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Lizzy
Grübelnd spazierte ich durch die Kälte und bekam fast einen Herzinfarkt, als Jimmy plötzlich wie aus dem nichts vor mir auftauchte. Ich war viel zu versunken in meinen Gedanken gewesen, um ihn kommen zu sehen – anscheinend ging er mit Isis spazieren. "Guten Morgen, James", sagte ich ebenso förmlich wie er, aber ebenfalls grinsend. Dann bückte ich mich zu Isis hinunter und kraulte ihr zur Begrüßung den Kopf. "Und, was ziehst du vor – Hunde oder Tabletts?", fragte ich ihn, während wir uns nebeneinander gehend wieder etwas vom Haus entfernten. Trotzdem hielt ich einen sicheren Abstand zu ihm, falls uns gleich jemand über den Weg laufen sollte, der uns Probleme bereiten konnte und sah Isis hinterher, die herumtollte und an der Leine zerrte. Dennoch konnte ich nicht anders, als ihn ab und zu von der Seite zu betrachten.

Jimmy
Ich hielt den Hund fest an der Leine, während wir nebeneinander hergingen. "Eindeutig den Hund", antwortete ich ihr. "Der Hund beschwert sich nicht und ich bin Mr. Carson wenigstens für eine kurze Zeit los" Eine Weile schwieg ich dann, irgendwie war es doch ungewohnt, sich am Tag mit Lizzy zu unterhalten. Aber da mein Ausflug mit Isis nicht ewig lange dauern könnte, durchbrach ich die Stille. "Gestern Abend hast du gesagt, dass du gern mehr reisen würdest. Warum fährst du nicht heute Nachmittag nach Ripon?", schlug ich ihr vor und zwinkerte. "Denn wie es der Zufall so will, habe ich heute meinen freien Nachmittag" Ich blieb stehen und Lizzy gleich mit. Abwartend sah ich sie an, denn natürlich war mein Vorschlag ein wenig leichtsinnig. Aber auch wirklich verlockend. Erst heute Morgen hatte ich wieder in der Zeitung gelesen, dass es dort regelmäßige Tanznachmittage gab. Würde Lizzy zustimmen, könnte ich sie damit überraschen.

Lizzy
Ich lachte kurz über seine Kritik an Mr. Carson, denn natürlich war auch mir nicht entgangen, wie streng er mit den männlichen Angestellten umging. Während wir nebeneinander herliefen, schaute ich mich immer wieder um. Zwar konnte man uns, für den Fall, dass wir gesehen wurden, nicht vorwerfen, dass wir uns unterhielten, aber unangenehme Fragen konnte es dennoch aufwerfen. Als Jimmy dann auch noch vorschlug, seinen freien Nachmittag mit mir in Ripon zu verbringen, machte mein Herz ein paar freudige Sprünge mehr, als es sollte. "Ripon ist zwar nicht Paris, aber das wäre doch schon mal ein Anfang", grinste ich zustimmend und blieb vor ihm stehen. Wir mussten nur aufpassen, dass wir nicht gesehen wurden, aber warum sollte jemand aus dem Haus heute in Ripon sein? Natürlich sagte mein Verstand mir, dass es viel zu riskant war, aber wir hatten doch eh nur noch wenige Tage und wer wusste schon, wann wir uns wiedersehen würden.

Jimmy
Ich erwiderte ihr Grinsen sofort, als sie zusagte. Sie war wirklich so verrückt, wie ich es mir erhofft hatte. "Perfekt - komm einfach nach dem Lunch zum Marktplatz nach Ripon. Ich hole dich von dort ab", sagt ich schnell, bevor sie es sich noch anders überlegen konnte. Isis zog jetzt wieder in Richtung des Hauses und auch ich wusste nur zu genau, dass ich dort jetzt wieder gebraucht wurde. Ich hatte das Glück heute morgen schon wieder herausgefordert. "Ich muss jetzt gehen - aber ich sehe dich in Ripon" Ich grinste noch weiter, nahm aber nicht ihre Hand oder küsste sie auf die Wange. Das war schon einmal gründlich schief gegangen und wer wusste schon, ob Lady Mary nicht hinter dem nächsten Busch lauerte. Kurz zwinkerte ich ihr noch einmal zu, bevor ich schnellen Schrittes zum Haus zurückging, Isis wieder nach oben brachte und dann Thomas half, den Frühstückstisch abzudecken. Hoffentlich würde die Zeit bis heute Nachmittag schnell vorübergehen.

Lizzy
"Bis später", grinste ich und ging kopfschüttelnd in die andere Richtung weiter. Im Grunde genommen war er einfach nur dreist, und das schlimmste war, dass es mir auch noch gefiel. Die Stunden bis zum Lunch zogen sich. Natürlich erzählte ich Sybil von unserem Vorhaben – es konnte nicht schaden, wenn jemand eingeweiht war, immerhin könnte Mary ja bemerken, dass Jimmy und ich zur etwa selben Zeit außer Haus waren – und außerdem schrieb ich einen kurzen Brief an Paula; teils aus Langeweile, teils damit ihr auch ja nichts entging, was auf Downton passierte. Die Stunde vor dem Lunch verbrachte ich mit Lesen, wobei ich mich nicht wirklich konzentrieren konnte, und während des Essens saß ich wie auf heißen Kohlen, was Sybil ab und an mit einem Grinsen in meine Richtung quittierte. Nach dem Lunch verschwand ich so schnell wie möglich in mein Zimmer, um mich umzuziehen, und zwar alleine. Charlotte würde sich nur wundern, warum ich ein so schlichtes Kleid anzog: Ich wollte nicht erkannt werden, nicht mal als Frau aus der Oberstufe. Wehmütig löste ich meinen kunstvollen Haarknoten, den mir Charlotte heute Morgen gemacht hatte, und steckte meine Haare selbst hoch, sodass sie nicht mehr aussahen, als hätte ich die Hilfe einer Zofe gehabt. Abschließend betrachtete ich mich zufrieden im Spiegel – man konnte sich zwar noch mit mir sehen lassen, aber niemand würde auf die Idee kommen, dass ich von Downton Abbey kam. Nur für den Fall. Zum Glück schaffte ich es aus dem Haus, ohne von jemandem gesehen zu werden und machte mich mit klopfendem Herzen auf den Weg nach Ripon.

Jimmy
In Ripon war heute Markttag und dementsprechend viel los. Ich war gerade mit dem Bus angekommen und lief jetzt über den Marktplatz. Thomas hatte mir einen schönen Nachmittag gewünscht, als ich eben aus dem Haus gegangen war. Noch hatte ich ihm nichts davon erzählt, dass ich den Nachmittag nicht allein verbringen würde. Das konnte ich heute Abend tun, wenn alles gut gelaufen war. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass wir hier erkannt werden würde, war extrem gering. Dort, wo ich mit Lizzy hin wollte, würde niemals eine andere Lady hingehen. Der Tanz war für Dienstboten, Bauern und andere aus den unteren Klassen. Ich hatte das Gefühl, dass Lizzy damit kein Problem haben würde. Wahrscheinlich würde sie das alles furchtbar aufregend finden. Seitdem ich sie auf dem Ball mit einem anderen Mann hatte tanzen sehen, wollte ich ihr zeigen, wie viel besser es mit mir war. Und die Möglichkeit war schneller gekommen, als gedacht. Ein letztes Mal strich ihr mir die Haare unter meiner Mütze zurecht und positionierte mich dann in der Nähe der Post, von wo ich einen guten Überblick hatte. Ich hatte ja keine Ahnung, wie sie hierher kommen würde. Mit dem Auto und ihrem Chauffeur? Oder war sie so verrückt und hatte den Bus genommen? Hoffentlich würde sie den Weg finden. Sie war ja noch nie in Ripon gewesen.

Lizzy
Meine einzige Möglichkeit, unabhängig von jemandem, der mich verraten könnte, nach Ripon zu kommen, war ein Bus, denn ich hatte wenig Lust, mir die Füße wund zu laufen. Zum Glück musste ich nicht lange warten – ich hatte keine Ahnung, zu welchen Uhrzeiten die Busse hier fuhren, aber ich schien Glück gehabt zu haben. Bevor ich ausstieg, richtete ich mit Hilfe der Fensterscheibe meine Frisur. Draußen verschaffte ich mir einen kurzen Überblick über den Marktplatz. Es dauerte nicht lange, bis ich Jimmy vor der Post stehen sah. Zielstrebig drängte ich mich durch die vielen Marktbesucher unter Einsatz meiner Ellenbogen zu ihm durch.

Jimmy
Ich erkannte sie sofort - trotz des schlichten Kleids und der anderen Frisur. In meinen Augen sah sie sowieso ohne die ganzen strengen Frisuren und protzigen Kleider viel hübscher. Ich ging ein paar Schritte auf sie zu und grinste breit. "Hallo, Lizzy", begrüßte ich sie, denn heute Nachmittag würde ich sie nicht 'Miss' nennen müssen. Ich bot ihr meinen Arm an. "Bereit für ein wenig Spaß?", ärgerte ich sie, denn sie hatte ja noch immer keine Ahnung, was ich mit ihr vorhatte. Ich schlenderte los und sah sie von der Seite an. "Du siehst übrigens mehr als hübsch aus", machte ich ihr ein Kompliment und zog sie ein wenig näher zu mir. In den Augen der anderen hier waren wir nur ein junges Paar - nicht der Dienstbote und das Mädchen aus der Oberschicht. Zum ersten Mal mussten wir uns nicht verstecken - und das gefiel mir sehr.

Lizzy
"Wenn du das so sagst, bekomme ich fast Angst", grinste ich und nahm seinen Arm. Aus Gewohnheit sah ich mich schon wieder nach uns bekannten Gesichtern um, aber natürlich war niemand mir Bekanntes zu sehen. Ich musste diese Paranoia irgendwie loswerden, schließlich waren wir hier, um uns zu amüsieren. Ich hätte mich eigentlich befreit fühlen müssen, weil wir uns hier nicht verstecken mussten, aber es war so ungewohnt, dass ich mich trotzdem etwas komisch fühlte. "Wohin gehen wir?", fragte ich nach ein paar Minuten neugierig und reckte den Kopf, um über die Menschen, die uns umgaben, sehen zu können. Manchmal hätte ich wirklich nichts dagegen, zwei Zentimeter größer zu sein.

Jimmy
Ich spürte ihre Anspannung - die aber gleich sicher verfliegen würde, wenn wir im Tanzsaal angekommen wären. Ich hatte schon darauf gewartete, dass sie nach unserem Ziel fragen würde. "Dorthin, wo es Spaß gibt", antwortete ich vage. "Es wird dir sicher gefallen, vertrau mir", fügte ich noch grinsend hinzu. Ich konnte die Eingangstür schon erkennen, war aber natürlich auch etwas größer als Lizzy. Als wir endlich ankamen, hörte man bereits die Musik. Wir waren nicht die einzigen, die in den Saal stürmten. Neugierig auf ihre Reaktion sah ich sie von der Seite an. "Ist mir die Überraschung gelungen?", fragte ich, während wir die Stufen nach oben nahmen. Niemand warf uns auch nur einen zweiten Blick zu. Dass wir hier drin sicher waren, sollte selbst Lizzy einsehen. Ohne großartig abzuwarten, betrat ich den Tanzsaal und zog sie auf die Tanzfläche.

Lizzy
Jimmy gab sich sehr geheimnisvoll, bis wir bereits direkt vor einer Tür standen – einem großen Plakat konnte ich entnehmen, dass hier heute ein Tanztee stattfand. Ein Tanztee! Ich hatte schon lange nicht mehr getanzt – also, so richtig getanzt, denn das auf Downton war kaum mehr gewesen als ein gelegentlicher Schritt nach rechts oder links. Bevor ich meiner Freude Luft machen konnte, hatte Jimmy mich auch schon auf die Tanzfläche gezogen. "Allerdings!", antwortete ich ihm strahlend, wenn auch etwas verzögert, und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Hier drin zwischen all den tanzenden Menschen waren wir so sicher wie wahrscheinlich sonst nirgendwo.

Jimmy
Ihr Gesichtsausdruck war Antwort genug - ich hatte sie selten so strahlend gesehen. Also grinste ich sie nur an, nahm sie enger in den Arm und tanzte mit ihr. Sie sollte gleich merken, dass ich es sehr wohl mit all den Schnöseln von Bällen auf Downton aufnehmen konnte. Das Stück war schnell, aber gerade das gefiel mir. Auch Lizzy kam damit mehr als gut klar - wie langweilig mussten dann die langsamen Tänze und Walzer auf ihren Tänzen sein. Es fühlte sich verdammt gut an, sie auch hier mitten am Tag in den Armen halten zu können. Sie konnte mich küssen, ohne das uns jemand schief ansah. Warum konnten wir nicht jeden Nachmittag zusammen tanzen? Ich ließ Lizzy nicht aus den Augen, während ich gleichzeitig aus den Augenwinkeln heraus die anderen Paare beobachtete, um nicht mit ihnen zusammenzustoßen. Denn eng war es hier wirklich etwas. Ich grinste sie an und küsste sie dann selbst auf die Wange - einfach, weil ich es konnte.

Lizzy
Jimmy war ein wirklich guter Tänzer, aber das überraschte mich wenig. Umso mehr genoss ich es, mit ihm Foxtrott zu tanzen und mich dann und wann von ihm von ihm küssen zu lassen – ohne, dass es irgendjemanden interessierte oder störte. Das Leben konnte so einfach sein, wenn man von niederem Rang war, dachte ich grinsend. Nachdem wir ein paar Lieder durchgetanzt hatten, setzten wir uns atemlos an einen freien Tisch, der gerade in unserem Blickfeld frei wurde. Ich war das Tanzen überhaupt nicht mehr gewöhnt und dementsprechend erschöpft. "Machst du das öfter?", fragte ich Jimmy herausfordernd und sah ihm über den Tisch in die Augen. Er sah einfach unglaublich aus mit den leicht geröteten Wangen und glänzenden Augen.

Jimmy
Nach ein paar Tänzen war Lizzy außer Atem und auch ich hatte nichts dagegen, etwas zu trinken. Ich lehnte mich über den Tisch in ihre Richtung. "Das Tanzen? Natürlich. Everyone likes dancing" Ich grinste sie an. Wir müssten aufpassen, dass wir nicht den ganzen Abend durchtanzten. Ich musste pünktlich wieder da sein, um das Dinner zu servieren. Und Lizzy, um es zu essen. Ich griff über den Tisch nach ihrer Hand und hielt sie einfach grinsend fest. Mit meiner freien Hand winkte ich einem der Kellner zu. "Was möchtest du trinken?", fragte ich sie, in denselben herausfordernden Ton. Ein einfacher Tee wäre mir viel zu langweilig. Aber ich würde sie wählen lassen. Ein paar Strähnen hatten sich aus ihrer Frisur gelöst, was mir gefiel. So sah sie viel mehr aus, wie ich sie von unseren Nächten her kannte. Auch ihre leuchtenden Augen sah ich ansonsten tagsüber, wenn sie mit den anderen in der Bibliothek Tee trank oder abends mit einer anderen Lady redete, eher nicht.

Lizzy
"Ahnungslose Frauen zum Tanzen ausführen", korrigierte ich ihn grinsend und drückte seine Hand kurz. Bei der Getränkefrage jedoch musste ich kurz überlegen. Jimmy wollte sicherlich keinen Tee trinken, oder zumindest keinen, der nicht noch etwas Besonderes enthielt. Mir war eigentlich auch nicht nach Tee, der erinnerte mich irgendwie zu sehr an die Bibliothek von Downton Abbey. "Ich denke, ich nehme ein Ale", antwortete ich. Wahrscheinlich würde ihn eh kaum noch etwas an mir überraschen. Außerdem wusste ich nicht, wann ich wieder die Gelegenheit bekommen würde, Ale statt Lord Granthams Teemischung zu trinken.

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