tanzfläche waren bereits einige Paare und ich erstaunte mich selbst damit, wie gern ich jetzt auch tanzen wollte. Mit David. Der hatte im Vergleich zum Restaurant eben ein wenig seines Selbstbewusstseins eingebüßt, als er aus dem Augenwinkel beobachtete, wie schnell die Tanzpaare sich an uns vorbei bewegten. Vielleicht wollte er deswegen vorher einen Drink. "Wie wäre es mit einem Brandy? Sie jedenfalls sehen so aus, als könnten Sie einen Drink vertragen. Aber danach tanzen wir", ärgerte ich ihn wieder ein wenig, lächelte dabei aber breit. Er bestellte unsere Getränke. "Also, Mr. Howard - ich hätte nicht erwartet, heute Abend noch in einem Nachtclub tanzen zu gehen. Wieder einmal ein Abend voller schöner Überraschungen", meinte ich dann in Anspielung auf diesen einen Abend, der scheinbar für immer in meiner Erinnerung eingebrannt sein würde. Nachdem wir unsere Drinks hatten, tranken wir beide einen Schluck und ich sah ihn auffällig an, als ein Lied endete und einige Paare die Tanzfläche verließen. Und tatsächlich forderte er mich auf - ansonsten wäre ich auch wütend geworden. Er nahm meine linke Hand und legte seine rechte auf meinen Rücken. Ich lächelte ihn an, als wir so nah voreinander standen. Ich hatte schon unzählige Male in meinem Leben getanzt, zuletzt auf Ediths Hochzeit. Aber noch nie hatte mein Herz angefangen, so schnell zu schlagen. Die Musik begann und dann tanzten wir. Er trat mir nicht auf die Schuhe, wirkte aber dennoch hochkonzentriert. Ich dagegen fühlte mich, als würden wir schweben. "Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen, ich hatte schon deutlich schlechtere Tanzpartner", sagte ich ihm dann, damit er sich ein wenig entspannte. Tatsächlich war ich überrascht, wie sicher er mich doch über die Tanzfläche führte. Dabei hatte ich immer gedacht, dass man als Angestellter des Ministeriums wenige Gelegenheiten zum Tanzen hatte. "Es mag Sie vielleicht überraschen, aber ich tanze wirklich gern. Wenn wir nach Schottland fahren, freue ich mich immer am meisten auf den Abend, an dem getanzt wird", erzählte ich ihm dann und überraschte mich wieder selber, wie viel ich ihm anvertraute und das auch wollte. Ich wollte, dass er mich kennenlernte. Vielleicht, weil ich spürte, dass er ehrliches Interesse an mir hatte und nicht nur Konversation machte? Ich sah hoch in seine Augen, denn er war ein Stück größer als ich und gleichzeitig begannen wir zu lächeln.

Mary
"Vielleicht habe ich auch einfach nur zu hohe Ansprüche an meine Tanzpartner", gab ich noch lächelnd zurück. Im Allgemeinen hatte ich immer sehr hohe Ansprüche - auch an die Auswahl des Mannes an meiner Seite. Und bisher hatte es noch nie jemand geschafft, diesen zu genügen. Bis jetzt? David jedenfalls machte jedenfalls seine Sache so gut, dass ich mich immer mehr fallen ließ. "Haha", kommentierte ich nur, als er mich jetzt auch ärgerte. Das war etwas, was ich an ihm mochte - dass auch er sich traute, mich zu ärgern. Dass er selbstbewusst war und sich mir gegenüber nicht verstellte. Als unsere Blicke sich dieses Mal miteinander verhakten, war es noch einmal anders als die Male zuvor. Es fühlte sich an, als würden wir uns langsamer drehen, auch wenn ich mir sicher war, dass wir noch immer wie alle anderen Paare dem Takt der Musik folgten. Ich sah etwas in seinen braunen Augen, das mir vorher noch verborgen war. Für einen Moment war es so, als würde die Welt tatsächlich stehen bleiben und ich das Universum erlaubte mir, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Ich sah David an meiner Seite auf dem Rasen vor Downton Abbey. Wie ich uns so nebeneinander sah, merkte ich, wie gut wir zueinander passten - und das nicht nur vom Aussehen vor. Vor uns stand ein kleiner Junge, der einmal der nächste Earl of Grantham sein würde. Dieses Bild brannte sich in meine Gedanken ein, während ich Davids Gesicht nun deutlich näher vor mir sah. Aber auch ich streckte mich instinktiv und unsere Lippen hätten sich beinahe berührt. Aber es sollte nicht sein. David fing den Stoß von hinten gut ab und wie alle anderen sahen wir auf die allein gelassene Frau, die vom Sänger gerettet wurde. Ein Glück schien ihr Tanzpartner es noch rechtzeitig von der Tanzfläche geschafft zu haben. Schnell nahmen wir den Tanz wieder auf, in gebührendem Abstand. Aber es hatte sich etwas verändert in diesem einen Moment, bevor wir uns fast geküsst hatten. David sagte nichts dazu und ich tat es auch nicht. Was gab es schon dazu zu sagen? War es das, wofür ich es hielt? Ich hätte ihn geküsst, hier und jetzt, wäre dieser betrunkene Mann nicht gewesen. Vor allen Leuten, in einem Nachtclub. Ich sollte dankbar sein, dass es nicht dazu gekommen war. Aber im Moment überwog eher die Enttäuschung. "Anscheinend hat jemand noch mehr Alkohol als Unterstützung zum Tanzen gebraucht als Sie, Mr. Howard", sagte ich dann leichthin und konnte nicht anders, als ihn wieder zu ärgern. Trotzdem klang meine Stimme ein wenig hohl und ich räusperte mich.