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Lady Mary
Sein Kompliment nahm ich lächelnd an, er war wirklich charmant. Und auch gegen einen Galopp hatte ich nichts einzuwenden. Im Gegenteil, ein wenig Geschwindigkeit wäre jetzt genau das richtige. "Ich bin ganz Ihrer Meinung, Mr. Armstrong", antwortete ich und trieb Diamond gleichzeitig an, sodass ich ein ganzes Stück vor ihm ritt. Fast schon übermütig drehte ich mich zu ihm und musste einfach lachen, als er gerade erst begann, aufzuholen. Die Streckenauswahl war wirklich perfekt. Ich lenkte Diamond so, dass wir schon bald auf ein paar Hindernisse und Sprünge treffen würden. Ich hatte mich selten so wohl in der Begleitung eines Mannes gefühlt - auch, wenn ich Mr. Armstrong nie für einen passenden Kandidaten für mich gehalten hätte. Vielleicht war es das, was mich so an ihm reizte. Schon bald hatte er mich eingeholt. Wie der Wind seine zuvor so ordentliche Frisur durcheinander brachte, lenkte mich kurz ab, sodass er überholen konnte. Grinsend ließ ich mich auf ein Wettrennen ein und trieb Diamond weiter an. Wenn das so weitergehen würde, würden wir erst heute Abend wieder zurück nach Downton kommen. Und ich hatte absolut nichts dagegen.

Edward
Bevor ich Marys Worte verarbeiten und Ablaze antreiben konnte, war sie schon losgeprescht und drehte sich lachend zu mir um. Ich konnte gar nicht anders, als auch zu lachen und ließ Ablaze so schnell angaloppieren, wie es mir möglich war. Nur zu gerne ließ ich mich auf das kleine Wettrennen ein und holte langsam auf. Als sie sich schließlich einen kurzen Augenblick zu lange zu mir umdrehte – was mich kurz aus der Fassung brachte –, hatte ich endlich die Möglichkeit, sie zu überholen. Schon bald kamen die ersten Hindernisse in Sicht, die ich zum Glück ohne Probleme nahm. Vor Lady Mary Crawley wollte ich wirklich nicht vom Pferd fallen. Selbige hatte ebenfalls keine Probleme mit den Sprüngen, sah aber so losgelöst und glücklich aus, dass ich kaum den Blick von ihr wenden konnte. Sie war eine ganz andere als beispielsweise im Salon von Downton. Nach einer Weile, in der wir noch einige Sprünge nahmen, parierte ich Ablaze durch. "Das war großartig", grinste ich etwas außer Atem, als schließlich auch Diamond neben mir langsamer wurde.

Lady Mary
Ich konnte nicht anders, als ihn ganz genau zu beobachten, während er die Hindernisse nahm. Und was ich sah, gefiel mir. Es dauerte eine Weile, bis wir wieder reden konnten. Auch, wenn ich immer noch außer Atem war und der Wind und die Sprünge meine Frisur ein wenig gelöst hatten. Ich erwiderte sein Grinsen ohne nachzudenken. "Das war es! Sie haben sich so eben eine Einladung zu unserem nächsten Jagdritt verdient. Ohne sie werde ich ganz bestimmt nicht mitreiten", versprach ich ihm gleich. In einem roten Mantel würde er sicher nur noch besser aussehen. Nachdem wir jetzt den Wald hinter uns gelassen hatten und uns auf einem kleinen Hügel befanden, hielt ich mein Pferd an. In der Ferne sah man Downton Abbey. "Wenn wir ins Dorf reiten, müssen wir uns nach rechts halten", erklärte ich ihm und zeigte mit ausgestreckter Hand in die Richtung, die ich meinte. "Auf dem Rückweg kann ich Ihnen gerne ein paar weitere Sprünge anbieten" Ich wandte mich ihm lächelnd zu und war mir bewusst, wie nah er jetzt war. Ablaze stand direkt neben Diamond und wenn ich wollte, hätte ich seine Hand nehmen können. Worauf ich durchaus Lust hatte. Lächelnd nutzte ich die Gelegenheit, während wir still standen, und richtete meine Frisur und den Kragen meines Mantels. In seiner Gegenwart wollte ich auf keinen Fall aussehen wie eine durch den Sturm gekommene Bäuerin.

Edward
"Dann kann ich natürlich nicht nein sagen", antwortete ich grinsend, als Mary mich zum nächsten Jagdritt einlud. Ich freute mich über jede Gelegenheit, die sich mir bot, sie zu sehen, auch, wenn sie noch in eher entfernterer Zukunft lag. Wir waren mittlerweile langsam auf einen kleinen Hügel geritten, von dem aus man eine fantastische Aussicht hatte. In der Ferne war das Haus zu sehen, umgeben von Wiesen, Feldern und Bäumen. Auch, wenn es klang, wie aus einem schlechten Roman: Ich konnte mich an der Aussicht gar nicht sattsehen. "Klingt verlockend", antwortete ich lächelnd – ich hatte das Gefühl, mich gerade erst eingesprungen zu haben, und jetzt, wo es so gut klappte, wollte ich auf jeden Fall nochmal springen. Mary richtete ihre Haare und ihren Mantel (was in meinen Augen vollkommen unnötig war, denn die zerzausten Haare und geröteten Wangen sahen wundervoll aus) und wir machten uns auf den Weg ins Dorf.
Lizzy
Beim Lunch würdigten Jimmy und ich uns keines Blickes. Es war zwar nicht leicht, aber mit der kommenden Nacht im Hinterkopf war es erträglich. Unsere Vorsicht wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn Mary tauchte nicht zum Lunch auf; ebenso wenig Mr. Armstrong, mit dem sie anscheinend ausgeritten war. Sieh an, dachte ich zufrieden, während ich meinen Pudding aß, auch Lady Mary Crawley steht auf Männer ohne Titel. Nach dem Essen gingen Sybil und ich gleich auf unsere Zimmer, um Hüte und Briefe zu holen, trafen uns dann in der Eingangshalle und gingen gemeinsam nach draußen.

Lady Mary
Die Zeit war so schnell vergangen, dass ich erst im Dorf anhand der Turmuhr der Kirche bemerkte, dass der Lunch auf Downton bereits seinem Ende zuging. Mama und Papa würden sich hoffentlich nicht allzu große Sorgen machen. "Ich habe gar nicht gemerkt, dass es schon Zeit zum Lunch ist", gab ich Mr. Armstrong gegenüber zu, während wir auf die Kirche und somit auch den Pub zuritten. Ich hatte meinen Hunger gar nicht gemerkt, denn augenscheinlich war ich mit ganz anderen Dingen beschäftigt. "Möchten Sie die Dorf-Führung vor oder nach unserem Getränk haben, Mr. Armstrong?", fragte ich ihn weiter. Allzu lang wollte ich mich hier nicht aufhalten - dem Trubel in den Dorf zog ich eindeutig die Abgeschiedenheit unserer Reitwege vor. Wahrscheinlich wäre es besser, nicht auch noch den Tee zuhause zu verpassen - ansonsten war es durchaus möglich, dass Mama die Polizei auf die Suche nach uns schicken würde. Dabei war ich erwachsen und durchaus in der Lage, auf mich selbst aufzupassen. Vor dem Pub ließ ich Diamond stehen. Von drinnen konnte man bereits laute Gespräche hören. Die Mittagszeit hatte nicht nur uns hierher gebracht.
Lady Sybil
Lizzy wartete bereits in der Eingangshalle auf mich, in der Hand einige Briefe. "Mama ist wirklich besorgt wegen Mary", fing ich an, ihr zu erzählen, denn ich kam gerade aus Mamas Zimmer. "In ihren Gedanken liegt sie irgendwo mit gebrochenem Genick in einem Graben, während Mr. Armstrong den Weg zurück zum Haus nicht findet" Ich grinste Lizzy an, denn Mama übertrieb maßlos. Wahrscheinlich hatte Mary einfach die Zeit vergessen. Wie schon zwei Tage zuvor schlugen wir den Weg ins Dorf ein. Jetzt, wo wir endlich ungestört reden konnten, brauchten wir keine lange Einleitung, um zum Thema zu kommen. "Wie war deine Nacht? Hast du es ihm gesagt?", wollte ich direkt wissen, als wir das Haus hinter uns gelassen hatten. Mir graute es schon davor, Lizzy gleich enttäuschen zu müssen, indem ich ihr von meinem fehlgeschlagenen Gespräch mit Mary erzählte.

Edward
Tatsächlich hatten wir den Lunch komplett verpasst – und das sagte nicht nur die Turmuhr, sondern auch mein Magen. "Warum nehmen wir nicht einfach den Lunch hier ein?", fragte ich, während wir vor dem Pub von unseren Pferden stiegen. "Ich habe jedenfalls ziemlichen Hunger – und danach widmen wir uns der Dorfführung", schlug ich lächelnd vor. Tatsächlich hatte Mary nichts dagegen einzuwenden, im Pub auch etwas zu essen. Drinnen war es laut, eng und stickig, aber es war für mich eine willkommene Abwechslung zu Downton Abbey. Nicht, dass es mir dort nicht gefiel, aber ich hatte in meinem Leben einfach schon mehr Mahlzeiten in Pubs eingenommen als in schicken Speisesälen. Der Wirt erkannte Mary anscheinend und sah gelinde gesagt etwas überrascht aus, aber er besorgte uns sofort einen Tisch am Fenster. Lächelnd ließ ich mich ihr gegenüber auf meinen Stuhl sinken. Das würde mir niemals jemand glauben – dass ich mit der Tochter des Earl of Grantham Lunch in einem Pub aß.
Lizzy
Ich konnte nicht gerade sagen, dass ich etwas dagegen hätte, läge Mary mit gebrochenem Genick in einem Graben. Es würde ein ziemlich großes Problem lösen. Aber natürlich konnte ich Sybil nicht ins Gesicht sagen, dass es mich nicht stören würde, wenn ihre Schwester tot wäre, und so grinste ich nur und sagte "die beiden sind bestimmt sehr beschäftigt". Auf dem Weg ins Dorf kamen wir natürlich wieder auf unser Lieblingsthema: Jimmy. "Ja, ich habe es ihm gesagt. Aber danach war es eine wirklich tolle Nacht", grinste ich und wurde dann wieder ernster. "Er ist natürlich nicht begeistert und wir werden jetzt vorsichtiger sein, aber... mehr können wir momentan nicht tun."

Lady Mary
Wie sollte ich so ein Angebot ablehnen? Um nach Downton zurückzukehren und einen verspäteten Lunch einzunehmen, wäre auch keine Lösung. Ich trat hinter Mr. Armstrong in dem Pub und musste erst einmal blinzeln, denn es war wirklich dunkel hier drinnen. Und laut. Und voll. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Während Mr. Armstrong auf den Wirt zuging und nach einem Tisch fragte, setzte ich meinen Zylinder ab und ordnete meine Haare. "Mylady!", sagte der Wirt nur im Vorbeigehen, während er uns an einen Tisch am Fenster führte. Ich lächelte ihn an und setzte mich dann. Natürlich lagen erst einmal die Blicke des gesamten Pubs auf uns. Ich ignorierte diese gekonnt und sah mein Gegenüber an. "Das war ein wirklich schöner Morgen. Wie beim letzten Mal bin ich von Ihren Reitkünsten mehr als beeindruckt", machte ich ihm ein Kompliment. Durch das Fenster konnte ich unsere Pferde sehen. Selbst meine eigene Mutter würde mich nicht wiedererkennen, wie ich hier in einem Pub saß und auf mein Essen wartete. Vor Mr. Armstrong wollte ich auf keinen Fall zeigen, wie außergewöhnlich es für mich war, hier zu sitzen. Er sollte mich nicht für einen Snob halten - das würde ihn nur vergraulen.
Lady Sybil
Besorgt sah ich Lizzy an. Es war richtig, ihm davon zu erzählen. Trotzdem hatte sich das Problem kein bißchen gelöst. "Aber die Sache mit Mary wird ihn nicht aufhalten, wieder zu dir zu kommen" Es war keine Frage. Jimmy schien es innerhalb kürzester Zeit gelungen zu sein, Lizzy komplett um den Finger zu wickeln - und etwas so waghalsiges zu tun, wie sich weiterhin mit ihm zu treffen, während meine Schwester nur zu gut davon wusste. "Bitte sei vorsichtig", bat ich sie und sah sie von der Seite an. Es war mir wirklich ernst. Mary konnte sehr fies sein, wenn sie es denn wollte. Mehr konnte ich zu dem Thema nicht sagen, denn Lizzy war alt genug, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Außerdem freute es mich auch, sie jeden Morgen so glücklich mit einem breiten Lächeln am Frühstückstisch zu sehen. Und wenn Jimmy Lizzy eben glücklich machte, dann wollte ich das auf keinen Fall zerstören.

Edward
"Ich bin beeindruckt, dass Sie beeindruckt sind", lächelte ich. "Ich glaube nicht, dass Ihnen irgendjemand das Wasser reichen kann, wenn es ums Reiten geht." Und in fast jeder anderen Hinsicht auch nicht. Mein Blick folgte Marys nach draußen zu unseren Pferden. "Außerdem habe ich auch ein wirklich tolles Pferd." Mary wirkte zwar anfangs nicht, als würde sie sich hier wohlfühlen, aber als der Wirt an unseren Tisch kam, um unsere Bestellung aufzunehmen, schien sie sich wieder gefasst zu haben. Ich beschloss, noch einen Schritt weiterzugehen, wenn wir schon hier waren und bestellte zwei Ales. Hoffentlich würde so nicht der Eindruck entstehen, ich wollte sie abfüllen – aber ich war wirklich gespannt auf ihre Reaktion zu Alkohol mitten am Tag und außerdem waren wir hier in einem Pub, da würde ich sicher kein Wasser trinken.
Lizzy
Ich seufzte. Natürlich wusste ich, wie riskant und blöd es war, Jimmy weiterhin zu treffen, aber ich würde Mary auf keinen Fall so viel Macht über mich geben, dass ich damit aufhörte, nur weil sie etwas gesehen hatte, das sie nicht mal beweisen konnte. "Natürlich bin ich vorsichtig", antwortete ich, das vorhin bestellte Buch im Hinterkopf, auch wenn Sybil vermutlich nicht das gemeint hatte. "Aber er wird trotzdem weiterhin kommen, ja." Schließlich waren wir im Dorf angekommen und entschieden, zuerst zur Post zu gehen. Mit gemischten Gefühlen gab ich meine Briefe auf. "Was musst du noch für Cora erledigen? Wir könnten noch im Pub etwas trinken gehen", schlug ich vor. Viel zu spät erinnerte ich mich daran, dass sie keine meiner üblichen Freundinnen war, sondern eine Lady. Aber eine, die sich für Frauenrechte starkmacht. "Also, wenn das nicht zu unschicklich ist für dich", fügte ich deshalb schnell hinzu.

Lady Mary
Ich grinste ihn an. "Sie sind wirklich unmöglich, Mr. Armstrong. Natürlich gibt es viele Reiter, die besser sind als ich. Aber danke. Und dass Ihnen Ihr Pferd gefällt, werde ich Lynch sagen" Der Wirt kam und ich wollte gerade ein Wasser für mich bestellen, als er mir das Wort abschnitt. Ich musste kurz schlucken, als er tatsächlich noch die Frechheit besaß, zwei Ales zu bestellen - also auch eines für mich. Unnötig zu sagen, dass ich noch nie eines getrunken und bis jetzt auch noch keinen Drang dazu hatte. Ich hielt das Lächeln in meinem Gesicht - bei Mr. Armstrongs Anblick war das auch nicht schwer. Der Wirt kam mit unserer Bestellung zurück und ich mied seinen Blick. Ich wusste selbst, wie komisch ich aussah: die teure Reitkleidung mit passendem Hut und vor mir auf dem Tisch ein Ale. Himmel, ich fühlte mich langsam richtig rebellisch, hier zu sitzen. Und Mr. Armstrong die Genugtuung zu geben, mein Ale zu verschmähen, wollte ich auf keinen Fall. Er würde mich nur auslachen. Wie eben nahm ich es als Wettbewerb und hob mein Getränk an. "Auf unseren Ausritt", sagte ich und grinste, während er das gleiche tat. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich mich leicht zu ihm nach vorn gelehnt hatte. Ich sah ihm direkt in die Augen und trank einen großen Schluck. Es schmeckte wirklich grässlich.
Lady Sybil
Ich wartete, während Lizzy ihre Briefe aufgab und sah den Leuten im Dorf bei ihren Erledigungen zu. Es dauerte nicht allzu lange und wir standen wieder draußen. "Ich muss nur für Mama einen Brief beim Pfarrer abgeben, mehr nicht", antwortete ich ihr lächelnd. Ihr Angebot, ein Getränk im Pub einzunehmen, musste ich nicht lange überdenken. "Eine sehr gute Idee. Ich habe nur leider kein Geld bei mir", entschuldigte ich mich, denn hier im Dorf brauchte ich eigentlich nie welches. Papa bezahlte sowieso alles für uns. Selbst wenn ich nur zur Post wollte, schrieben sie dort alles auf. "Und ich war noch nie im Pub hier", fügte ich dann noch hinzu, musste aber grinsen. Für Lizzy schien es ja ganz normal zu sein. Wieder einmal wurde ihr bewusst, wie anders mein Leben doch war. Wir gingen zuerst zum Pfarrhaus direkt neben der Kirche. War auch das erledigt, schlugen wir den Weg zum Pub ein.

Edward
Ich musste mir wirklich ein Grinsen verkneifen, als ich den schockierten Blick sah, den der Wirt Mary zuwarf. Mary selbst lächelte tapfer, trotz meiner Bestellung. Als unsere Ales kurz darauf an unseren Tisch gebracht wurden – ich hatte den Verdacht, dass es bei normalen Gästen etwas länger dauerte – hob Mary ihr Glas, um mit mir anzustoßen. "Auf unseren Ausritt", wiederholte ich und hob ebenfalls meinen Krug, "und auf das Glück, die richtige Begleitung zu haben." Ich nahm einen großen Schluck und beobachtete Mary genau. Wenn es ihr nicht schmeckte, so zeigte sie es jedenfalls nicht. Während wir unser Bier tranken, ließ ich meinen Blick über einige über der Bar angebrachten Tafeln schweifen, auf denen die Mittagsgerichte standen. Mittlerweile hatte ich wirklich großen Hunger.
Lizzy
"Super", grinste ich, "du wirst es lieben!" Da war ich mir seltsamerweise sogar sicher – Sybil war auf positive Art jemand, der gut in einen Pub passte. Ihr Auftrag war schnell erledigt und kurz darauf stieß ich die schwere Holztür zum Pub auf. Stickige Luft und der Geruch nach Alkohol und Essen schlugen uns entgegen. Es war wirklich voll – selbstverständlich, um diese Uhrzeit – aber wir schafften es noch, einen Platz nahe am Eingang zu finden. Während ich meinen Mantel aus- und meinen Hut abzog und mich setzte, fiel mein Blick aufs Fenster auf der anderen Seite des Pubs. Dort draußen standen Pferde. Und unter dem Fenster saßen zwei Personen, die mir nur zu bekannt vorkamen: Lady Mary und Mr. Armstrong. Die beiden holten anscheinend ihren verpassten Lunch nach – und sie hatten uns noch nicht bemerkt. Sybil saß mit dem Rücken zu ihrem Tisch und ich beschloss, ihr vorerst nichts von den beiden zu sagen. Sonst würde sie sich noch zu ihnen setzen wollen.

Lady Mary
Die richtige Begleitung hatte ich auf jeden Fall. Mit keinem anderen Mann wäre ich in einen Pub gegangen. Schnell stellte ich mein Glas wieder ab und nahm mir vor, es so schnell nicht wieder anzurühren. Es würde mein erstes und letztes Ale bleiben. Mr. Armstrong hingegen trank durstig. "Ich denke, langsam ist es an der Zeit, dass förmliche Sie sein zu lassen. Schließlich trinken wir gerade ein Ale zusammen. Du kannst mich gern Mary nennen", meinte ich dann beiläufig, auch wenn es eine recht große Sache war und definitiv ausdrückte, dass wir uns mittlerweile schon gut genug kannten, um uns duzen zu können. Ich lächelte ihn breit an. Bevor Edward antworten konnte, kam der Wirt höchstpersönlich mit unseren Bestellungen, die er uns lächelnd servierte. Ich vermied einen kritischen Blick auf meinen Teller - aber der Ausritt hatte mich wirklich hungrig gemacht und so aß ich nur zu gern, auch wenn es ein eher einfaches Gericht war. Trotzdem schmeckte es mehr als gut.
Lady Sybil
Neugierig sah ich mich im Pub um. Es war genau, wie ich es mir vorgestellt hatte - und es gefiel mir auf Anhieb. Vor allem, dass im Moment so viel los war. Zum Glück fanden wir noch einen Tisch. Nachdem ich alles ausgezogen hatte und saß, studierte ich die Getränkekarte vor mir. Es dauerte nicht lang und der Wirt kam zu uns. "Was darf es sein, die Damen?", fragte er breit lächelnd. Ich drehte mich zu ihm um. "Wir nehmen zwei Gläser Limonade", bestellte ich für uns. Er nickte nur leicht verdattert und zog zum Tresen ab. Ich meinte so etwas wie "Zwei an einem Tag" von ihm zu hören, verstand aber kein Wort davon. Egal. Ich wandte mich lächelnd Lizzy zu. "Bist du öfters in einem Pub? Ich hoffe, ich habe richtig für uns bestellt" Ich musste ziemlich laut reden bei dem Lärmpegel um uns herum.

Edward
Fast hätte ich mich an meinem Ale verschluckt, als Mary mir das Du anbot. Bevor ich etwas erwidern konnte, brachte der Wirt aber auch schon unser Essen. "Dann einen guten Appetit, Mary", wünschte ich ihr lächelnd und machte mich daran, mein Steak zu schneiden. Nun waren wir also schon beim Du... Das ging ja noch schneller, als ich dachte. Hoffentlich war es nicht der Alkohol, der ihr zu Kopfe stieg. Mary schien ihr Essen wirklich zu genießen, und das, obwohl sie Dank Mrs. Patmore natürlich eine ganz andere Küche gewöhnt war. Während dem Essen schwiegen wir größtenteils – immerhin waren wir beide regelrecht ausgehungert.
Lizzy
Sybil bestellte uns Limonade, was mir nur recht war. Der Wirt bedachte sie mit einem verwirrten Blick, was nicht verwunderlich war, weil er vermutlich vorhin schon eine weitere Lady bedient hatte, aber es schien Sybil nicht aufzufallen. "Zuhause regelmäßig, ja", antwortete ich ihr ebenso laut. "Wir trinken fast immer Limonade oder sowas, meine Eltern hassen es, wenn ich Alkohol trinke", erzählte ich weiter. "Und ich bin schon froh genug, dass sie mich überhaupt ins Pub gehen lassen." Es dauerte nur wenige Minuten, bis der Wirt uns unsere Getränke brachte und ich nippte vorsichtig an meinem vollen Glas, um nichts zu verschütten. Es war herrlich erfrischend.

Lady Mary
Während des Essens konnte ich nicht anders, als noch einen Schluck von meinem Ale zu sehen. Dieses Mal schaffte ich es leider nicht, mein Gesicht nicht zu verziehen. Wie konnte Edward davon nur solche Mengen trinken? Ich schob es jetzt endgültig an den Rand des Tisches und legte das Besteck beiseite, als ich meine Mahlzeit beendet hatte. "Wenn wir rechtzeitig vor dem Tee zurück sein wollen, sollten wir nicht zu spät aufbrechen. Schließlich müssen wir uns beide noch umziehen und ich denke, ein Bad wäre nachher genau das richtige" Schon jetzt war mein Rock voller Dreck. Bei weiteren Sprüngen auf dem Rückweg würde es nur noch mehr Flecken geben. Ich hoffte, Edward wollte nicht den ganzen Nachmittag hier im Pub verbringen. Mir reichte es nämlich langsam. Irgendwie war ich nämlich doch fehl am Platz. Ich würde die Führung durch das Dorf gleich auf das nötigste beschränken. Die meiste Wegstrecke könnten wir sowieso im Galopp zurücklegen. Obwohl ich eigentlich gar nicht zurück zu den anderen nach Downton wollte. Hier war ich wenigstens ungestört mit Edward. Aber auch der schönste Ausritt konnte ich nicht ewig dauern. Also sah ich ihn abwartend an und holte schon einmal meinen Zylinder wieder zu mir.
Lady Sybil
"Papa wird es nicht gefallen, wenn er von meinem Besuch hier erfährt", teilte ich Lizzy meine Befürchtungen mit - aber jetzt war es nun mal passiert und ich wollte es auch nicht rückgängig machen. Durstig nahm ich einen Schluck von meiner Limonade und war wirklich begeistert davon. "Wem hast du eigentlich noch geschrieben außer Paula?", fragte ich sie dann neugierig, denn das war mir eben in der Post aufgefallen. Wahrscheinlich ein paar ihrer anderen Freundinnen von zuhause. Bald würden auch wir wieder nur Briefe schreiben können, aber daran wollte ich noch nicht denken. Stattdessen nahm ich einen weiteren Schluck Limonade. Vielleicht sollte ich öfter herkommen. Die Frage war nur, mit wem, wenn Lizzy nicht mehr da war.

Edward
Nach dem Essen schien Mary es ziemlich eilig zu haben, aufzubrechen, und ich kam nicht umhin, mich zu fragen, ob das am Pub lag oder an mir. Da sie sogar schon nach ihrem Zylinder griff, gab ich dem Wirt ein Handzeichen. Natürlich war er wieder binnen Sekunden bei uns, sodass ich schnell zahlen und dann hinter Mary den Pub verlassen konnte. Die frische Luft draußen tat, so gut es mir drinnen auch gefallen hatte, wirklich gut und ich atmete tief ein. "Ich hoffe, ich habe dich nicht zu sehr überrumpelt mit dem Pub", sagte ich lächelnd und sah ihr forschend in die Augen. "Und mit dem Ale natürlich. Respekt, dass du fast das halbe Glas getrunken hast", fügte ich grinsend hinzu. Sie wirkte wirklich etwas durcheinander und ich wollte, dass der Rückweg genauso toll wurde wie der erste Teil unseres Ausritts. "Kommen die beiden mit zu unserer Dorfführung?", fragte ich, als wir wieder bei den Pferden angekommen waren und kraulte Ablaze den Schopf.
Lizzy
Solange es nur ein Pub-Besuch ist, den sie verheimlichen muss... Fast hätte ich mich verschluckt, als sie nach den Briefen fragte. Ich konnte ihr unmöglich die Wahrheit erzählen, sonst würde sie sich nicht nur verschlucken, so wie ich eben, sondern knallrot werden, sich panisch im Pub umsehen und dann einen Herzinfarkt bekommen. "Zwei anderen Freundinnen, aber nur Paula habe ich von Jimmy erzählt", schwindelte ich. "Den anderen beiden habe ich eher aus Höflichkeit geschrieben." Mein Blick wanderte wieder zum Fenster, wo Mary und Mr. Armstrong gerade bei ihren Pferden standen. Anscheinend hatten sie Sybil und mich nicht mal beim Verlassen des Pubs bemerkt. Als würde ich einen spannenden Film schauen, fixierte ich die beiden weiterhin und trank dabei meine Limonade. Sie sahen definitiv sehr vertraut aus.

Lady Mary
Ich blieb lächelnd bei den Pferden stehen und war wirklich froh, wieder draußen zu sein. Hier waren wenigstens nicht so viele Leute wie drinnen, die wild durcheinander redeten, sodass ich kaum mein eigenes Wort verstand. Es war wirklich sehr rührend von Edward, dass er sich solche Gedanken machte - nicht viele Männer waren so einfühlsam. "Mach dir um mich keine Sorgen, ich bin aus hartem Holz geschnitzt", antwortete ich und stimmte gleich in sein Grinsen ein. "Ich glaube ich muss nicht erwähnen, dass es mein erstes und letztes Ale gewesen ist. Nicht einmal du kannst mich auf den Geschmack davon bringen" Wie er kraulte ich abwesend Diamonds Schopf und dachte kurz nach. "Das kommt ganz darauf an, wie viel du sehen möchtest. Wenn dir eine grobe Führung zu den wichtigsten Punkte reicht, können wir das gerne während des Reitens tun. Sonst können wir die Pferde hier lassen. Der Wirt wird jedenfalls nichts dagegen haben" Ganz im Gegenteil.
Ich setzte vorsichtig meinen Zylinder auf, um meine Frisur nicht noch mehr zu zerstören und sah Edward an. Der Pub war seine Welt gewesen, jetzt konnte ich ihm wieder meine zeigen. Und auch wenn es im Dorf nicht sonderlich viel zu sehen gab, würde es allein deswegen eine schöne Zeit werden, weil er dabei war.

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