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Charlotte
Ihr Versuch, den Koffer auszuräumen machte die Sache nicht gerade besser, aber ich nahm es mit einem Lächeln hin. Das Bügeln war somit sicher. Wenigstens war es jetzt leichter, ihre Haare ein wenig kunstvoller hochzustecken. Anna hatte mir kleine Tricks gezeigt und neue Frisuren, die ich gleich an Miss Allen ausprobierte. "Nein, Miss. Um eine richtige Kammerzofe zu werden müsste ich richtig frisieren lernen", antwortete ich ihr. "Erst einmal möchte ich das erste Hausmädchen werden" Miss Allen konnte ich so etwas ruhig erzählen, sie schien sich wirklich für mich zu interessieren. Nachdem sie nach unten gegangen war, räumte ich den Koffer aus. Ihr Buch legte ich auf den Nachttisch, die Stiefel stellte ich in den Schrank. Einige der Kleider nahm ich mit in den Keller, denn so verknittert konnte sie nicht Lady Grantham an ihrem Geburtstag unter die Augen treten.
Henry
Edwards gute Meinung über Mary bedeutete mit wirklich viel. "Ich glaube, die beiden sind nicht gerade eng", sagte ich zu Marys und Ediths Beziehung. "Und natürlich sieht sie nicht schlecht aus" Auch ich grinste jetzt, als ich auf mein Zimmer ging. Vaters Kammerdiener würde auch nach mir sehen, so wie zuhause. Edwards letzter Satz gab mir zu denken. War es wirklich schon so weit zwischen Mary und mir? Wir hatten uns nur ein paar Mal gesehen, Briefe geschrieben. Ich wollte die nächsten Tage darüber nachdenken, wenn ich Zeit mit ihr verbrachte. In Frack und leicht gekämmten Haare ging ich zurück in den Salon. Da weder Edward noch Mary zu sehen waren, gesellte ich mich zu Lady Edith. "Guten Abend, Lady Edith", begrüßte ich sie lächelnd. "Wie geht es Euch?"

Lady Edith
Im Salon kam ich nicht darum herum, etwas Small Talk zu halten, und so redete ich mit zwei alten Ladys, deren Namen mir entfallen waren, ehe ich mich kurz in eine ruhige Ecke stellte, um wenigstens drei Minuten nicht reden zu müssen, denn Lizzy und Sybil waren derartig in ein Gespräch vertieft, dass ich nicht stören wollte. Doch da kam Henry auf mich zu. Ich sah überrascht auf und lächelte. Er sah wirklich gut aus, das ließ sich nicht bestreiten. "Sehr gut, danke", antwortete ich noch immer lächelnd. "Und Euch? Hattet Ihr eine angenehme Reise? Das Wetter war ja nicht gerade optimal" Ehe wir das Gespräch weiter vertiefen konnte, betrat Henrys Freund Edward Armstrong den Salon und schaute in unsere Richtung. Ich lächelte auch ihm zu – wenn ich schon mal dabei war...

Lady Sybil
Ich sah Lizzy mit großen Augen an. Wie ich eben schon gesagt hatte: Jimmy ließ wirklich nichts anbrennen. "Was stand drauf?", fragte ich sofort mit gedämpfter Stimme. Das wurde ja wirklich immer besser. Aber es machte mir definitiv viel Spaß, dieses Geheimnis mit Lizzy zu teilen. Fast schon ein bißchen zu viel, war die Situation doch auch riskant und gefährlich. Vor allem für Jimmy, dem das aber reichlich egal zu sein schien. Zum Glück hatten wir bis zum Dinner noch Zeit, bis er wieder auftauchen würde. "Und wo hast du ihn her? War er etwa oben?" Ich biss mir auf die Lippe, um nicht zu lächeln. Das hörte sich alles eher nach einem Roman an als einer Geschichte aus dem wirklichen Leben. Lizzys Aufenthalt hier würde auf keinen Fall langweilig werden, so viel war klar.
Henry
"Ja, danke. Ich habe gehört, es wird sich in den nächsten Tagen bessern", redete ich weiter mit ihr. "Geht Ihr auch auf die Jagd? Wir werden eine große Jagdgesellschaft sein, wie man mir sagte. Hoffentlich bleibt da noch ein Ziel für mich über" Ich lächelte sie an, als Edward den Raum betrat und winkte ihn zu uns. "Lady Edith - mein Freund Mr. Edward Armstrong", stellte ich ihn vor und lehnte mich an den Kaminsims. "Er wird auch auf die Jagd gehen, wie er eben gesagt hatte" Ich grinste Edward kurz an. Er hatte ja schon gesagt, dass er die Crawley-Schwestern hübsch fand. Vielleicht war Lady Edith ja etwas für ihn.

Lizzy
Ich nickte und runzelte die Stirn. "Er lag in meinem Buch, als ich vorhin angefangen habe, meinen Koffer auszuräumen", fing ich an. "Wahrscheinlich hat er ihn da reingetan, als er vor ein paar Stunden unser Gepäck nach oben getragen hat." Ich schluckte bevor ich den nächsten Satz sagte, denn die Bedeutung des Zettels bereitete mir immer mehr Kopfzerbrechen. "Es steht drauf Bis später. Sonst nichts. Was soll das nur bedeuten, was hat er vor?", sagte ich leise und sah Sybil hilfesuchend an. Ich war mir nicht sicher, ob ich den Zettel für eine Warnung oder für ein Versprechen hielt.
Edward
Als ich den Salon betrat, strahlte mich Lady Edith sofort an und da sie ohnehin gerade mit Henry redete, ging ich zu den beiden hin. Ich sah mich unauffällig um, Lady Mary war noch nirgendwo zu sehen. Henry stellte mich höflich Lady Edith vor, woraufhin ich sie ebenfalls begrüßte, aber nicht, ohne sein Grinsen kurz zu erwidern. Es war glasklar, was er vorhatte, aber ich gedachte nicht, mir auf Downton Abbey eine zukünftige Braut zu suchen. Ich wollte meine Freiheit noch etwas genießen, da konnten mir noch so hübsche Ladys gegenüber stehen.

Lady Sybil
"Und du bist sicher, dass es von ihm ist? Ich meine, du kennst seine Schrift nicht", vermutete ich, wusste aber gleich, dass es Quatsch war. Natürlich würde Jimmy den Zetteln in Lizzys Buch gelegt haben. Es passte zu seinem Verhalten. Gleichzeitig fand ich es aber auch romantisch. Ich freute mich so sehr, dass Lizzy gekommen war - mein Leben war mit einem mal viel aufregender geworden. "Er will dich sehen, auch wenn ich nicht ganz verstehe, wie. Ich meine, du bist den ganzen Abend während des Dinners bei uns. Es gibt keine Möglichkeit für ihn,mit dir in eine unauffällige Ecke zu verschwinden. Das ganze Haus ist voll und auch die Dienstboten laufen hier ständig herum", dachte ich weiter laut nach und sah sie dann an. "Wenn er seine Arbeit hier wirklich aufs Spiel setzen will, dann kommt er heute Nacht" Das ging für mich zu weit, mein Gesichtsausdruck wurde ernst. Musste ich mir Sorgen um Lizzy machen? Ich hatte zwar nicht viel Erfahrung im Umgang mit Männern - eigentlich gar keine - aber ich konnte mir nur zu gut vorstellen, was Jimmy wollte. Und wie entschlossen er war, sein Ziel zu erreichen.
Henry
"Kommt Ihr auch mit auf die Jagd, Lady Edith? Es sind bestimmt genug Männer da, die eine Begleitung wünschen", fragte ich weiter. Allein bei dem Gedanken daran von Lady Mary begleitet zu werden, fing ich an zu lächeln. Ich sah Edward an. Wen er sich wohl als Begleitung aussuchen würde? Vielleicht ging er auch allein. Edward scherte sich nicht darum, was andere von ihm dachten. Das beneidete ich oft. Der Salon füllte sich immer weiter, ich hielt jedes Mal nach Lady Mary Ausschau. Wahrscheinlich wollte sie den bestmöglichen Auftritt haben und wartete deshalb.

Lizzy
Ich sah Sybil zweifelnd an. "Du hast Recht, vielleicht hat auch Carson Gefallen an mir gefunden", sagte ich sarkastisch und musste bei der Vorstellung grinsen – doch bei Sybils Überlegung, Jimmy könnte mich nur heute Nacht besuchen kommen, wurde ich wieder ernst. "Heute Nacht!?" Ich war lauter als beabsichtigt gewesen und sah mich hektisch um, ob mich auch keiner gehört hatte. Zum Glück schienen alle noch in ihre eigenen Unterhaltungen vertieft. Entsetzt schüttelte ich den Kopf. Erschreckender als Jimmys vermutlichen Plan fand ich aber die Tatsache, dass ich bei der Vorstellung fast schon ein freudiges Kribbeln im Bauch verspürte. "Wenn er wirklich heute Nacht auftaucht, weiß ich nicht, ob ich ihm widerstehen kann", sagte ich matt. Ich wollte Sybil gerade bitten, uns im Zweifelsfall nicht zu verraten, als Carson das Dinner ankündigte. Ich versuchte, tief durchzuatmen, um mich etwas zu beruhigen. Das ist lächerlich, Lizzy, vor einem Dinner nervös zu sein.
Lady Edith
Ich genoss es, mit gleich zwei Männern zu reden, während von Mary keine Spur war. Auch, wenn mir momentan keiner von beiden besonders gefiel – sie waren nett und es tat meinem Selbstbewusstsein gut. "Natürlich komme ich mit", lächelte ich, während ich mich insgeheim fragte, welcher Mann mich als Begleitung wollen würde. Leider betraten Mary und Carson fast gleichzeitig den Salon, was meine Unterhaltung mit Henry und Edward beendete.

Lady Sybil
Ich sah Lizzy warnend an, wollte sie es denn noch lauter herumschreien? Oder besser gleich Carson an den Kopf werfen? Dieser betrat direkt hinter Mary den Salon, sah Mama vielsagend an und verschwand dann wieder. "Wir reden später weiter", sagte ich noch zu Lizzy, lächelte ihr aufmunternd zu und stand dann auf, um den anderen zu folgen. Im Speisezimmer stand Jimmy neben Thomas am Ende des Tisches, sein aufmerksamer Blick auf den eintretenden Gästen. Ich wusste nur zu gut, nach wem er Ausschau hielt. Ich nahm meinen Platz neben Lady Presley und Edward Armstrong ein, sah aber zu Lizzy herüber. Ich würde sie auf jeden Fall beobachten. Wenn sie ihm heute Nacht wirklich nicht widerstehen könnte, würde es die ganze Sache zehntausend mal komplizierter machen. Vorausgesetzt Jimmy war so wagemutig und schlich sich in ihr Zimmer. Was ich mir durchaus vorstellen konnte, bei dem breiten Lächeln das er hatte, als er Lizzys Stuhl an den Tisch schob.
Henry
Kurz fragte ich mich, ob Lady Mary krank geworden war. Es war spät und der Butler würde jede Minute das Dinner ankündigen. Die Tür ging auf und sie trat ein, gefolgt von ihrem Butler. Lady Marys Kleid war silbern und selbst ich konnte erkennen, dass es die letzte Londoner Mode war. Passend dazu trug sie ein silbernes Haarteil und eine lange Kette. Zielstrebig ging sie auf mich zu und ignorierte dabei ihre Schwester, die noch zwischen mir und Edward stand. "Du siehst wunderschön aus", machte ich ihr ein passendes Kompliment, um sie dann an der Hand ins Esszimmer zu führen. Ganz im Gegenteil zu meinem letzten Dinner hier freute ich mich, wieder neben ihr zu sitzen. Es würde ein spannender Abend werden.
Jimmy
Die einzige Frage, die ich mir die ganze Zeit stellte, als wir das Dinner vorbereiteten war, ob Lizzy meinen Brief gefunden und gelesen haben würde. Unruhig hielt ich meine Stellung neben Thomas, als die Dinnergäste angeführt von Lady Grantham den Raum betraten. Thomas und ich halfen den Ladies dabei, sich hinzusetzen. Zwar hatte eigentlich Thomas für Lizzy zu sorgen, aber ich trat einfach vor ihm an die Stelle und lächelte Lizzy breit an. Flüchtig sah ich ihr in die Augen, was niemand bemerken würde.

Lizzy
Dass Sybil am anderen Ende des Tisches und ich zwischen Mama und einer älteren Lady saß, macht das Dinner nicht unbedingt einfacher. Sowohl Sybil und Jimmy behielten mich fast das ganze Dinner über im Auge, sodass ich kaum einen Bissen herunterbekam und Mama mich schon fragte, ob alles in Ordnung sei. Ich erzählte ihr etwas von Müdigkeit wegen der langen Reise und wusste nicht, ob ich das Ende des Dinners herbeisehnte oder Angst davor hatte. Als wir aber schließlich beim letzten Gang, sehr leckeren Erdbeer-Trifles, angekommen waren, war mir klar geworden, dass ich es herbeigesehnt hatte. Ich kann ihm immer noch eine Ohrfeige geben, ihn aus meinem Zimmer werfen oder das ganze Haus zusammenschreien, versuchte ich mich zu beruhigen, als wir wieder in den Salon zurückgingen und meine Eltern mich einigen Bekannten vorstellten.
Lady Edith
Meine Laune wurde nicht unbedingt besser, als Mary, wie aussah wie eine Christbaumkugel, den Salon betrat und sogleich von Henry eingenommen wurde. Wenigstens Mr. Armstrong war höflich genug, an meiner Seite zu bleiben, bis wir beim Dinner waren, und dort ergaben sich eh meist schnell Gespräche mit den Sitznachbarn. Trotzdem konnte ich es nicht lassen, gelegentlich Blicke zu Mary und Henry hinüberzuwerfen – sie verstanden sich schon wieder viel zu gut. Ich musste mir etwas einfallen lassen.
Edward
Während des Dinners fiel Henry als Gesprächspartner aus. Selbst, wenn er nicht meilenweit von mir entfernt gesessen wäre – er war so vertieft in sein Gespräch mit Lady Mary und damit beschäftigt, sie anzusehen, dass er fast das Essen vergaß. Ich hingegen saß neben Lady Sybil – nun hatte ich also endlich die Möglichkeit, auch die dritte der Crawley-Schwestern kennenzulernen.

Jimmy
Ich konnte mir mit jeder Minute mein breites Grinsen immer schwerer verkneifen. Anders als sonst aß Lizzy nur sehr wenig, im Vergleich zu den Dinners im Frühling fast nichts. Ich war sicher, dass es an mir lag - und das war ein geniales Gefühl. Sie könnte sonst noch so tun, als wäre nichts. Aber meine Anwesenheit veränderte sie und das sollte etwas heißen. Jedes Mal, wenn ich mit dem Servieren bei ihr an der Reihe war, nahm sie sich so wenig, dass ich nicht lange bei ihr bleiben konnte. Auch sah sie mich demonstrativ nicht an. Aber ich wusste auch so, wie sie fühlte. Ich verdrehte Miss Elizabeth Allen schon wieder den Kopf.
Lady Sybil
Ich hoffte, Mr. Armstrong würde mich nicht für unhöflich halten. Aber ich konnte einfach nicht anders, als Lizzy und Jimmy genau im Auge zu behalten. Er wirkte für meine Geschmack viel zu selbstsicher. Aber so war er nun einmal. Hoffentlich war Lizzy stark und widerstand ihm - ansonsten würde dieser Abend ihren Ruf zerstören können. Trotz der Ablenkung durch die beiden Turteltauben, redete ich lächelnd mit Mr. Armstrong. Ich fand ihn sehr nett und es machte mich stolz, dass er sich anscheinend für mich wirklich zu interessieren schien. Nicht nur auf diese rein höfliche Art. Aber auch er schien zwei Turteltauben während des Dinners im Auge zu behalten, nämlich Mary und Henry Redvers.

Lizzy
Ich blieb viel länger als sonst im Salon, und Sybil leistete mir Gesellschaft und so gut sie konnte seelischen Beistand. Schließlich war es aber wirklich Zeit ins Bett zu gehen. Ich wünschte Sybil eine gute Nacht, ging auf mein Zimmer und läutete. "Ich weiß du hast viel zu tun, aber wenn es dir nicht zu große Umstände macht, würde ich gerne noch ein Bad nehmen", sagte ich kurz darauf lächelnd zu Charlotte. Ich wollte so lange wie möglich aufbleiben. Hoffentlich würde ich nicht im Endeffekt die ganze Nacht wach verbringen, aus Angst (oder Hoffnung?), Jimmy könnte auftauchen – morgen würde es sich sofort bemerkbar machen und Gesprächsstoff liefern. Zum Glück war Charlotte ein Schatz und bereitete mir tatsächlich trotz der späten Uhrzeit noch ein Bad vor. Auch in der Badewanne hielt ich mich so lange wie möglich auf. Es war schön warm, beruhigte und entspannte mich und gab mir Zeit, in Ruhe nachzudenken. Ich musste meine Gedanken ordnen – mal wieder. Zunächst war noch die Frage offen, was Jimmy mit seinem ominösen Bis später-Zettel gemeint hatte. War es nur ein Scherz gewesen? Oder hatte Sybil Recht und er hatte etwas sehr, sehr Dummes vor? Und wenn ja: Störte mich das wirklich? Irgendwann wurde ich fast wahnsinnig, weil ich die letzte Frage nicht mit ja beantworten konnte und meine Gedanken sich im Kreis drehten und beendete das Bad. Charlotte half mir noch beim Waschen, Anziehen und machte meine Haare, die mittlerweile nicht mehr ganz glatt, sondern wellig waren und wünschte mir dann eine gute Nacht. Bei dem Stichwort wurde ich schon wieder nervös – und es war bereits halb 11. Ich tigerte unruhig in meinem Zimmer hin und her, ging schließlich zum Fenster, zog die Vorhänge zurück und öffnete es so leise wie möglich. Der Mond war fast voll und bot mir einen herrlichen Ausblick. Ich atmete die kühle Nachtluft tief ein. Es war aufregend, wieder in Downton zu sein. Mehr, als es eigentlich sollte. Eigentlich sollte so eine Gesellschaft eine junge Frau meines Alters eher langweilen. Ich schaute noch eine Weile nach draußen und ließ meine Gedanken schweifen, bis mir kalt wurde und ich das Fenster wieder zumachte. Die Vorhänge aber ließ ich offen, damit ich von meinem Bett aus aus dem Fenster schauen konnte – das half mir auch zuhause oft beim Einschlafen. Als ich schließlich nach gefühlt stundenlangem Herumwälzen in meinem großen Bett das letzte Mal einen Blick auf die Uhr warf, war es 1 Uhr – und ich endlich weggedämmert.

Jimmy
"- so ein Verhalten dulde ich nicht, James. Schon gar nicht, wenn die Duchess of Grafton am Tisch ist! Morgen ist das Dinner zum Geburtstag Ihrer Ladyschaft und wenn ich Sie noch einmal mit einem solchen unangehörigen Gesichtsausdruck sehen, James, können Sie Ihre Koffer packen!", donnerte Mr. Carson seit dem Moment, in dem wir die Treppe hinunter in den Dienstbotenkeller genommen hatten. Ich ließ seine Kritik an mir abprallen, denn heute machte es mir einfach nichts aus. "Natürlich, Mr. Carson", antwortete ich in meiner besten Version der Ich-habe-Mist-gebaut-und-bereue-es-Stimme. Auch wenn ich natürlich nichts bereute. Im Gegenteil. Lizzys Verhalten war für mich eindeutig. Sie wollte es sich einfach nicht eingestehen - aber sie wollte mich sehen, wollte mich wieder küssen. Und diese Gelegenheit würde ich ihr auf jeden Fall geben. Warum hatte ich ihr sonst diesen Zettel geschrieben? Das Servieren des Kaffees im Salon verging verdammt schnell, schon bald ging die gesamte Gesellschaft ins Bett. Ich räumte mit Thomas den Tisch ab, ließ mir aber nichts anmerken. Auch nachher saß ich wie gewohnt im Dienstbotenzimmer, trank Mrs. Patmores Kakao und hörte den Gesprächen der anderen zu. Und so bekam ich natürlich auch mit, dass Charlotte noch ein Bad vorbereiten musste - natürlich für Lizzy. Sie war unruhig las ich daraus. Zur gleichen Uhrzeit wie sonst auch immer ging ich hoch, zog mich um und legte mich ins Bett. Allerdings nicht mit der Absicht, bis zum Morgen durchzuschlafen. Thomas ging auch zu Bett und ich döste vor mich hin, meinen Wecker immer im Blick. Natürlich schlief ich einmal tiefer ein, es war ein langer Tag gewesen. Der Wecker zeigte kurz vor 2 Uhr. Mondlicht fiel durch das Licht in Thomas Zimmer. Jetzt oder nie. Ich schlug die Decke zur Seite, stand auf, öffnete und schloss die Tür ohne ein Geräusch und schlich dann barfuß die Treppe nach unten. Ein leises Knarren ließ sich nicht vermeiden, als ich die Tür zur Galerie aufschob und mich somit offiziell in den Bereich begab, in dem ich mich um diese Uhrzeit nicht aufzuhalten hatte. Lizzys Zimmer lag am Gang der unverheirateten Frauen - so weit wie möglich von dem der unverheirateten Männer entfernt. Ich schlich weiter, blieb vor ihrer Tür stehen und strich mir durch die Haare. Langsam drehte ich den Türknauf und sah Lizzy schlafend in ihrem Bett. Grinsend schloss ich die Tür wieder und ging auf sie zu.

Lizzy
Ich schlief unruhig – und wie mir ein späterer Blick auf die Uhr zeigen sollte auch nicht lange. Ich war fast erleichtert, als ich aus einem wirren Traum aufwachte, bis ich die Augen aufschlug und jemanden neben meinem Bett stehen sah. Nur eine Sekunde lang war ich verwirrt, dann war mir sofort klar, um wen es sich dabei handelte, was nicht nur am Mondlicht lag, das noch immer durch die geöffneten Vorhänge in mein Zimmer schien. Ich sprang so schnell auf der von Jimmy abgewendeten Seite des Betts auf, dass mir schwindelig wurde. Einen Augenblick starrte ich Jimmy nur mit entsetzt aufgerissenen Augen und rasendem Herzen an. Er hatte es also tatsächlich getan. Er hatte es gewagt. Ich fühlte mich auf einmal seltsam schutzlos, in meinem Nachthemd, mit zerzaustem Zopf und zu wenig Schlaf. Endlich fand ich meine Sprache wieder. "Bist du wahnsinnig?? Wenn du so unbedingt deine Arbeit loswerden willst, warum gehst du dann nicht einfach zu Mr. Carson und kündigst? Das wäre wesentlich einfacher", fauchte ich so laut es ging, ohne meine Zimmernachbarn aufzuwecken. Ich war kurz davor zu hyperventilieren, so entsetzt, nervös und angenehm aufgeregt war ich. Mittlerweile hatte ich aufgehört zu zählen, wie oft ich dieses seltsame Gefühl in den paar Stunden, die ich wieder hier war, gehabt hatte. Es war deutlich zu oft.
Thomas
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, heute Nacht wieder wach zu bleiben, bis Jimmy eingeschlafen war. Ich wollte ihn nochmal in aller Ruhe betrachten können, ihn berühren... Aber nach diesem anstrengenden Tag war mir klar, dass ich das nicht schaffen würde. Irgendwann mitten in der Nacht wachte ich auf. Hatte mich ein Geräusch geweckt? Ich hörte nur leises Prasseln von Regentropfen am Fenster. Das Fenster... unter dem Fenster... Mein Blick fiel auf Jimmys Bett. Es war eindeutig leer. Ich stand auf, ging hin – vielleicht hatte ich mich getäuscht. Nein, dort lag niemand drin. Vielleicht ist er nur auf der Toilette, versuchte ich mich zu beruhigen, verwarf die Idee aber gleich wieder. Es konnte nicht wahr sein, das wusste ich. Ich würde wohl oder übel nachsehen gehen müssen. Vielleicht war ihm etwas zugestoßen? Besorgt und neugierig zugleich nahm ich meinen Morgenmantel und verließ leise das Zimmer.

Jimmy
Als ob sie meine Anwesenheit spüren würde, wurde Lizzy langsam wach. Vielleicht tat sie das ja auch. Grinsend blieb ich stehen, wo ich war und beobachtete sie. Es war zu süß, wie sie wach wurde und realisierte, dass jemand in ihrem Zimmer war. Vielleicht war ich auch einfach ihr wahr gewordener Traum. Plötzlich - und viel zu schnell für jemanden, der eben noch geschlafen hatte - sprang sie aus ihrem Bett. Um mich so gut es eben ging um 2 Uhr in der Nacht in einem vollen Haus anzuschreien. Damit hatte ich gerechnet. Sie hatte ja auch recht. Ich würde meine Arbeit verlieren. Aber dieses Risiko war ich schon einmal eingegangen und heute tat ich es nur zu gern wieder. Außerdem würde niemand etwas bemerken. Das ganze Haus schlief und bis um 5 Uhr morgens wäre auch keiner der Dienstboten wach. Das einzige Risiko war natürlich Thomas. Auch wenn ich aus irgendeinem Grund nicht glaubte, dass er mich verraten würde. Im Ernstfall würde er mich decken und ich würde ihm danken. Es war also alles im grünen Bereich. "Aber lange nicht so aufregend", antwortete ich ihr nur grinsend und machte einen kleinen Schritt auf sie zu. Es war mir nicht im geringsten peinlich, hier in meinen Schlafklamotten - einem weißen Oberteil und der dunklen Hose - zu stehen. Besser als meine Livree, die allen zeigte, dass ich hier nur der Dienstbote war. Lizzy in ihrem Nachthemd und den wilden Haaren sah wirklich zum anbeißen aus. "Komm schon, Lizzy. Du wusstest nur zu gut, dass ich kommen würde", neckte ich sie leicht und sah auf das Buch auf ihrem Nachttisch. Ich ging noch einen Schritt weiter, allerdings um die Vorhänge zuzuziehen. Danach drehte ich mich wieder um und sah sie lächelnd an.

Lizzy
Ich versuchte fieberhaft, klar zu denken, was alles andere als einfach war, denn Jimmy kam auf mich zu. Ich folgte seinem Blick, der das Buch auf meinem Nachttisch traf. Ich werde dieses Buch nie wieder ohne Hintergedanken lesen können. – Was interessiert dich jetzt das verdammte Buch, Lizzy? "Ich hätte aber nicht gedacht, dass du wirklich so blöd bist", sagte ich ihm einfach ins Gesicht. "Du weißt nämlich nur zu gut, dass das hier... komplett falsch ist. Und dass du gehen solltest." Ich war einen Moment lang stolz darauf, seinem Blick standhalten zu können, aber als er die Vorhänge zuzog, wurde ich sofort wieder nervöser. Das war kein gutes Zeichen. Oder aber ein sehr gutes. Je nach dem, welcher Teil von mir gerade Kontrolle über mein Gehirn hatte – der vernünftige oder der abenteuerlustige. Angestrengt versuchte ich, ihn nicht zu mustern. Seine Livree hatte es mir aus irgendeinem Grund schon angetan, aber das enge, weiße Shirt dass er jetzt trug... das war eigentlich Manipulation. Oh Lord, was mache ich hier nur?
Thomas
Mein Weg hatte mich nach unten in den Dienstbotenbereich geführt. Ich wusste selbst nicht, was Jimmy dort unten machen könnte, aber es war der Ort, an dem er sich am meisten aufhielt, daher hielt ich es für eine gute Idee, hier unten anzufangen. Aber alles war still, leer und auch auf meine leisen Rufe reagierte niemand. Ich fluchte leise. Wohin sollte ich jetzt gehen? Natürlich kamen mir Miss Allen oder einer der anderen weiblichen Gäste in den Sinn, aber wenn ich jetzt die Galerie betrat... nicht auszudenken, was passieren würde, sollte mich jemand sehen. Frustriert ging ich in unser Zimmer zurück. Morgen früh würde ich ihn fragen – vorausgesetzt, er hatte es bis dahin wieder in sein eigenes Bett geschafft.

Jimmy
"Ganz im Gegenteil. Das hier ist nicht falsch", sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Trotz ihrer ablehnenden Worte machte sie keine Anstalten, mich gewaltsam aus dem Zimmer zu schieben, zu schreien oder zu flüchten. Stattdessen hielt sie ihre Stimme gedämpft und redete einfach weiter mit mir. Natürlich, sie will ja auch nicht, dass ich gehe. Und wieder machte ich sie nervös, wie ich mit größer Zufriedenheit feststellte. "Lizzy", fing ich in vernünftiger, ernster Stimme ein. "Wovor hast du Angst? Niemand weiß etwas, dass wir gerade hier zusammen sind. Alle schlafen. Du wirst es niemandem erzählen und ich auch nicht. Entspann dich. Ich werde dich schon nicht auffressen. Beim letzten Mal hattest du doch auch nicht den Drang, von mir wegzulaufen" Dieses Mal machte ich wieder einen Schritt auf sie zu, nahm meine Arme herunter und griff entschlossen nach ihrer rechten Hand, die ich einfach nur festhielt. "Entspann dich", sagte ich wieder und sah ihr in die Augen.

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