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Jimmy
Ich biss die Zähne zusammen, um nicht meiner Wut freien Lauf zu lassen und laut die Treppe hochzustampfen. Wie auch immer schaffte ich es unbemerkt in mein vorübergehendes Zimmer. Thomas lag natürlich in seinem Bett und schlief. Ich warf die Livree, die ich mir beim Hinausgehen aus Lizzys Zimmer noch geschnappt hatte, voller Wucht auf mein Bett, zog mir dann das Hemd aus und wusch mich mit dem kalten Wasser in der Schüssel. Mein Verstand fühlte sich wie benebelt an - sollten das wirklich noch die Nachwirkungen von diesem scheußlichen Schluck Schnaps sein? Ich musste den Geschmack in meinem Mund loswerden. Gierig trank ich die Wasserflasche auf meinem Nachttisch leer, bevor ich mich endgültig umzog. Erst, als ich im Bett lag und die Zimmerwand anstarrte, realisierte ich, dass es endgültig vorbei war. Was hatte ich mich nicht in Schwierigkeiten für diese Frau gebracht, die mich bis eben noch so fasziniert hatte. Zum Glück fuhr sie morgen ab und ich würde sie hoffentlich nicht so schnell wiedersehen.

Lizzy
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, konnte ich mich nicht mehr erinnern, wann ich eingeschlafen war, aber anscheinend war es passiert. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, warum irgendetwas anders war – Jimmy lag nicht neben mir. Und ich war ausgeschlafen. Während mir Charlotte kurz darauf noch ein letztes Mal beim Anziehen half und noch einmal Wunder mit meinen Haaren vollbrachte, redete ich so viel belangloses Zeug wie nur möglich mit ihr, um nicht an gestern Abend zu denken. Wenn es gut lief, musste ich ihn heute nur noch ein Mal kurz sehen, wenn er unsere Koffer zum Auto brachte und dabei hoffentlich die Treppe hinunterfiel und sich alle Knochen brach. Nach dem Frühstück, bei dem er wie erwartet nicht auftauchte, ging ich noch ein vorerst letztes Mal in mein Zimmer, wo Charlotte meine Koffer schon gepackt hatte. Ich hätte gerne noch mit Sybil über alles geredet – sie war in den letzten Tagen deutlich zu kurz gekommen, hatte aber Verständnis dafür gehabt, dass ich nicht reden wollte und erwartete dafür nun meine Briefe, bis wir uns wiedersahen.

Jimmy
Ich kommentierte Thomas' nachfragende Blicke mit einem gebrummten "Später" und machte mich verbissen an meine Arbeit. Zum ersten Mal war ich annähernd ausgeschlafen. Im Gegensatz zu gestern war ich mehr als froh, das Frühstück durch das Kofferschleppen für die Allens zu umgehen. Es tat gut, meine Wut in Kraft umzuwandeln und einen schweren Koffer nach unten zum Auto zu schleppen. Lizzys Koffer holte ich ohne große Emotionen als letztes - so, als ob dieses Zimmer in mir keinerlei Erinnerungen auslösen würde, genauso wie ihr Koffer. Vor einer Woche hatte ich ihr noch einen vielversprechenden Zettel geschrieben. Wie sehr hatte ich mich nur in ihr geirrt. Charlotte war bereits dabei, die Bettwäsche zu wechseln. Lizzy Allen war in diesem Haus erstmal Geschichte.Vielleicht ein wenig härter als nötig schwang ich ihren Koffer auf die Ablage hinten am Auto. Ich war früh dran, sie waren noch im Haus, während ich die Koffer festband und dann schon einmal meinen Platz neben der Tür einnahm, wo Carson und Thomas bereits warteten.
Lady Mary sah aus, als ob die Verabschiedung der Allens unter ihrer Würde war, als sie als erste aus dem Haus kam, gefolgt von Lord und Lady Grantham und Lizzys Eltern. "Ich freue mich jetzt schon auf deinen ersten Brief, Lizzy", hörte ich Lady Sybil sagen, als sie neben Lizzy aus dem Haus kam. Ich ließ meinen Blick über sie streifen. Fast hätte ich es geschafft, ihr vorerst aus dem Weg gegangen zu sein. "James!", kam Carsons Stimme und ich ging gezwungenermaßen vor, um ihnen die Tür aufzuhalten.

Lizzy
Viel zu schnell war es wieder Zeit, mich von Sybil zu verabschieden, die anscheinend gespannt war, was in den letzten Tagen mit mir losgewesen war, und das zu recht. "Das wird sich ändern, wenn du ihn liest", versicherte ich ihr, lächelte aber und umarmte sie. Ich wollte unbedingt so bald wie möglich wieder hierher kommen, hatte aber keine Ahnung, wie ich Jimmy wieder unter die Augen treten sollte. Es war schon unangenehm genug, dass er mir jetzt die Autotür aufhielt. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen – so wie sich das eben normalerweise gehörte bei einem Diener – stieg ich ins Auto ein und winkte Sybil nochmal kurz zu, ehe das Auto außer Sichtweite des Hauses kam. Ich war absolut entschlossen, Jimmy zu vergessen, oder wenigstens zu hassen, wenn ich noch an ihn dachte. Was mir nach gestern Abend sicherlich nicht schwerfallen würde.

Jimmy
Ich verschwand, sobald es sich für uns Diener gehörte, ins Haus. "Endlich wird hier wieder etwas Ruhe einkehren", hörte ich Lady Mary von hinten zu jemandem sagen, bevor ich in den Speisesaal verschwand und das dreckige Geschirr stapelte. Es fühlte sich verdammt komisch an, dass ich mich nicht auf den Abend freuen konnte. Dass ich einfach brav in meinem eigenen Bett schlafen würde. Die Vorstellung war langweilig. Und deprimierend. Vielleicht sollte ich mich doch bei einem der Dienstmädchen anstrengen. Aber dazu hatte ich im Moment überhaupt keine Lust. Von Frauen - und ihren Launen - hatte ich erstmal genug. Mehrmals lief ich in die Küche, bis alles unten war. Vor dem Lunch brauchte ich dringend eine Pause. Ich schnappte mir alles zum Rauchen, verschwand durch den Dientsboteneingang und lehnte mich an die Wand. Ich zog wütend an der Zigarette und versuchte, nicht an sie oder den Streit gestern zu denken. Ich hörte Schritte aus dem Gang hinter mir und richtete mich gerade mit einem. "Ich komme ja schon wieder, Mr. Carson" auf, als Thomas aus der Tür trat. Sofort entspannte ich mich wieder und bot ihm eine Zigarette an.

Thomas
Ich musste schmunzeln, als Jimmy mich für Mr. Carson hielt. Er war wirklich durcheinander, und ich wollte jetzt herausfinden, warum. Wenn mein Gefühl mich nicht täuschte, und das tat es selten, hatte das alles nämlich etwas mit Miss Allen zu tun. Dankend nahm ich die Zigarette, die er mir anbot, und zündete sie an seiner an. "Also", fing ich an, "was ist los?" Ich sah ihn forschend an und auch, wenn das natürlich gemein war, hoffte ich, dass es im negativen Sinne mit Miss Allen zu tun hatte. Sie war zwar weg, und das war erstmal gut, aber sie konnte ja wiederkommen. Bevorzugt aber nicht, bevor ich Jimmy nicht etwas besser kennengelernt hatte. Die Woche, in der er in meinem Zimmer gewohnt hatte, war zwar eine gute Gelegenheit dafür gewesen, aber dennoch einfach zu kurz. Außerdem hatten wir durch die Gesellschaft zu viel zu tun gehabt, um wirklich Zeit außerhalb der Arbeit miteinander zu verbringen. Aber das musste sich jetzt ändern.

Jimmy
Wieder lehnte ich mich an die Wand und sah leicht zu Thomas auf. Wo er mir jetzt so nah war, würde er sicher den leicht sichtbaren, roten Abdruck auf meiner Wange erkennen. Ich wusste nicht, wie er jetzt aussah - heute Morgen jedenfalls war er im Spiegel nur leicht erkennen zu gewesen. "Wir hatten einen Streit. Ich habe allerdings immer noch nicht verstanden, warum. Sie wollte nicht, dass ich ihr nah komme - aber nie hat sie mir gesagt, warum. Dann ist eines zum anderen gekommen und sie hat mir eine Ohrfeige gegeben. Keine Ahnung, was in sie gefahren ist. Sie ist plötzlich zu einem Biest geworden", erzählte ich ihm. "You know what women can be like", fügte ich dann noch hinzu, nahm einen Zug von meiner Zigarette und sah wieder zu ihm. Wütend ließ ich den Zigarettenstummel auf den Boden fallen und trat ihn aus, bevor ich mir die nächste ansteckte.

Thomas
Diese Neuigkeiten waren noch erfreulicher, als ich erwartet hatte. Denn so wie Jimmy es beschrieb, war der Streit Miss Allens Schuld gewesen und im besten Falle wollte Jimmy jetzt eh nichts mehr mit ihr zu tun haben, egal, ob sie zurückkam oder nicht. Ich nickte wissend, auch, wenn ich keine Ahnung hatte, was man jemandem in diesem Fall riet oder was Jimmy mit seinem letzten Satz gemeint hatte. Das war einfach nicht mein Terrain. Seins aber schon, so wie es gerade klang. Er rauchte direkt die nächste Zigarette und wirkte wirklich mitgenommen. "Im Endeffekt sind diese Menschen alle gleich, vor allem wenn sie jemanden wie uns nicht mehr brauchen", sagte ich verächtlich zwischen zwei Zügen an meiner Zigarette. Ich musste ihn irgendwie noch mehr gegen Miss Allen aufhetzen, und zwar ohne, dass es zu auffällig wurde. Aber so wütend wie er gerade war, würde das sicherlich keine große Herausforderung sein.

Jimmy
"Dabei habe ich jeden Abend meine verdammte Arbeit für sie riskiert. Und im Endeffekt war es eine reine Verschwendung" Es war gut, dass Thomas auf meiner Seite stand. Und dass ich mit ihm offen über Lizzy reden konnte. Erst jetzt merkte ich richtig, dass Thomas mehr war als ein einfacher Kollege. "Zum Glück ist sie jetzt erstmal für längere Zeit weg. Von Frauen habe ich erstmal genug" Wütend ballte ich die Faust und zog meine Livree glatt. Auch wenn der Alltag ohne meine nächtlichen Abstecher sicher eintönig sein würde, hatte ich nichts dagegen. Kurz grinste ich Thomas an. "Wenigstens besteht dann in nächster Zeit nicht die Gefahr, dass ich bei der Arbeit einschlafe"

Thomas
In meinen Augen war es keine Verschwendung gewesen, immerhin hatte er ja doch alle anderen Nächste mit ihr verbracht – aber natürlich konnte ich ihm das nicht sagen. "Das war wirklich undankbar von ihr", stimmte ich ihm daher zu. Sein nächster Satz allerdings ließ mich aufhorchen. Von Frauen habe ich erstmal genug. Sollte das etwa... ein Hinweis sein? Ich musste jetzt vorsichtig sein und nichts überstürzen, sonst würde ich ihn verschrecken. Für den Fall dass er doch so war wie ich. Denn das konnten wir niemals laut sagen. "Das habe ich mir auch irgendwann gesagt", antwortete ich daher nur mit einem leichten Grinsen, als hätte ich schon jede Menge Erfahrungen mit Frauen gemacht und es sei mir einfach nur irgendwann zu blöd geworden. "Genau richtig, immer positiv denken", grinste ich gerade, als Mr. Carson Stimme und damit die Arbeit uns laut und vernehmlich rief. Genervt das Gesicht verziehend trat ich meine Zigarette aus. Es war doch gerad erst interessant geworden... Ich nickte Jimmy noch einmal zu und verschwand dann schnell nach drinnen.

Jimmy
Ich erwiderte Thomas' Grinsen und richtetet mich jetzt wieder auf - dieses Mal aber war es wirklich Carson. Ich folgte Thomas. Carson nahm uns gleich in Beschlag. "Der Lunch wird gleich serviert - also sollten Sie beide eigentlich oben sein", sagte er. Ich stellte mich auf einen entspannten Lunch ein, waren jetzt doch nur die Crawleys da. Schon jetzt wirkte das Haus viel ruhiger. Ich nahm meinen Platz ein, zog die weißen Handschuhe über und sah Thomas an. "Wir könnten heute Abend Karten spielen", bot ich ihm an, während ich mich noch schnell die Haare richtete und die Crawleys dann den Raum betraten. Ich hoffte, Thomas würde so merken, dass ich mich bei ihm für sein Verhalten in der letzten Woche bedanken wollte.
Lady Mary
Es war wirklich erleichternd, dass die Gäste abgereist waren. Die letzten Tage waren wirklich peinlich gewesen - ich hatte Henry und Edward so gut es ging gemieden. Ich war bei Granny zum Lunch oder bei Lord Merton zum Dinner. Nur, um den beiden aus dem Weg zu gehen. Den Rest der Zeit hatten wir höfliche Konversation betrieben, mehr aber auch nicht. Ich brauchte erst einmal Abstand, zu beiden. Als sie gestern zusammen abgereist waren, schienen sich die beiden immer noch nicht vertragen zu haben. Froh über die Ruhe im Haus ging ich neben Sybil zum Lunch. Zwar musste ich jetzt wohl oder übel wieder mehr Zeit mit Edith verbringen, aber im Moment war mir sogar das lieber als zwei Männer, die sich mir an den Hals warfen. Als die beiden angekommen waren, hätte ich nie gedacht, am Ende ihres Aufenthalts so zu denken. Aber Henry hatte sich als ausgesprochen anhänglich und anstrengend erwiesen, und Edward... Nun ja, das war komplett aus dem Ruder gelaufen. Zum Glück war auch Elizabeth abgereist. Ihre Anwesenheit hätte meine Laune nur weiter verschlechtert. Ich hörte Sybil mit halbem Ohr zu und plante meinen ersten freien Nachmittag.

Thomas
Beim Dinner war endlich wieder weniger los, da nun alle Gäste abgereist waren, aber mit der Aussicht auf einen Abend mit Jimmy konnte ich meinen Feierabend dennoch noch weniger erwarten als sonst. Als wir schließlich auch die letzten Platten in die Küche gebracht hatten, bot ich mich an, ein Kartenspiel aus meinem Zimmer zu holen, nahm bei der Gelegenheit noch Zigaretten und ein Feuerzeug mit und ging so zügig wie möglich wieder nach unten. "Was für ein Tag", seufzte ich, als ich mich neben Jimmy setzte, ausgiebig streckte und die Karten mischte. "Das Haus ist immer noch voll genug, wenn es leer ist." Ich zündete mir eine Zigarette an und hielt Jimmy die Schachtel hin.

Jimmy
Ich wartete bereits am Dienstbotentisch, vor mir eine Tasse Kakao von Daisy. Mr. Carson war gnädig gewesen - wahrscheinlich war er auch einfach nur erschöpft von den vielen Gästen - und hatte uns recht früh in den Feierabend geschickte. "Aber es ist immer noch entspannter, wenn nur die Familie da ist. Und es überrascht mich selbst, dass ich es sage: Aber ich habe im Moment nichts gegen ein bißchen Ruhe", meinte ich grinsend, nahm mir eine Zigarette und sah in meine Karten. Außer uns saßen noch ein paar Dienstmädchen am anderen Ende des Tisches - aber so weit weg, dass wir ungestört reden konnten. Ich lehnte mich im Stuhl zurück und spielte meine erste Karte. "Ich glaube ich gewinne heute. Glück im Spiel, Pech in der Liebe - so sagen es doch alle, nicht wahr?"

Thomas
Daisy brachte mir ebenfalls eine Tasse Kakao, die ich dankend entgegennahm. Eigentlich fand ich nicht, dass ich in der Position war, Daisy danken zu müssen, aber in Jimmys Gegenwart konnte es nicht schaden, selbst zu ihr freundlich zu sein. "Also ich hätte nichts gegen Pech im Spiel, wenn ich dafür Glück in der Liebe hätte", sagte ich lächelnd, als wir unser Spiel begonnen. Ich konnte nur hoffen, dass er im Hinblick auf Miss Allen nicht wirklich von Liebe sprach. Tatsächlich gewann er die Runde aber. "Deine Talente scheinen grenzenlos zu sein", lobte ich ihn, während ich mir eine neue Zigarette anzündete und daraufhin die Karten wieder neu austeilte.

Jimmy
Breit grinsend über meinen Sieg trank ich einen Schluck Kakao. "Anscheinend haben Sie heute ja Pech im Spiel - vielleicht wird es mit der Liebe ja doch was", meinte ich und nahm meine Karten. "Haben Sie nie die richtige gefunden, Mr. Barrow?", fragte ich ihn dann weiter in Bezug auf sein Pech in der Liebe. Es war ja auch eher schwer für Dienstboten wie uns, jemand außerhalb des Hauses kennenzulernen - wenn man den ganzen Tag bis spät in die Nacht immer an das Haus gefesselt war, konnte man Verabredungen vergessen. Und mittlerweile glaubte ich, dass ich Thomas auch solche Fragen stellen konnte. Schließlich wusste er von meinem Liebesleben auf Downton so einiges.

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