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Lizzy
Ich hatte sofort ein schlechtes Gewissen, als Sybil erwähnte, dass sie noch nie im Kino gewesen war – denn ursprünglich hatte ich ja mit ihr hingehen wollen. Das kann ich auch immer noch machen, redete ich mir schnell ein. "Ich war auch noch nie dort, aber es muss unglaublich sein", strahlte ich. "Carson hat Jimmy freigegeben, vermutlich sind sie unten alle noch dankbar dafür, dass er den Ingwer umgetauscht hat." Ich war wirklich froh, dass Sybil diesmal keine Bedenken äußerte – sowas wollte ich jetzt gar nicht hören, immerhin reiste ich bald wieder ab und die Zeit bis dahin würde ich genießen. Ich wusste selbst nicht warum, aber ich war zuversichtlich, dass alles gutgehen würde. Schließlich erhob ich mich, denn Mama, die zwischenzeitlich bereits gefrühstückt hatte, hatte vermutlich keine Lust, ewig auf mich zu warten, weil ich über einen Diener reden wollte. "Ich muss jetzt los, Mama und ich besuchen eine ihrer Freundinnen im Dorf", erklärte ich Sybil, winkte kurz und ging nach oben, um meinen Mantel zu holen.

Sybil
Während Lizzy mit ihrer Mutter ins Dorf ging, verbrachte ich die Zeit im Haus. Erst schrieb ich ein paar Briefe, die dringend beantwortet werden mussten, bevor ich dann mit Mary und Edith einen kurzen Spaziergang draußen machte. Wegen der anstehenden Silvesterfeier brauchte auch Mama dringend Hilfe. Mary hatte noch Mr. Arnstrong eingeladen und ich glaubte den Grund für ihre bessere Laune zu kennen. Während Mama nichts sagte, Mary aber mit einem breiten Lächeln ansah, wechselte Mary schnell das Thema. Anscheinend wollte sie kein großes Theater darum machen. So verging die Zeit bis zum Lunch sehr schnell, zu dem auch Lizzy und ihre Mutter zurück waren. "Wie war es?", fragte ich sie lächelnd, während Jimmy und Thomas den ersten Gang servierten.

Lizzy
Mamas Freundin hatte zwar eine Tochter in meinem Alter, aber die benahm sich, als wäre sie sogar noch älter als ihre Mutter, und so wurde der Vormittag für mich eher ein ständiges Nicken und Lächeln. Aber wenigstens der Kuchen war lecker. Ich war dennoch froh, als wir uns wieder auf den Weg zum Haus machten, wo es gleich Lunch gab. Sowas Blödes, jetzt habe ich nichtmal Hunger. "Ziemlich langweilig", sagte ich leise zu Sybil, denn Mama saß nicht weit entfernt von mir. "Was hast du heute Vormittag gemacht?", fragte ich sie lächelnd. Mit ihr zu reden half mir wenigstens, mich von der Tatsache abzulenken, dass Jimmy mir beim Servieren deutlich näher kam, als für meine Nerven gut war. Zusammen mit der Vorfreude auf morgen bewirkte das schon wieder ein breites Lächeln in meinem Gesicht.

Sybil
Ich konnte mir gut vorstellen, dass es langweilig war. Schließlich hatte Mama auch genug Freundinnen, zu denen sie uns mitnahm, die wirklich alles andere als lustig waren. "Dies und das. Vor allem aber habe ich Mama mit den Silvester-Vorbereitungen geholfen", erzählte ich Lizzy, während ich meine Suppe aß. "Mary hat Mr. Armstrong eingeladen - du weißt doch, deinen Partner von der Jagd" Warum Henry Redvers nicht kam, war mir ein Rätsel. Aber ich hatte Mary nicht bedrängen wollen, wo sie doch gerade wieder so gut gelaunt war.

Lizzy
"Du musst mir unbedingt noch mehr darüber erzählen, wie ihr Silvester feiert", sagte ich, denn wenn es nur halb so schön wurde wie Weihnachten, konnte ich es jetzt schon kaum erwarten. Die Nachricht, dass Mr. Armstrong zu Besuch kam, überrascht mich – positiv allerdings, denn wir hatten uns schon oft gut unterhalten und das konnte ich nicht gerade von vielen Personen auf Downton Abbey sagen. "Dann haben sie sich wohl wieder vertragen", stellte ich fest, mit leichtem Bedauern in der Stimme, da ich nach wie vor der Meinung war, dass er viel zu nett für Mary war.

Sybil
"Wir werden es ja an Silvester sehen", meinte ich mit einem Blick zu Mary und überhörte Lizzys Tonfall einfach. Ich mochte sie ja beide - warum konnten sie sich also nicht einfach vertragen? "Mama hat zu Silvester einige Gäste eingeladen. Wir werden ein großes Dinner haben und dann im Salon auf Mitternacht warten. Die Dienstboten haben nach dem Dinner frei, um selber unten zu feiern, also kümmern wir uns selbst um die Getränke", erklärte ich Lizzy dann lächelnd - ich war mir sicher, dass es ihr auch gefallen würde.

Lizzy
Ich folgte Sybils Blick zu Mary kurz – vielleicht konnte ich ihr Mr. Armstrong doch wenigstens etwas gönnen, wenn sie sich dafür seinetwegen weiterhin benahm, wie sie es in den letzten Tagen getan hatte – wie ein halbwegs normaler Mensch. "Das klingt fantastisch", antwortete ich, "meine Eltern feiern nie wirklich, von Gästen oder einem großen Dinner ganz zu schweigen." Ich verdrehte lächelnd die Augen – meine Eltern waren sonst nicht so altmodisch, aber zu einer großen Silvesterfeier hatte ich sie aus irgendwelchen Gründen nie überreden können.

Sybil
"Dann wird es dir auf jeden Fall gefallen", meinte ich lächelnd. Wahrscheinlich würde sie ja so oder so gut gelaunt sein wegen ihrer Verabredung mit Jimmy. Wir beendeten den Lunch dann schnell und seufzend sah ich den Regen draußen. Zum Glück waren Lizzy und ihre Mutter bereits zurück. Wir zogen uns in die Bibliothek zurück, wo ich ein Buch las. "Welchen Film werdet ihr denn sehen?", fragte ich sie dann, als wir wieder allein waren und grinste.

Lizzy
Mit den Gedanken völlig woanders schaute ich mein Buch mehr an als dass ich es las, bis Edith und Mary endlich die Bibliothek verließen und ich wieder ungestört mit Sybil reden konnte. "Dr. Wake's Patient", antwortete ich. "It's about a doctor, who is a farmer's son. He falls in love with one of his patients who comes from a wealthy aristocratic background." Ich grinste leicht, denn ganz fremd kam mir diese Situation nicht vor. "Phyllis Dare spielt mit", fügte ich noch begeistert hinzu, auch, wenn ich mir nicht sicher war, ob Sybil sie kannte. Ich war regelrecht fasziniert von ihr – sie hatte schon als kleines Kind in Theaterstücken mitgespielt. Dagegen kam mir selbst mein Leben einfach nur langweilig vor.

Sybil
Ich musste einfach lachen, als sie mir den Kinofilm zusammenfasste. "Und du bist sicher, dass sie nicht deine Geschichte einfach ein wenig umgeschrieben haben?", ärgerte ich sie grinsend. Die beiden würden sich sicher gut im Kino amüsieren, auch wenn es kein anderer verstehen würde. Wenn sogar schon Filme davon handeln, sollte ich mir wirklich nicht mehr ständig solche Sorgen machen. "Ich habe schon einmal von Phyllis Dare gehört", fügte ich dann lächelnd hinzu, auch wenn mich diese Themen nicht wirklich interessierten. "War es eigentlich deine oder Jimmys Idee gewesen?", fragte ich dann und legte mein Buch endgültig an die Seite.

Lizzy
"Da hätte ich jedenfalls nichts dagegen", grinste ich. Vor allem nicht, wenn ich selbst die Hauptrolle spielen könnte. Das wäre was... "Es war meine Idee", sagte ich mit leichtem Bedauern in der Stimme – nach wie vor, weil ich Jimmy statt Sybil gefragt hatte – und legte ebenfalls mein Buch weg. Seit Jimmy und ich uns wieder vertragen hatte, war es fast unmöglich, zu lesen, weil meine Gedanken immer zu ihm abschweiften. "Er hat mir gestern etwas auf dem Klavier vorgespielt und irgendwie dachte ich... wie gut er in ein Theater oder Kino passen würde", versuchte ich meinen spontanen Einfall von gestern zu erklären. Ich hoffte wirklich, Sybil würde es mir nicht übel nehmen, denn wenn ich eines beherzigen wollte im Leben, dann, dass Freundinnen immer wichtiger waren als Männer.

Sybil
Ich grinste sie weiter an. Anscheinend war Jimmy kein bißchen vernünftiger als Lizzy. Vielleicht fühlten sie sich deswegen so sehr zueinander hingezogen... "Und eine Ausrede hast du dir auch schon einfallen lassen, nicht wahr?", fragte ich dann weiter und dachte daran zurück, wie die beiden in Ripon zum Tanztee waren. Auch damals hatte Lizzy von einem Besuch bei einer Freundin gesprochen. "Hast du denn gar keine Angst, dass deine Eltern nachprüfen werden, ob du wirklich da bist? Und hast du überhaupt wirklich eine Freundin namens Eva?" Ich hatte meine Eltern ja auch angelogen, rief ich mir dann ins Gedächtnis. Es war Monate gut gegangen, also sollte ich Lizzy eigentlich nicht so sehr danach fragen, ob es auch eine gute Ausrede war.

Lizzy
"Nein, habe ich nicht", sagte ich schuldbewusst. Natürlich war mir auch schon in den Sinn gekommen, dass meine Eltern mich irgendwann genauer über Eva ausfragen würden. Bis jetzt hatten sie das nicht getan, wahrscheinlich, weil sie mir einfach vertrauten – das allein war der Grund dafür, dass ich in Pubs gehen und Jimmy treffen konnte, ohne, dass sie etwas merkten. Eigentlich war das nicht wirklich nett von mir, aber ich tat ja auch nichts Schlimmes. "Notfalls muss ich mir eben eine neue Ausrede einfallen lassen", seufzte ich. "Eva ist umgezogen, Eva ist gestorben..." Im Grunde genommen war es doch Wahnsinn, was Jimmy und ich in den letzten Monaten auf uns genommen hatten. War er es wirklich wert, meine Eltern so zu belügen?

Sybil
"Wenn du Hilfe brauchst, kann ich dich gern decken", schlug ich ihr dann vor. Schließlich waren wir Freundinnen und teilten fast alle unsere Geheimnisse. Und ich wollte wirklich, dass sie in Kino gehen und wieder so glücklich strahlen würde. "Wenn du abends weggehst ist es nur logisch, dass du zum Dinner eingeladen bist. Wir könnten einfach einen Brief mit einer Einladung schreiben? Dann würden deine Eltern sicher nicht skeptisch werden, oder?", dachte ich dann laut nach und sah sie an. Es war wirklich wie in einem Roman. Oder einem Kinofilm. Mir ging es nicht wirklich gut dabei, wieder zu lügen, wo ich doch gerade meine eigene Lüge aufgedeckt hatte und es mir jetzt so viel besser mit der Wahrheit ging. Aber bei Jimmy und Lizzy wäre die Wahrheit noch ein wenig prekärer als eine politische Versammlung in Ripon. Also war lügen die einzige Option, damit die beiden Zeit miteinander verbringen konnten.

Lizzy
Überrascht sah ich Sybil an, während sie überlegte, wie ich meine Ausrede für morgen plausibler machen konnte. "Ich glaube, ich habe keinen guten Einfluss auf dich", sagte ich ernst, musste dann aber lachen. Was hatte ich doch für ein Glück, eine solche Freundin zu haben. "Am besten fangen wir gleich an, sonst kommt die Einladung zu kurzfristig", schlug ich vor, denn etwas Besseres hatten wir ja gerade eh nicht zu tun. Fragend sah ich sie an und wusste nicht, ob ich froh darüber sein sollte, die Gefahr, aufzufliegen, mit einem gefälschten Brief etwas zu dämpfen oder mich noch schlechter fühlen sollte, weil meine Lüge damit noch größer wurde. Eigentlich hatte ich ja ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern und würde ihnen sofort von sämtlichen Männern in meinem Leben – auch, wenn es noch nicht viele gewesen waren – erzählen, aber sie und ich hatten einfach zu unterschiedliche Vorstellungen davon, wer gut für mich war. Solange ich nicht wenigstens einen Mann aus der oberen Mittelschicht anschleppte, brauchte ich gar nicht erst mit ihnen darüber zu reden.

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