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Thomas
Einige Minuten stand ich einfach nur so da und genoss das Gefühl von seiner Haut unter meinen Fingerspitzen. Es schien ihm tatsächlich nichts auszumachen und ich musste unwillkürlich lächeln. Das war doch ein ziemlich eindeutiges Zeichen, oder? Nach einem schnellen, modernen Stück hörte er schließlich auf zu spielen und drehte sich um, weil er seine Hand kühlen wollte. Fieberhaft versuchte ich, sein Verhalten zu deuten. Wenn er ein Problem damit gehabt hätte, dass ich ihn angefasst hatte, dann hätte er das doch früher gesagt, und nicht erst nach fast einer Viertelstunde, oder? Vielleicht wollte er das Risiko nicht erhöhen, dass wir trotz der späten Uhrzeit hier unten erwischt wurden oder er war selbst über seine Gefühle verwirrt. Ja, so musst es wohl sein – dieses Gefühl hatte ich früher nur allzu gut gekannt. "Das kann sicher nicht schaden", sagte ich deshalb leise und lächelte. Einen Moment blieb ich noch genauso stehen, mit diesem geringen Abstand zwischen uns, dann wandte ich mich zum Gehen. "Ich werde ins Bett gehen, es war ein anstrengender Tag", sagte ich, wünschte ihm eine gute Nacht und machte mich auf den Weg in unser Zimmer. Ich musste ja an einem Abend nicht zu viel riskieren. Aber während ich mich wusch und umzog fühlten meine Finger sich immer noch wie elektrisiert an.

Jimmy
Ich sah ihm ein wenig verwirrt nach. Mich hatte noch nie ein Mann so angefasst und ich wusste nicht wirklich, wie ich damit umgehen sollte. Um ein wenig Abstand zwischen uns zu bringen, legte ich die Noten wieder weg, holte mir aus der leeren Küche ein wenig Eis und lief dann auch nach oben. Er hatte mich damals schon, an meinem ersten Tag hier, so komisch angefasst, als ich die Uhren aufziehen musste. Vielleicht war er einfach so? Ich wusste es nicht. Das lange Klavier spielen hatte meiner Hand vielleicht doch nicht so gut getan, denn sie schmerzte wieder etwas. Ich war aber zuversichtlich, dass ich morgen wieder arbeiten konnte - es mussten ja nicht gleich die schwersten Tabletts sein. Und ein Weichei war ich ja auch nicht. In unserem Zimmer lag Thomas schon im Bett. "Gute Nacht", sagte ich noch zu ihm, bevor auch ich mich umzog und hinlegte. Das Eis auf meiner Hand tat wirklich gut und obwohl ich heute ja nicht so hart arbeiten musste, wie sonst, schlief ich erschöpft ein.
Am nächsten Morgen war das Eis geschmolzen, der Verband und meine Bettdecke nass - aber die Hand lange nicht mehr so dick wie gestern. Jetzt wollte ich es wirklich wissen und ging gleich zur Waschschüssel, die ich mit ein wenig Wasser füllte. Vorsichtig hob ich sie hoch, was zu meiner Erleichterung ganz gut klappte. Zwar war es noch immer nicht gerade angenehm, aber so viel besser als gestern. Erst jetzt bemerkte ich, dass Thomas auch aufgestanden war. "Guten Morgen. Sieht aus, als ob Sie heute wieder Hilfe bekommen werden" Ich grinste ihn an und zog mich dann um.

Thomas
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, sah ich noch im Halbschlaf Jimmy die Waschschüssel hochhalten. Was machte er da nur? "Guten Morgen", gähnte ich und brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen, dass er die Belastbarkeit seiner Hand getestet hatte. "Freut mich, dass es deiner Hand besser geht", lächelte ich und stand auf. Ich zog mich ebenfalls an, wusch mich und gemeinsam gingen wir hinunter. Unten kam uns Mr. Carson schon entgegen. "James, es wird Sie sicher freuen zu hören, dass Sie wieder in Ihr eigenes Zimmer ziehen können", sagte er. Jimmy sah tatsächlich recht erleichtert aus – was? –, während ich definitiv traurig darüber war. Ich hatte mich so an ihn gewöhnt...
Edward
Ich brauchte am nächsten Morgen einen Moment, um zu kapieren, wo ich war. Dann aber fiel mir alles auf einmal wieder ein – meine Fahrt nach Downton und die mehr oder weniger unschönen Gespräche mit Mary. Seufzend schwang ich mich aus dem Bett, ging zum Fenster und zog die Vorhänge auf. Es war zwar immer noch grau und verregnet, aber heute würde ich definitiv fahren können. Gott sei Dank. Ich machte eine Katzenwäsche und zog mir meine Kleider von gestern wieder an – wofür sollte ich mir auch mehr Mühe geben? Beim Frühstück saßen schon Mary und Lady Edith, die sich anschwiegen. Ich wünschte höflich einen guten Morgen und nahm mir ein Croissant. Entspann dich, du musst nur noch ein paar Minuten im selben Raum sitzen wie sie.

Jimmy
Definitiv ein guter Start in den Tag. Zwar war es in Ordnung gewesen, mit Thomas in einem Zimmer zu wohnen - aber ich brauchte manchmal einfach meine Ruhe. Außerdem war ich mir nach seinen Berührungen gestern nicht so sicher, was das zu bedeuten hatte. "Danke, Mr. Carson", erwiderte ich gut gelaunt. "Wie geht es Ihrer Hand? Ich hoffe, Sie sind heute wieder voll arbeitsfähig. Es gibt eine Menge zu tun" Gab es das nicht immer hier? Selbst im Sommer, wenn die Familie ein paar Tage aus dem Haus war, mussten wir schuften wie die Sklaven. "Besser, es sollte keine Probleme geben", antwortete ich ihm schnell. Ich würde mir einfach die leichteren Tabletts aussuchen und mehr mit meiner linken Hand tragen. Carson schickte uns gleich in den Speisesaal, um alles für das Frühstück vorzubereiten. "Tut es noch weh?", fragte Daisy, als ich gerade das Rührei nach oben tragen wollte. "Nein, danke für das Eis", sagte ich schnell, denn Mrs. Patmore hatte auch schon wieder ihren Mund aufgemacht. In der Küche konnte man wirklich keine ruhige Minute verbringen.
Lady Mary
Es war definitiv die schlechteste Gesellschaft für ein entspanntes Frühstück. Ich hätte auf Sybil warten sollen. Jetzt würde niemand etwas gegen die eisige Stimmung im Raum tun. Auch ich wünschte Edward einen guten Morgen. Edith sah mich währenddessen mit einem komischen Gesichtsausdruck an. Dabei musste sie gar nicht so gucken - wenigstens gab es in meinem Leben Männern. Auch wenn dieser hier eher nicht mehr dazu gehörte. "Hast du Pläne für heute?", fragte ich meine Schwester und trank einen Schluck Tee. Edward schien nicht mit mir - oder uns - reden zu wollen, also konnte ich ihn auch ignorieren.

Edward
Dass Mary sogar mit ihrer Schwester redete, nur um das nicht mit mir tun zu müssen, war ziemlich eindeutig. Das schien auch Lady Edith aufzufallen, die nur mit einem knappen "Ich bin bei Granny zum Tee eingeladen" antwortete und mir einen kurzen Blick zuwarf. Mary konnte es anscheinend tatsächlich kaum erwarten, dass ich wieder verschwand. Ich aß, so schnell es ging, ohne auffällig zu werden. "Wir werden uns vermutlich nicht mehr sehen", sagte ich dann und stand auf. "Vielen Dank für eure Gastfreundschaft und auf Wiedersehen." Ich lächelte kurz; Lady Edith erwiderte mein Lächeln und wünschte mir eine gute Heimreise, Mary verzog, wie zu erwarten gewesen war, keine Miene. Ich ging schnurstracks wieder nach oben in mein Zimmer, packte die wenigen Dinge, die ich dabei gehabt hatte zusammen und ging nach unten. Ein seltsames Gefühl, zum letzten Mal diese Treppe hinunter zu gehen.
[...]
Thomas
Ich gähnte lautstark, als ich mich nach einem schier endlosen Dinner im Dienstbotenraum auf einen Stuhl fallen ließ und so weit wie möglich nach hinten rutschte. Ohne mich auch nur einen Zentimeter zu viel zu bewegen, fischte ich mir die Zeitung vom Tisch, obwohl ich viel zu müde war zum Lesen. Ich überflog einige Artikel, bis Jimmy den Raum betrat. "Wie geht es deiner Hand?", erkundigte ich mich. Er hatte heute wieder mehr oder weniger normal getragen und ich bezweifelte, dass das eine gute Idee gewesen war. Aber mit Carson im Nacken war ihm nicht anderes übrig geblieben.

Jimmy
Ich kam gerade aus der Küche mit einer Tasse Tee in der Hand. Heute Abend hatte das Dinner nahezu ewig gedauert. Dabei war es nur die Familie und die Dowager Countess gewesen. Konnten sie nicht wenigstens für uns früh ins Bett gehen? Ich setzte mich neben Thomas und hob meine verletzte Hand. "Ehrlich gesagt hat es eben wieder ziemlich weh getan, als ich die Getränke servieren musste", antwortete ich ihm ehrlich. "Es wird wieder dick, habe ich das Gefühl" Ich hatte den ganzen Tag die Zähne zusammengebissen und auch die schweren Tabletts getragen. Zwar hatte das Carson gefreut, aber jetzt hatte ich wieder die Schmerzen. Das Klavierspielen ließ ich heute lieber sein. Ich wollte noch warten, bis Mrs. Patmore aus der Küche war und mir dann wieder etwas Eis holen. "Könnten Sie es sich wieder ansehen?", fragte ich Thomas dann und hielt ihm meine Hand hin. Er kannte sich damit schließlich aus.

Thomas
Ein klein wenig freute es mich sogar, dass Jimmys Hand wieder wehtat, als er mich bat, sie sich nochmal anzusehen. "Natürlich", antwortete ich, vielleicht eine Spur zu fröhlich, und lächelte. Sämtliche Müdigkeit war sofort vergessen, als Jimmy mir seine Hand hinhielt. So vorsichtig ich konnte, wickelte ich den Verband ab, den ich ihm gestern selbst angelegt hatte und nahm seine Hand zwischen meine beiden Hände. Jimmys Handgelenk hatte tatsächlich einen leicht bläulichen Grünton angenommen, aber geschwollen war es nicht. "Dass es jetzt blau wird, ist normal, und es ist nicht wieder angeschwollen", murmelte ich, während ich mir seine Hand zwar noch immer genau anschaute, aber auch etwas öfter mit den Fingerspitzen über den gesunden Teil strich, als nötig. "Vielleicht findest du morgen doch nochmal eine Möglichkeit, sie zu schonen? Ich würde auf jeden Fall wieder für dich einspringen", versprach ich und legte seine Hand vorsichtig auf den Tisch. Den Verband wickelte ich vorsichtig, um ihm nicht noch mehr wehzutun, wieder um sein Handgelenk.

Jimmy
Meine Hand sah wirklich nicht schön aus - ich hätte nicht gedacht, dass sie so blau werden würde. Aber da es laut Thomas ja ein gutes Zeichen war und es durch den Verband verdeckt werden würde, war ja alles in Ordnung. "Wie soll ich denn meine Hand schonen, wenn ich vier Mahlzeiten servieren muss?", fragte ich rhetorisch, aber er hatte ja recht. "Und außerdem möchte ich Sie nicht weiter belasten. Sie haben sowieso schon genug zu tun und Mr. Carson zählt auf mich" Ich sah zu, wie er mir den Verband wieder anlegte und trank dann einen Schluck Tee. Genauso wie er rutschte ich auf dem Stuhl nach unten, streckte die Füße aus und schloss kurz die Augen. "Was würde ich jetzt für einen freien Tag geben...", meinte ich dann und gähnte. Wahrscheinlich würde ich heute früh ins Bett gehen und so lange schlafen, wie es nur ging. Wieder in meinem eigenen Zimmer. Nach dem Lunch hatte ich all meine Sachen wieder über den Flur geschleppt und alles wieder eingeräumt. Es fühlte sich gut, endlich wieder meinen eigenen Rückzugsort zu haben. "Wann haben Sie das nächste Mal frei, Thomas?"

Thomas
"Ich schaffe das schon, wirklich", versicherte ich Jimmy, "ich habe ja zwei gesunde Hände." Lächelnd betrachtete ich ihn, während er sich in seinem Stuhl ausstrecke und kurz die Augen schloss. "Dienstag in drei Wochen", antwortete ich noch, ehe ich ebenfalls erneut gähnen musste. "Und du?", gab ich seine Frage zurück.

Jimmy
"Hört sich an wie eine Ewigkeit... In zwei Wochen, und das kommt mir schon verdammt lang vor", antwortete ich. "Wie schön es doch sein muss, den ganzen Tag lang das zu machen, was man will..." Grinsend sah ich ihn an. Mir fiel ein, dass ich so etwas ähnliches zu Lizzy gesagt hatte... Ich hatte bisher nicht oft an jene Nacht zurückgedacht, für mich war die Sache abgehakt. Trotzdem bekam ich sie jetzt nicht mehr aus dem Sinn. Vielleicht war ich wirklich etwas zu hart zu ihr gewesen und hatte sie zu sehr verletzt. Dann erinnerte ich mich aber wieder, wie anders sie damals gewesen war und schob meinen Ausraster wieder auf ihr Verhalten. Erst jetzt merkte ich, dass ich Thomas noch immer direkt ansah. Ich blinzelte und wandte mich dann ab, um meinen Tee auszutrinken. "Ich denke ich werde gleich ins Bett gehen", meinte ich dann und fuhr mir durch die Haare.

Thomas
"Vielleicht ist in der Zwischenzeit wenigstens das Haus ab und zu leer", sagte ich mit einem matten Lächeln und nahm einen Schluck Tee. Als ich von meiner Tasse wieder aufsah, schaute ich direkt in Jimmys Augen. Beziehungsweise... Er schaute mich an. Und er wirkte irgendwie... verträumt. Einen Moment starrte ich einfach nur zurück in seine schönen, blauen Augen, bis er plötzlich blinzelte und sich wieder seinem Tee zuwendete. Was war das denn bitte gewesen? "Gute Nacht", wünschte ich ihm abwesend, während er aufstand und nach oben ging. Ich blieb noch einige Minuten sitzen, trank meinen Tee in Ruhe aus und dachte nach. Was sprach bis jetzt dafür, dass er meine Gefühle erwiderte? Sein Blick eben und die Tatsache, dass er sich nie gegen meine Berührungen gewehrt hatte. Und dass wir uns allgemein gut verstanden. Und dagegen sprach... Eigentlich gar nichts. Mit einem komischen Gefühl, als wäre uns beiden heute Abend etwas Wichtiges klargeworden, ging ich in mein Zimmer, dass mir, so leer wie es nun wahr, seltsam fremd vorkam. Während ich mich wusch und umzog, waren meine Gedanken pausenlos bei Jimmy. Was machte er gerade? Woran dachte er? Und woran hatte er vorhin gedacht, als er mir gefühlt stundenlang in die Augen gestarrt und dabei ausgesehen hatte, als habe er eine von Mrs. Patmores Torten vor sich? Ich konnte nicht schlafen, es ging einfach nicht. Ruhelos ging ich erst in meinem Zimmer auf und ab, nur um mich darauf auf mein Bett zu setzen und wieder aufzustehen. Wenn ich die Zeichen richtig gedeutet hatte... musste ich jetzt sofort zu ihm. Ich hielt es einfach nicht mehr aus; nicht nach den letzten Tagen. So leise es ging, schloss ich meine Zimmertür hinter mir und ging das kurze Stück über den Flur zu Jimmys Zimmer. Die Hand schon an der Türklinke, zögerte ich nochmal kurz, aber der Gedanke, dass Jimmy in diesem Raum war, ließ mich die Tür schon fast von alleine öffnen und leise wieder schließen. Ich sah mich um und wartete kurz, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Jimmy lag in seinem Bett auf dem Rücken und schlief. Er sah einfach unwiderstehlich aus – fast noch mehr als tagsüber. Vorsichtig setzte ich mich auf den Bettrand und legte eine Hand auf seine Brust, die sich langsam hob und senkte. Jetzt oder nie. Mich mit der anderen Hand am Bett abstützend, beugte ich mich über ihn und küsste ihn vorsichtig.

Jimmy
Ich holte mir noch ein wenig Eis in der Küche für die Nacht und ging dann nach oben. Ich zog mir die Livree aus, wusch mir das Gesicht und setzte mich dann aufs Bett, um mich endgültig umzuziehen. Es tat gut, endlich wieder in meinem eigenen Bett zu liegen. Ich durfte nur nicht vergessen, meinen eigenen Wecker zu stellen. Hatte ich auch das endlich erledigt - ich versuchte es erst mit meiner linken Hand, fluchte dann und benutzte die schmerzende rechte - schloss ich müde vom langen Tag die Augen. Nach wenigen Minuten war ich tief und fest eingeschlafen. Bis... sich etwas veränderte. Ich konnte noch nicht lange eingeschlafen sein, denn es dauerte eine ganze Weile, bis ich wach wurde und klar denken konnte. Ich lag noch immer in meinem Bett, so wie eben. Aber irgendetwas war komplett anders. Ich spürte etwas schweres auf meiner Brust. Und etwas auf meinen Lippen... Einen Moment lang spielte mir mein Kopf vor, dass ich wieder in Lizzys Bett lag und sie mich wachküsste, damit ich mich noch schnell in mein eigenes Bett zurückschleichen konnte. Aber - ich lag ja in meinem eigenen Bett. Zwischen Lizzy und mir war nichts mehr. Außerdem war sie gar nicht hier. Entsetzt riss ich die Augen auf. Denn wer sollte mich sonst küssen? Meine Gedanken rasten, als ich durch die Dunkelheit unscharf eine große Gestalt mit dunklen Haaren erkannte. Dunkle, kurze Haare. Muskulöse Schultern. Wild um mich schlagend ließ er endlich von mir ab. Ich schob seine Hand grob von meiner Schulter. "Geh weg!", schrie ich ihn mehrmals an und trat mit den Füßen nach ihm. Was bildete er sich eigentlich ein? Warum verdammt nochmal küsste er mich? Aber plötzlich ergab alles Sinn. Seine vielen Berührungen, seine Freundlichkeit zu mir, sein Lob... Alles nur, weil er verdammt nochmal schwul war und auf mich stand. Von Anfang an hatte er nur so viel Zeit mit mir verbracht, weil er mich auf diese vollkommen abstoßende Art und Weise mochte. Nur deswegen hatte er mir mit Lizzy geholfen, damit ich hier blieb. Bei ihm. Wie konnte er nur darauf kommen, dass ich auch annähernd so ähnlich dachte wie er? Ich hatte eine Affäre mit einer Frau - welchen Beweis wollte er denn noch haben, dass ich nicht so war - nicht so wie er. Wütend und angewidert sah ich ihn an

Thomas
Jimmys Lippen waren genauso weich, wie ich sie mir immer vorgestellt hatte, seit ich ihm an seinem ersten Tag hier die Tür geöffnet hatte. Er brauchte etwas Zeit, um wach zu werden, die ich dafür nutzte, den Kuss zu intensivieren. Ich verstand die Welt nicht mehr und erschrak, als Jimmy plötzlich anfing, um sich zu schlagen und mich anzuschreien. Mein Gehirn brauchte kurz, um zu begreifen, was das bedeutete – ich hatte mir alles nur eingebildet. Seine Gefühle für mich... existierten nicht. Und nun hatte ich einen riesengroßen Fehler gemacht, der mich ohne Zeugnis auf die Straße und im Schlimmsten Fall ins Gefängnis befördern würde. Moment mal... Gefängnis. Was wenn... Jimmy nur so tat, als würde er mich ablehnen? Vielleicht brauchte er nur etwas Ermutigung? Ich trat einige Schritte zurück, nachdem er doch recht eindeutig nach mir getreten hatte, und streckte eine Hand aus, um ihn zu beschwichtigen. "Jimmy, niemand weiß etwas und das wird auch so bleiben", sagte ich eindringlich und legte eine Hand an seine Wange. "Denk doch mal an... an alles, was zwischen uns ist..." Ich sah ihn weiter flehentlich an. Sicher spürte er das auch... Er hatte nur zu viel Angst, es zuzugeben. Ja, genau so musste es sein.

Jimmy
Dass er es nicht begriff, dass ich kein Stück so war wie er und er hier gerade einen riesengroßen Fehler gemacht hatte, machte mich nur noch wütender. Ich schlug sofort seine Hand weg und sprang einen Schritt zurück, um wieder Abstand zwischen uns zu bringen. Er hatte mich gerade wirklich geküsst... "Es ist nichts zwischen uns - nichts! Außer meiner Faust, wenn du nicht verschwindest", schrie ich ihn weiter wutentbrannt an. Ich konnte meine Stimme nicht ruhig halten, es ging einfach nicht. "Was machst du hier? Hast du das auch die letzten Wochen gemacht, als ich in deinem Zimmer schlafen musste?" Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie lange ich einfach so neben ihm geschlafen hatte ohne zu wissen, dass er etwas von mir wollte. Hatte er mich schon öfter geküsst und ich hatte es nicht gemerkt, weil ich zu müde gewesen war? Hatte er mich angefasst? Ekel und Abscheu stieg in mir hoch als ich in schwer atmend ansah, wie er da mit einem so verletzten und traurigen Gesichtsausdruck in meinem dunklen Zimmer stand. Aber er tat mir nicht leid. Nicht im geringsten. Wie konnte ich ihn nur als meinen Freund bezeichnet haben? Wie konnte ich mich nur von ihm anfassen lassen?

Thomas
Und wieder hatte ich mich geirrt. Langsam schien es ziemlich überzeugend, dass Jimmy tatsächlich nichts für mich empfand. Aber ich war nicht mal im Stande, mir das Ausmaß dieses Kusses, die Probleme, die ich nun bekommen konnte, klar zu machen. Das einzige, was mir durch den Kopf ging, als Jimmy mich weiter wütend anschrie, war, dass ich – wiedermal – letzten Endes alleine war. Dass anscheinend niemand sich mit jemandem wie mir abgeben wollte. Ich bekam Jimmys Frage kaum mit, alles um mich herum schien neblig. "Nein... nein, natürlich nicht", murmelte ich. Ich hatte nie etwas Verwerfliches getan, ich hatte ihn lediglich angesehen. Ich wollte gehen, endlich sein Zimmer verlassen, aber meine Beine gehorchten mir nicht, bis Jimmy mich mehr oder weniger gewaltsam selbst nach draußen beförderte. Schwer atmend und immer noch erschrocken, blieb ich kurz vor seiner Tür stehen. Ich konnte immer noch nicht ganz begreifen, was gerade geschehen war. Warum war ich nur so blöd gewesen, ihn zu küssen? Wie hatte ich so leichtsinnig sein können? Jimmys Zeichen, die er mir gegeben hatte, kamen mir plötzlich nichtig vor. "Was ist hier los?" Erst Carsons strenge Stimme ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken. Nicht er auch noch. "Nichts, Mr. Carson, Ji- James hatte einen Albtraum, aber... aber es ist wieder alles in Ordnung", stammelte ich und taumelte mit einem "Gute Nacht, Mr. Carson" wieder in mein eigenes Zimmer zurück. Dort ließ ich mich auf mein Bett sinken und stütze den Kopf auf die Hände. Ich hatte einen großen Fehler gemacht – einen Fehler, den ich unter Umständen mit dem Leben bezahlen würde.

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