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Henry
Ich hatte keine Absicht, vor dem Dinner noch mit Edward zu reden. Im Moment brauchte ich einfach meine Ruhe. Doch daraus wurde nichts, denn wie ich es hätte erwarten müsse, holte Edward mich ein und ließ mir keine andere Wahl, als stehen zu bleiben. "Bitte sag das nicht. Wir beide wissen, wie es eben ausgesehen hat", antwortete ich ihm nur und seufzte. "Tut mir leid, ich habe wahrscheinlich einfach überreagiert. Aber bei Mary will ich einfach nichts falsch machen" Ich lehnte mich an die Wand und sah meinen besten Freund an. Er konnte ja wirklich nichts dafür, dass Lady Mary sich gut mit ihm unterhalten hatte. Aber es machte mich einfach eifersüchtig. Wahrscheinlich hatte ich die Situation völlig falsch eingeschätzt. "Mein Vater hat mir eben erzählt, dass Lord Grantham eine kleine Musikgruppe als Überraschung für Lady Grantham engagiert hat", fing ich ein neues Thema an, um die schlechte Stimmung zwischen uns aufzulösen. Mein Plan war, natürlich Mary als erste aufzufordern. Ich war ein guter Tänzer und sie bestimmt auch. Dabei würde mir Edward hoffentlich nicht in die Quere kommen.

Edward
Ich war unendlich froh, dass Henry nicht sauer zu sein schien. Natürlich konnte ich ihm trotzdem nicht sagen, dass ich Lady Mary nicht mehr ganz abgeneigt war. "Dann musst du auf jeden Fall mit Mary tanzen", antwortete ich, froh darüber, das Thema wechseln und dabei auch noch über ihn und Mary reden zu können. "Wenn sie dann nicht beeindruckt ist, weiß ich auch nicht!" Ich klopfte ihm grinsend auf die Schulter und ging in mein Zimmer – anscheinend würde ich eine andere Tanzpartnerin finden müssen.
Lizzy
Weil nach dem Ankleiden noch genügend Zeit war, glättete Charlotte auch noch meine Haare und steckte sie dann hoch. Trotz des Aufwands war ich wieder mal eine der ersten im Salon und wechselte ein paar Worte mit Edward Armstrong, der anscheinend ebenfalls nicht viel Zeit zum Umziehen gebraucht hatte, was man ihm ansah – trotzdem wirkte es bei ihm irgendwie ansehnlich, nicht ungebührlich. Bei mir hingegen gab es nichts zwischen Geburtstagsdinner der Countess und die Hühner füttern und dabei selbst ein Vogelnest auf dem Kopf haben. Ich war etwas abwesend während des Gesprächs und versuchte ständig, unauffällig zur Tür zu schauen. Hoffentlich kam Sybil vor Mary in den Salon.

Lady Mary
Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel. Anna war mittlerweile schon gegangen, um Edith und Sybil zu helfen. Ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr, bevor ich ein letztes Mal meine lange Perlenkette richtete und kritisch meine Erscheinung betrachtete. Es war das erste Mal, dass ich das Kleid hier trug. Gekauft hatte ich es in London. Es war türkis-grün und überzogen mit goldenen Stickereien. Passend dazu trug ich lange goldene Handschuhe und ein goldenes Haarband, das meine dunklen Haare wunderbar zum glänzen brachte. Für Mamas Geburtstag war es perfekt, denn natürlich wollte ich damit Eindruck machen. Das einzige Problem dabei war, dass ich im Moment lieber Mr. Armstrong beeindrucken wollte als Henry. Seit unserem Ausritt kam mir Henry im Vergleich zu seinem Freund eher langweilig und öde vor. Spätestens bei seinem endlosen Gerede über Bücher und Geschichte hatte ich mich danach gesehnt, wieder von Mr. Armstrong zum Lachen gebracht zu werden. Eine überraschende Wendung. Eigentlich hatte ich das Kleid in der Hoffnung gekauft, dass mir Henry bei diesem Anblick einen Antrag machen würde. Sollte es heute Abend so weit kommen, würde ich die Notbremse ziehen. Warum war mir vorher nicht aufgefallen, wie ernst er war? Seufzend öffnete ich meine Zimmertür und machte mich auf in den Salon. Das waren definitiv die falschen Gedanken, die mir ständig durch den Kopf schwirrten. Ich würde mich heute amüsieren und damit basta. Ob mit Henry oder Mr. Armstrong würde sich noch zeigen. Begleitet von anderen Gästen betrat ich den Salon, in dem zu meiner doch recht großen Freude Mr. Armstrong schon wartete. Zwar stand Elizabeth neben ihm, aber wenn ich eines konnte, dann war es, sie zu ignorieren. Auch wenn ich nicht anders konnte, als kurz ihr Kleid zu mustern, das für ihre Verhältnisse wirklich schick war. Mr. Armstrong wirkte froh, nicht mehr mit ihr reden zu müssen, als ich mich neben ihn stellte. "Sie sind wirklich schnell beim Umziehen, Mr. Armstrong", fing ich lächelnd ein Gespräch an.
Henry
Dieses Mal wollte ich nicht ewig zum Umziehen brauchen und dann mit ansehen müssen, wie Edward und Mary zusammen lachten. Vaters Diener half mir in meinen Frack, strich schnell die Falten glatt und half mir bei den Manschettenknöpfen. Um meine Haare kümmerte ich mich schnell und machte mich dann ohne Umschweife oder auf meine Eltern zu warten, zum Salon auf. Nur leider war ich wieder zu spät, denn Edward wartete bereits dort - umringt von Mary und Miss Allen, die allerdings eher unbeteiligt am Gespräch war. Mit einem vielleicht ein wenig aufgesetzten Lächeln ging ich zu den beiden. Mein Lächeln wurde echter, als ich Mary in ihrem Kleid sah. "Lass mich raten, die letzte Londoner Mode?", fragte ich sie. "Es steht dir wirklich ausgezeichnet" Ich strich mir kurz durch die Haare, damit diese ein wenig lockerer fielen und lehnte mich ein wenig zu Mary vor.
Lady Sybil
Ich traf Papa auf der Treppe und endlich erzählte mir, dass er wirklich eine Musikgruppe engagiert hatte! Voller Vorfreude, es gleich den anderen zu erzählen, ging ich beschwingt in den Salon. Ich sah mich nach meinen Schwestern oder Lizzy um und erkannte letzte etwas abseits. "Lizzy, heute Abend wird wirklich getanzt! Und dein Kleid, es ist wunderschön!", sagte ich breit lächelnd ohne Umschweife und sah mir ihr aufwendig besticktes Kleid aus der Nähe an. Ich hoffte nur, dass Jimmy nicht auf die Idee kommen würde, Lizzy zum tanzen aufzufordern. Aber das würde selbst für ihn zu weit gehen.

Lizzy
Natürlich betrat Mary vor Sybil oder wenigstens Edith den Salon. Ich musste mich schwer zusammenreißen, um nicht die Augen zu verdrehen oder ein genervtes Geräusch von mir zu geben, als ich sie sah. Noch dazu war sie wieder herausgeputzt wie ein Pfau – zugegebenermaßen hatte ich aber heute ausnahmsweise nicht das Recht, darüber zu urteilen, denn momentan unterschied ich mich optisch so wenig vom Rest der Gesellschaft wie nie zuvor. Ich überließ Mary dankbar das Gespräch mit Mr. Armstrong und wartete mehr oder weniger ungeduldig, bis endlich Sybil den Salon betrat. Sie stellte sich zu mir und erzählte begeistert, dass wir heute Abend tatsächlich noch zu dem Vergnügen kommen würden, tanzen zu dürfen. Ich teilte ihre Begeisterung zwar nicht unbedingt, konnte aber nicht anders, als mich für sie zu freuen – so aufgeregt und fröhlich, wie sie wirkte. Mit irgendeinem Mann zu tanzen, käme mir doch recht komisch vor, nachdem ich letzte Nacht in den Armen eines Dieners gelegen hatte, aber mit dem zu tanzen wiederum wäre noch komischer – wenn ich es mir auch sehr amüsant vorstellte. Also hoffte ich einfach, nicht die einzige zu sein, die nicht tanzen wollte, dann würde es nicht so auffällig sein. "Danke", antwortete ich strahlend auf ihr Kompliment zu meinem Kleid. "Deines aber auch – so wie immer", grinste ich, schließlich war es für Sybil viel alltäglicher, solche Kleider zu tragen, als für mich. Meine gute Laune verpuffte allerdings schnell, als mir wieder einfiel, was Mary heute Nachmittag in der Bibliothek gesehen und dass ich Sybil noch immer nichts davon gesagt hatte. Eigentlich wollte ich sie was Jimmy betraf natürlich immer auf dem Laufenden halten, doch dieses Mal hatte ich ein ungutes Gefühl. Es hatte sich nicht nur bis jetzt noch keine Gelegenheit ergeben, ihr davon zu erzählen, ich war mir auch nicht sicher, ob ich das wirklich wollte. Ich hatte ohnehin schon Angst, sie könnte eine schlechte Meinung von mir bekommen, und dass Jimmy und ich uns mitten in der Bibliothek geküsst hatten, würde dazu vermutlich nur beitragen. Verwirrt blinzelte ich, als ich bemerkte, dass sie anscheinend gerade etwas zu mir gesagt hatte – ich war gedanklich komplett abwesend. "Was... hast du gerade gesagt?", fragte ich immer noch nicht ganz da und schob etwas zu spät ein Lächeln hinterher.
Edward
Obwohl mein Gespräch mit Miss Allen nicht so schlecht war, dass ich auf der Stelle aus dem Salon flüchten wollte, waren wir doch beide irgendwie nicht ganz bei der Sache, und der Grund dafür betrat etwa fünf Minuten später den Raum: Lady Mary, die sofort auf mich zukam. Miss Allen schien sie nicht wirklich zu beachten, und ich war mir nicht sicher, ob das für mich oder gegen Mary sprach. Es war mir aber auch egal, genau wie ich ausgeblendet hatte, dass jede Sekunde Henry in den Salon kommen und uns zusammen sehen konnte. "Sie sind auch nicht gerade langsam", antwortete ich lächelnd und betrachtete sie. Sie sah wirklich toll aus – am besten hatte sie mir bis jetzt zwar in ihrer Reitkleidung gefallen, aber ihr Kleid war einfach wunderschön und die goldenen Details passten wunderbar zu ihren Augen und Haaren. "Ich habe wirklich keine Ahnung von Mode, aber Sie sehen umwerfend aus", lächelte ich. Das konnte ich mir durchaus erlauben – bisis jetzt hatte ich ihr noch kein direktes Kompliment gemacht und in diesem Fall wäre es fast schon unhöflich gewesen, nichts zu sagen. Umso weniger wunderte es mich, dass Henry, als er kurz darauf den Salon betrat, fast dasselbe sagte.

Lady Sybil
"Danke", antwortete ich breit lächelnd auf Lizzys Kompliment. Mein Kleid war schwarz mit einem silbernen Muster. Im Haar trug ich einen kleinen silbernen Haarreifen, der im Licht schön glitzerte. Mir gefiel es, aber im Vergleich zu Mary würde ich immer im Hintergrund bleiben. So war meine Schwestern nun einmal und ich konnte nicht anders als zu grinsen, als sie gleich wieder ihre zwei Verehrer neben sich hatte. "Ich hoffe, heute Abend spielen sie dann nicht nur all diese langsamen Walzer. Bei denen würde selbst Granny noch aufgefordert werden", redete ich weiter mit Lizzy, während ich noch kurz zu Mary sah. "Ich habe schon viel zu lange nicht mehr getanzt" Erst jetzt drehte ich mich wieder zu Lizzy um. Ihr Blick war in die Ferne gerichtet und ich war mir sicher, dass sie kein einziges Wort wahrgenommen hatte, das ich in den letzten paar Minuten zu ihr gesagt hatte. Ich war kurz davor, mit meiner Hand vor ihrem Gesicht herumzuwedeln, um sie in die Wirklichkeit zurückzuholen, als sie mich mit einem fast schon lustigen Gesichtsausdruck anblinzelte. "Nicht so wichtig, Lizzy", antwortete ich nur grinsend. "Ich würde dich ja fragen, woran du gedacht hast, aber ich glaube, dass muss ich gar nicht" Ich sah Lizzy vielsagend an. Natürlich hatte sie an Jimmy gedacht. Welches andere Thema würde ihre Gedanken so in Beschlag nehmen? Für eine flüchtige, körperliche Beziehung dachte sie für meinen Geschmack viel zu viel über ihn nach.
Lady Mary
Ich konnte nicht anders, als Mr. Armstrong kurz anzugrinsen. Nein, ich hatte mich extra beeilt, um dieses Mal nicht die letzte im Salon zu sein. Nur leider brauchte Henry heute Abend nicht so lange für das Umziehen, denn er tauchte direkt auf, nachdem mir Mr. Armstrong ein Kompliment für mein Kleid gemacht hatte, für das ich mich natürlich bedankte. Im Gegensatz zu Henrys Aussage, das Kleid würde mir gut stehen, hatte Mr. Armstrong sich schon mehr Mühe gegeben. Und komischerweise war es mir jetzt wichtiger, was er davon dachte, als Henry. Ich hatte keine Ahnung, woher mein plötzlicher Sinneswandel kam. Henry sah gut aus, er hatte einen Titel und war auch sonst alles, was ich von einem Mann erwartete. Im Sommer hatte ich mich fest darauf eingestellt, bald von ihm einen Antrag zu bekommen. Und jetzt? Durch den heutigen Tag war alles anders. "Das Kleid ist wirklich aus London, ich habe es im Sommer dort gekauft", erzählte ich den beiden und bemerkte, wie nah Henry neben mir stand. "Sind Sie im Sommer in London, Mr. Armstrong?", sprach ich ihn deswegen an. Von Henry wusste ich es ja ohnehin schon. Demonstrativ wandte ich mich von Henry an und lächelte seinen Freund strahlend an.

Lizzy
Sybils Gesichtsausdruck zufolge war keine Erklärung über meine geistige Abwesenheit nötig, auch, wenn sie natürlich nicht alles wusste. Vielleicht, in einer ruhigen Minute, wenn ausnahmsweise mal nicht die halbe Gesellschaft um uns versammelt war... würde ich ihr davon erzählen. Wenn es nicht Mary vorher tut. Ich fing mich wieder und lächelte diesmal überzeugender. "Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich Paula versprochen hatte, ihr so oft wie möglich so schreiben, und jetzt sind schon zwei Tage vorbei, ohne dass ich überhaupt an sie gedacht habe", log ich. Obwohl – eigentlich war es nicht wirklich gelogen gewesen, fiel mir schuldbewusst ein, denn ich hatte Paula wirklich ein Versprechen gegeben und mich noch nicht daran gehalten, geschweige denn auch nur eine Sekunde an zuhause gedacht. Zum Glück kündigte Carson da bereits das Dinner an und ich musste mich nicht weiter verteidigen. Ich betastete kurz meine Frisur, stellte zufrieden fest, dass noch alles da war, wo es hingehörte und folgte dann der Schar von Gästen ins Speisezimmer. Zu meiner großen Erleichterung nahm Edith neben mir Platz, ich würde also wenigstens eine Gesprächspartnerin haben während des Dinners, die nicht nur vom Heiraten und vom Wetter redete und außerdem nichts von meinen Eskapaden mit der Dienerschaft wusste. Edith schien ebenfalls erleichtert, weit weg von Mary zu sitzen und bis der erste Gang serviert wurde, führten wir eine recht witzige Unterhaltung, in der wir so metaphorisch über Mary und ihr Outfit redeten, dass niemand in unserer Nähe je darauf gekommen wäre, was wir wirklich meinten und es fast schon kindisch wurde. Dann aber trat die übliche, für mich mehr als seltsame Dinner-Situation wieder ein. Es war wirklich merkwürdig, wie befangen etwas so Alltägliches werden konnte, wenn man die falschen Dinge mit den falschen Personen tat.
Edward
Mary erzählte kurz von ihrem Kleid und wendete sich dann wieder an mich. Ich wollte gleichzeitig laut fluchen, mir einen anderen Gesprächspartner suchen und Mary und Henry allein lassen, so wie es von Anfang an gedacht gewesen war – aber auch strahlen und mich die nächsten fünf Tage einfach weiterhin mit Mary unterhalten. Es ist schon seltsam – in weniger als 48 Stunden hat sie meine Meinung von Frauen in ihrer Position komplett auf den Kopf gestellt. "So oft es geht", beantwortete ich ihre Frage. "Ich liebe den Trubel, die Läden, die Restaurants..." Wir wohnten ländlich, allerdings wollte ich mich so bald es ging in der Stadt niederlassen, sonst würde mir das viele Grün noch zu Kopfe steigen. Henry war für den Rest des Gesprächs mal wieder abgeschrieben. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass Mary genau wusste, was sie da tat und dass die Versöhnung zwischen Henry und mir von vorhin möglicherweise nicht von großer Dauer sein würde. Andererseits hatte er zum Thema London nicht viel beizutragen, er hielt nicht viel von der Stadt. Bevor ich mir Gedanken darüber machen konnte, ob mein schlechtes Gewissen gerechtfertig war, wurde das Dinner angekündigt – mal wieder gerade rechtzeitig, um mich vor dem sicheren Hungertod zu bewahren. Ich lächelte Mary noch einmal breit an und entfernte mich dann etwas, um alleine ins Esszimmer zu gehen. Vielleicht hatten Henry und sie jetzt wenigstens die Möglichkeit ein, zwei ungestörte Sätze zu wechseln.

Jimmy
Noch nie war die Zeit so langsam vergangen und dabei stand uns die größte Aufgabe des Tages noch bevor. Im Dienstbotenzimmer war keinerlei Ruhe mehr, seitdem dort neben den ganzen Dienstboten der Gäste auch noch eine ganze Musikgruppe Platz genommen hatte. Einige der Mädchen hatten Mrs. Hughes versucht zu überreden, dass ein paar Stücke für uns gespielt werden würden. Ich war in keinster Weise enttäuscht, als Mrs. Hughes bestimmt ablehnte. Ich konnte mich so oder so nur schwer auf den Beinen halten. Vor dem Dinner erlaubte uns Mr. Carson tatsächlich eine kurze Pause, die ich dazu nutzte, auf der Bank vor dem Dienstboteneingang einzuschlafen. Vielleicht nicht die beste Idee, denn tatsächlich fühlte ich mich noch müder als vor meiner Pause. Trotzdem nahm ich pflichtbewusst meinen Platz an der Dinnertafel ein und rückte jeder Lady den Stuhl zurecht, bevor wir den ersten Gang servierten. Es fiel mir leider nicht schwer, Lizzy zu ignorieren, denn ich hatte langsam wirklich die Befürchtung, einem Gast die Sauce über die teuren Klamotten zu kippen. Damit Mr. Carson diese Demütigung erspart bleiben würde, lehnte ich mich jedes Mal in der Küche kurz an die Wand und sammelte meine Kräfte, um den nächsten Gang nach oben zu bringen. Da es Lady Granthams Geburtstagsdinner war, gab es ein paar Gänge mehr und die teuersten Weine aus Carsons Schrank. Während wir darauf warteten, den zweiten Gang abzuräumen, sah ich kurz zu Lizzy und nahm erst jetzt ihr Kleid war. Sie war wirklich wunderschön, sah aber ganz anders aus als sonst. Ich drehte mich leicht zur Seite, damit Carson das Lächeln nicht sah, das sich auf mein Gesicht stahl, als ich an unseren Kuss in der Bibliothek dachte.
Henry
Ich hielt Mary demonstrativ meine Hand hin, als der Butler das Dinner ankündigte. Sie nahm sie lächelnd und ich arbeitete hart daran, mir keine Gedanken wegen Edward zu machen. Es sollte eigentlich keine große Sache sein, dass sie ihn nach etwas fragte und er antwortete - aber das Thema London war wirklich keines von meinen Lieblingsthemen und so hatte ich keine andere Wahl gehabt, als die beiden reden zu lassen. Beim Dinner würde sich das ändern. Ich begleitete Mary zu ihrem Platz, der meinem direkt gegenüberlag. Bevor der erste Gang serviert wurde, fragte ich sie nach ihrer Meinung zur Jagd. Ein sicheres Thema für uns beide, ich wusste, dass sie dazu viel zu sagen hatte. Dennoch konnte ich nicht abstreiten, dass ihre Antworten mit jedem Gang immer kürzer wurden und das Thema schon bald zum erliegen kam. Zum Glück saß wenigstens Edward ein wenig weiter abseits bei Marys jüngster Schwester und war somit außer Reichweite. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie er Mary für sich beanspruchen würde. Dazu hatte er wenigstens beim Dinner nicht die Möglichkeit. Ich hoffte, Mary gleich durch das Tanzen mehr für mich zu haben.

Lizzy
Jimmy sah wirklich elend aus. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie er den morgigen Tag überstehen wollte, wenn er heute Nacht auch so wenig Schlaf bekam, gleichzeitig war ich mir aber fast sicher, dass wir auch die heutige Nacht miteinander verbringen würden. Der Kuss in der Bibliothek war zwar eine sehr, sehr dumme Idee gewesen, bedeutete aber vermutlich, dass sein Interesse noch nicht abgeklungen war. Ich wurde mit jedem Gang müder und als man von draußen plötzlich Musik spielen hörte und Robert noch eine kurze Rede ankündigte, bevor wir tanzen gehen würden, war ich froh, dass der Abend fast vorbei war. Ich musste höchstens noch zwei Stunden durchhalten, ehe ich mich verabschieden konnte, ohne dass es unhöflich war. Wenn mein Kopf gleich in meinen noch nicht ganz leeren Teller fallen würde, wäre das wohl auch kein optimales Verhalten. Robert redete einige Minuten darüber, was für eine tolle Ehefrau Cora war und wie froh er war, sie getroffen und geheiratet zu haben und ich wich währenddessen den Blicken meines Vaters aus, die er mir immer zuwarf, wenn es um dieses Thema ging. 'Du solltest dir auch langsam einen Ehemann suchen, du wirst auch nicht jünger.' Demonstrativ schaute ich nur zur Robert und als er fertig war und wir alle kurz geklatscht hatten, erhoben wir uns. In meinem Fall allerdings ziemlich langsam. Wahrscheinlich würde ich gleich im Stehen einschlafen.
Edward
Mary und Henry kamen Hand in Hand ins Speisezimmer und saßen sich auch noch gegenüber, während ich neben Lady Sybil platziert wurde. Wieso hält sie jetzt seine Hand, wenn sie vorhin noch so abweisend zu ihm war? Frauen konnten wirklich verwirrend sein, und Lady Mary Crawley war da anscheinend keine Ausnahme. Ich versuchte, mir einzureden, dass ich mich für Henry freute, immerhin schien sie ja doch etwas Interesse an ihm zu zeigen und nun hatte er auch noch die Gelegenheit bekommen, sich während des ganzen Dinners mit ihr zu unterhalten. Und sich eventuell sogar schon einen Tanz für später zu sichern. Aber das alles versetzte mir einen Stich, der sich nicht ignorieren ließ. Ich war genauso eifersüchtig auf Henry, wenn er mit Mary zusammen war, wie er es wahrscheinlich war, wenn sie wiederum mit mir redete.

Lady Mary
Ich würde morgen auf jeden Fall dafür sorgen, neben Mr. Armstrong zu sitzen. Henry redete sich mittlerweile um Kopf und Kragen - nicht mehr lange und er würde wieder von den Büchern anfangen. Zum Glück waren meine anderen Sitznachbarn auch in der Laune für ein Gespräch und so konnte ich mich immer wieder ihnen zuwenden. Wie alle anderen klatschte ich nach Papas Rede und erhob mein Glas auf Mamas Wohl. Die Musik von draußen wurde immer lauter und natürlich stand jeder auf, um in die Eingangshalle zu gehen. Mama und Papa eröffneten den Abend mit einem gemeinsamen Tanz und ich wusste, was jetzt passieren würde. "Möchtest du tanzen, Mary?", fragte Henry von meiner Seite und ich warf kurz einen Blick auf Mr. Armstrong, der allerdings ein Stück von uns entfernt war. "Natürlich", antwortete ich deshalb nur und ließ mich von ihm auf die Tanzfläche führen, während um uns herum nahezu alle Frauen aufgefordert wurden. Ich würde nicht eher ins Bett gehen, bevor ich auch mit Mr. Armstrong getanzt hatte. Henry war zwar ein guter Tänzer und er führte mich perfekt über das Parkett - aber irgendwie war ich nicht ganz glücklich. Ich sah zu Mama, die mich mit einem stolzen und gerührten Blick ansah - aber sie würde enttäuscht werden. Henry versuchte mich mit Komplimenten zu beeindrucken, aber so langsam wurde es mir wirklich zu viel.
Lady Sybil
Ich hatte es nicht sein lassen können und Lizzy während des Essens beobachtet. Sie wirkte immer müder und abgeschlagener. Selbst Jimmy, der nach Lizzys Angaben heute Nacht nur wenige Stunden geschlafen hatte, riss sich fast schon mehr zusammen als sie. Ich ließ die anderen Gäste in die Eingangshalle gehen, auch wenn ich am liebsten selbst sofort hinausgegangen wäre, um von einem der Herren aufgefordert zu werden. Stattdessen blieb ich bei Lizzy und lächelte sie an. "Du solltest heute Nacht wirklich ein paar Stunden mehr schlafen", meinte ich grinsend zu ihr, während wir uns an den Rand der Tanzfläche stellten, um den Paaren zuzusehen. Mama und Papa strahlten und wie ich sah wurde auch Mary schon aufgefordert. Kurz sah ich mich nach Mr. Armstrong um, neben dem ich das Dinner verbracht hatte. Vielleicht würde er mich ja für einen Tanz auffordern. Später. Erst einmal blieb ich bei Lizzy. Jimmy lief durch die Gäste und brachte Getränke herum. Ich sah kurz zu ihm. "Jimmy sieht auch nicht besser aus als du"

Lizzy
Mir fielen fast die Augen zu, als ich mit Sybil am Rand der Tanzfläche stand und stumm betete, nicht zum Tanzen aufgefordert zu werden. Einmal musste ich mich sogar abwenden, um ausgiebig zu gähnen. "Ich weiß", sagte ich, als ich es wieder schaffte, den Mund zuzumachen, "aber wenn er wieder plötzlich in meinem Zimmer steht, wird das nichts." Bei ihren Worten über Jimmy ließ ich den Blick durch die Menge schweifen, bis ich ihn sah. Ich hatte ihn noch nicht wirklich angesehen an diesem Abend – teils, um nach dem Desaster in der Bibliothek nicht noch mehr Aufsehen zu erregen, teils, weil ich es vor Müdigkeit kaum schaffte, mich aufrecht zu halten. "Wir haben es wohl nicht anderes verdient", erwiderte ich mit einem leichten Lächeln.
Edward
Henry forderte Mary so schnell zum Tanzen auf, dass ich es zwischenzeitlich nicht mal geschafft hatte, sie in der Menge überhaupt ausfindig zu machen. Seufzend sah ich mich nach einer anderen Tanzpartnerin um – ich wollte definitiv nicht am Rand stehen, dafür tanzte ich viel zu gern. Miss Allen und Lady Sybil schienen noch keine Tanzpartner zu haben und weil ich mich vorhin schon mit Miss Allen unterhalten hatte, beschloss ich, sie zu fragen. Hoffentlich, ohne falsche Signale auszusenden. "Tanzen Sie, Miss Allen?", fragte ich mit einem höflichen Lächeln. Zum Glück war sie keine Lady, bei der man jede Sekunde Angst haben musste, etwas Falsches zu sagen. Der Blick, den sie mir nun zuwarf, brachte mich fast dazu, laut zu lachen – es war irgendetwas zwischen Schläfrigkeit und Entsetzen. Schließlich rang sie sich doch zu einem Lächeln und einem "warum nicht?" durch, und wir verschwanden auf die Tanzfläche. Trotzdem konnte ich es nicht lassen, ständig zu Mary und Henry zu sehen. Henry wirkte sehr zufrieden, Mary eher weniger, was ich mit einem leichten, zufriedenen Lächeln quittierte. Miss Allen ließ mich nicht aus den Augen und grinste irgendwann. "Sie machen den Eindruck, als würden Sie lieber mit jemand anderem tanzen", sagte sie leise. Allerdings wirkte sie nicht eifersüchtig, sondern viel mehr amüsiert. "Ich fürchte, ich mache nicht nur den Eindruck", seufzte ich entschuldigend. "Es wird Sie beruhigen zu hören, dass ich auch gerade lieber mit jemandem tanzen würde, der nicht zur Verfügung steht", antwortete Miss Allen zu meiner Überraschung. "Wir sind also quitt."

Lady Sybil
Lächelnd sah ich Lizzy nach, wie sie mit Mr. Armstrong auf der Tanzfläche verschwand. Ein wenig neidisch war ich schon, ich hatte damit gerechnet, dass er mich auffordern würde. Um nicht allein in der Ecke zu stehen ging ich zu Edith, die in der Nähe von Granny den tanzenden Paaren zusah. Mary und Henry sahen einfach perfekt zusammen aus und auch Lizzy schien ihren Spaß mit Mr. Armstrong zu haben, jedenfalls unterhielten sich die beiden gerade. Kurz sah ich mich in der Menge um und entdeckte Jimmy, wie er Lizzy auf der Tanzfläche nicht aus den Augen ließ, während er neben den Getränken stand. Fast schon tat er mir leid, dass er sie nicht auffordern konnte. Vielleicht sollte ich Lizzy zum jährlichen Dienstboten-Ball einladen. "Warum müssen die Männer immer in der Unterzahl sein, wenn wir mal einen Tanz haben?", fragte ich Edith mit einem kurzen Grinsen.
Lady Mary
Endlich war das erste Stück vorbei und ich lächelte Henry an. Er war wirklich ein begnadeter Tänzer und war mir nicht einmal auf die Füße getrampelt. Trotzdem wollte ich herausfinden, wie Mr. Armstrong tanzte. Ich hatte gesehen, wie er ausgerechnet Elizabeth um einen Tanz gefragt hatte. Hoffentlich interessierte er sich nicht für sie. "Tanzen wir noch weiter?", fragte Henry mit einem charmanten Lächeln, während ich mich schnell von meiner Suche nach Mr. Armstrong umdrehte. "Später - ich muss mich kurz ausruhen, nach so einem Dinner", sagte ich ihm entschuldigend und wartete nicht, ob er mir von der Tanzfläche folgen würde. Da Mama und Papa auch noch einen weiteren Tanz bestritten, ging ich zu Sybil. Sie sah mich breit lächelnd an, unterhielt sich aber anscheinend mit Edith. Ich ließ mir von Thomas einen Drink geben und suchte die Menge unauffällig nach meinem nächsten Tanzpartner ab. Henry hatte anscheinend keine Absicht, mit jemand anderem als mir zu tanzen, denn schon kurze Zeit später war er wie selbstverständlich an meiner Seite. Gott, er war wirklich hartnäckig.

Lizzy
Auch, wenn ich erst nicht hatte tanzen wollen – Mr. Armstrong war in Ordnung, konnte wirklich gut tanzen und schien nicht der Typ Mann zu sein, der nach einem gemeinsamen Tanz gleich übers Heiraten und eine Familie gründen redete. Anscheinend war er an Mary interessiert, ich hatte die beiden schon ein paar Mal miteinander beobachtet. Und egal, wie wenig ich Mary mochte, wenn sie und Mr. Armstrong sich gut verstanden, sollten sie doch glücklich werden. "Ich glaube, Sie sollten jetzt Lady Mary auffordern", sagte ich daher nach unserem Tanz und machte eine Kopfbewegung zu Mary, die bei Sybil, Edith und Henry Redvers in einer Ecke standen und den Tanzenden zusahen. "Sie sieht wirklich nicht gerade glücklich aus." Tatsächlich sah man Mary deutlich an, dass ihr der eine Tanz mit Henry Redvers gereicht hatte – leider schien Henry das anders zu sehen. Mr. Armstrong grinste mir kurz dankbar zu und verschwand dann schnell zu Mary. Zufrieden ging ich ihm langsam hinterher, um mich wieder zu Sybil zu gesellen.
Edward
Miss Allen hatte Recht – Mary war anscheinend nicht scharf darauf, nochmal mit Henry zu tanzen. Sie wollte einen anderen Tanzpartner – mich. Und den konnte sie gerne haben. Nach Miss Allens Hinweis ging ich sofort zu ihr. "Darf ich bitten?", fragte ich sie etwas schelmisch grinsend, hielt ihr meine Hand hin und neigte leicht den Kopf. Zu spät kam mir der Gedanke, wie dreist das war, wo Henry doch direkt neben uns stand, aber daran, wen von uns Mary lieber mochte, konnte ich schließlich nichts ändern. Ich hatte mich ihr ja nicht an den Hals geworfen.
Edith
Ich wusste selbst nicht, warum es mich überhaupt noch überraschte, dass ich nicht zum Tanzen aufgefordert wurde. Bald würde ich es komplett verlernen. Glücklicherweise schien es Sybil nicht anders zu gehen, denn sie stellte sich zu mir – und sie war schließlich sehr hübsch. Wie sie anmerkte, waren die Männer in der Unterzahl, was mich etwas beruhigte. "Wieso müssen gewisse Personen trotzdem nie befürchten, ohne Tanzpartner dazustehen?", fragte ich etwas verbittert zurück und sah zu Mary, die schon mit dem zweiten Mann an diesem Abend tanzte. Fast schon machte ich mir Hoffnungen, Henry könnte, nun dass er wieder frei war, mich auffordern.

Lady Mary
Ich hatte die Suche gerade aufgegeben, als Mr. Armstrong vor mir auftauchte, ein breites Grinsen auf seinem Gesicht. Er forderte mich tatsächlich zum Tanzen auf. Ich ließ mir nicht anmerken, wie sehr ich mir das gewünscht hatte und stellte meinen Drink auf einen nahen Tisch. "Sehr gerne", antwortete ich ihm lächelnd und nahm seine ausgestreckte Hand. Ohne einen Blick zurück auf Henry, der es sich anscheinend die Aufgabe gemacht hatte, mich den ganzen Abend zu begleiten, ging ich mit Mr. Armstrong auf die Tanzfläche. Auch er war ein geübter Tänzer, der anscheinend großen Spaß daran hatte. "Ich hätte nicht von Ihnen erwartet, dass sie gern tanzen, Mr. Armstrong", meinte ich mit einem genauso schelmischen Grinsen wie er eben zu ihm. Ich hatte wirklich schnell meinen Willen bekommen und war jetzt mit ihm hier.
Lady Sybil
Es tat mir wirklich leid, wie verbittert Edith hinter Mary hersah, die jetzt mit Mr. Armstrong die Tanzfläche eroberte. Ich lächelte meine Schwester breit an. "Unsere Zeit kommt auch noch. Ich werde jedenfalls nicht eher ins Bett gehen, bevor ich mit jemand anderem als Papa getanzt habe. Ich verstehe wirklich nicht, warum immer nur die Männer auffordern dürfen", meinte ich zu Edith und sah kurz zu Henry Redvers, der seinen Drink erschreckend schnell trank und Mary dabei nicht aus den Augen ließ. Er tat mir ein wenig leid. Mary wusste wahrscheinlich gar nicht, wie sehr sie ihn verletzt hatte. "Mr. Redvers? Haben Sie schon genug getanzt?", fragte ich ihn geradeheraus und er - ganz der Gentleman - konnte natürlich nicht nein sagen. Ich sah auffällig zu Edith, die ich nicht mehr traurig sehen wollte. Er schien meinen Wink zu verstehen, jedenfalls gab er sein leeres Glas an Jimmy und sah Edith mit einem Lächeln an. "Möchten Sie mit mir tanzen, Lady Edith?", fragte er höflich und ich war froh, wenigstens meiner Schwester einen schönen Abend zu bescheren. Zum Glück kam Lizzy wieder zu mir. "Hat dich der Tanz ein wenig aufgeweckt?", ärgerte ich sie lächelnd.
Henry
Ich konnte nicht anders, als enttäuscht mit meinem Blick Lady Mary und Edward über die Tanzfläche zu folgen. Ich versuchte mir einzureden, dass Mary nur aus Höflichkeit mit ihm tanzte. Schließlich hatte sie mir gesagt, dass sie sich lieber ausruhen wollte. Träum weiter. Ich war wirklich wütend auf Edward. Er wusste doch, wie sehr ich mich um Lady Mary bemühte. Dieses Mal müsste seine Entschuldigung schon anders ausfallen. Ich wollte mir gerade einen neuen Drink nehmen, als mich Marys Schwester ansprach. Normalerweise würde ich mit mehreren Damen tanzen, heute hatte ich darauf nur wenig Lust. Trotzdem hatte ich keine Wahl, als Lady Edith aufzufordern. Ich riss mich zusammen und lächelte sie an, schließlich wollte ich den ganzen Abend nicht nur mit schmollen verbringen, nur weil Mary einmal mit Edward tanzte. Ich führte Edith auf die Tanzfläche und vermied dabei einen Blick nach rechts zu Mary und Edward.

Edward
Breit lächelnd führte ich Mary auf die Tanzfläche, gerade rechtzeitig, bevor die Musik wieder einsetzte. "Tanzt denn nicht jeder gerne?", fragte ich und hoffte, mich nicht zu schlecht anzustellen. Lady Mary war wirklich keine Frau, der man beim Tanzen auf die Füße treten wollte und auch, wenn ich ein recht geübter Tänzer war – ihr merkte man an, dass sie öfter tanzte als ich und es vermutlich nicht nur von einem Freund hatte beigebracht bekommen so wie ich. Während wir tanzten, fiel mein Blick kurz auf Henry, der mittlerweile mit Lady Edith tanzte, aber ich wusste, dass das nicht das war, was er sich erhofft hatte. Er tat mir leid, und mir war klar, dass er dieses Mal wirklich sauer war. Trotzdem konnte ich nicht anders als es toll zu finden, hier mit Mary zu tanzen – einer wunderschönen, intelligenten Frau, die gut tanzen konnte und mit der einem nie Gesprächsthemen ausgingen. Jeder Mann würde das toll finden, jeder hätte genauso gehandelt wie du.
Lady Edith
Ich riss mich vom Anblick von Mary und Henry los. "Ich wünschte, ich wäre so optimistisch wie du", seufzte ich und nahm mir noch einen Drink. Ich würde es zwar nie laut aussprechen, aber ich hielt es für recht unwahrscheinlich, dass Sybil heute Abend noch aufgefordert wurde. Nicht, weil sie so hässlich war oder nicht tanzen konnte, sondern einfach aus dem Grund, dass sie so jung war und die Männer hier alle deutlich älter als sie. In deren Augen war sie wahrscheinlich keine potenzielle Tanzpartnerin. Lizzy knurrte ein "allerdings", das ich nicht einordnen konnte und als Sybil schließlich Heny ansprach, dachte ich fast, sie würde ihn jetzt zum Tanzen auffordern. Aber anscheinend war ihr Plan gewesen, mir einen Tanzpartner zu verschaffen. Ich war gleichzeitig peinlich berührt und dankbar. Natürlich wollte ich Henry nicht nerven, und es war glasklar, dass er an diesem Abend eigentlich mit niemandem außer Mary hatte tanzen wollen, aber alles war besser, als hier verloren rumzustehen. Also antwortete ich lächelnd mit einem "selbstverständlich", stellte ebenfalls meinen Drink ab und ging mit Henry zur Tanzfläche. Er vermied es zwar, den Kopf zu Mary und Henry zu drehen, aber seine Augen wollten dennoch ständig einen Blick auf die beiden erhaschen. "Kopf hoch, Mr. Redvers", sagte ich nach einer Weile. "Sie werden feststellen, dass sie auch an Mr. Armstrong nicht allzu lange Interesse haben wird. So ist sie nun mal. An Ihnen liegt es nicht." Ich hatte nicht wirklich vor, ihn zu trösten, ich wollte nur meine schlechte Laune mit jemandem teilen. "Außerdem dachte ich, ich hätte Sie vorgewarnt. Damals beim Basar."
Lizzy
"Ich fürchte, er hat mich noch müder gemacht", antwortete ich Sybil grinsend. Aber wenigstens tanzten Edward und Mary jetzt miteinander und sahen mehr als vergnügt aus. Jeden Tag eine gute Tat – auch, wenn sie manchmal die falschen Menschen betrifft. Sybil und Edith schienen beide zu hoffen, noch zum Tanzen aufgefordert zu werden, oder in Sybils Fall: jemanden auffordern zu dürfen. Ich musste über Sybils nahezu revolutionäres Denken grinsen, gab ihr aber recht. Was hätte ich darum gegeben, jetzt einfach Jimmy zum Tanzen auffordern zu können. Er hätte sicher nicht nein gesagt und konnte bestimmt gut tanzen. Nachdem Edith mit Henry zur Tanzfläche losgezogen war, entschuldigte ich mich kurz bei Sybil und ging auf Jimmy und sein Tablett voll Drinks zu, dass er gerade gegen eines mit leeren Gläsern ausgetauscht hatte. Ich warf ihm einen Hilfe es ist furchtbar hier und außerdem schlafe ich gleich im Stehen ein-Blick zu, den er hoffentlich verstand, nahm mir noch einen Drink und ging wieder zu Sybil zurück.

Lady Mary
"Ich kenne genug Männer, die lieber den ganzen Abend am Tischen sitzen und Zigarren rauchen würden", gab ich ihm zurück und grinste. Mr. Armstrong konnte es zwar nicht mit Henrys Tanzstil aufnehmen, trotzdem hatte er einfach nur Spaß und war bisher auch nicht auf die Füße getreten. Ich amüsierte mich wirklich, erkannte mich aber gleichzeitig nicht wieder. Schließlich ließ ich heute Abend den Erben eines Earls links liegen, um stattdessen mit seinem unbekannten Freund zu tanzen. "Wie wäre es, wenn wir nach der Jagd noch einen Ausritt machen, Mr. Armstrong?", fragte ich ihn dann einfach. "Sie schienen jedenfalls heute ihren Spaß gehabt zu haben und es gibt wirklich noch andere schöne Stellen von Downton, die ich ihnen gerne zeigen würde"
Henry
Anscheinend hatte ich meine Enttäuschung doch nicht so gut versteckt wie gedacht. Es war fast schon rührend, dass Lady Edith mich aufmuntern wollte. "Ich hoffe, Sie behalten recht. Und anscheinend hätte ich gut daran getan, auf ihre Warnung zu hören. Aber wie so viele Männer wollte ich nur das hören, was ich wollte", antwortete ich ihr mit einem entschuldigenden Lächeln. "Sie kennen Ihre Schwester schließlich besser als ich. Ist sie wirklich an Edward interessiert?" Warum sollte ich nicht noch mehr Nachforschungen anstellen, wo ich Edith schon einmal so nah bei mir hatte?
Lady Sybil
"Du hast wirklich allen Grund, ins Bett zu gehen, Lizzy. Mama wird dir nicht böse sein", meinte ich lächelnd zu ihr. So langsam waren ihre Augenringe wirklich auffällig. Außerdem würde es niemandem auffallen, wenn Lizzy jetzt ging. Nur Jimmy würde es wahrscheinlich schade finden. Ich beobachtete sie genau, als sie auf Jimmy zuging, sich aber mit einem neuen Drink gleich wieder in meine Richtung aufmachte. "Geh ins Bett", wies ich sie dann wieder wie eine Gouvernante an. "Du tust niemandem einen Gefallen damit, wenn du hier bald im Stehen einschläfst"

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