#1096

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 25.09.2017 18:06
von Mü~ • 1.639 Beiträge

Edward
So langsam dämmerte mir, was hier lief. Das musste ich Henry aber nicht unbedingt gleich zeigen. Vielleicht würde er sich ja freiwillig verziehen, denn warum sollte er auch mit mir ausreiten wollen? "Das tue ich allerdings", beharrte ich. "Sie hat mich heute Morgen gefragt. Und was deine Reitgewohnheiten angeht, würde ich dir durchaus zutrauen, im Damensattel zu reiten", sagte ich kühl und erwiderte seinen entschlossenen Blick, den er irgendwann abwandte und zum Schloss wandern ließ. Mary war auf dem Weg in den Stall, also würde sich hoffentlich gleich alles aufklären. Wo sind eure Pferde? Eure. Sie hatte sich also tatsächlich einen schlechten Scherz erlaubt und uns beide eingeladen. Ich atmete entnervt aus – als Anwalt hatte ich mehr als genug mit solchen Spielchen zu tun und ich konnte nicht gerade behaupten, so etwas gut zu finden. Aber ich würde Henry jetzt ganz sicher nicht den Gefallen tun, zu gehen. "Gib mir fünf Minuten", sagte ich daher, ohne Henry eines Blickes zu würdigen, und ging zügig in den Stall. Da ich natürlich kein eigenes Pferd hier hatte, erkundigte ich mich rasch bei einem Stallburschen, der gerade eine Box ausmistete, welches ich reiten könnte und außerdem nach Sattelzeug. Ich brauchte etwas länger als die angekündigten fünf Minuten, aber schließlich führte ich ein gesatteltes Highland Pony nach draußen. Lächelnd sah ich in die Runde. Wenigstens musste ich mir um meine Reitkünste keine Gedanken machen. Ich war mehr als angespornt, Mary deutlich zu machen, wer hier der bessere Reiter war.

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#1097

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 26.09.2017 19:04
von Rikki • 1.675 Beiträge

Lady Mary
Sie reagierten beide genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte - niemand würde freiwillig einen Rückzieher machen und mich mit dem anderen allein lassen. Männer waren ja so berechenbar. Also spielte ich das Spielchen weiter, lächelte Edward nur an und sah ihn im Stall verschwinden. Anscheinend hatte Henry das einzig andere bereits gesattelte Pferd. Er fing sofort als Edward wegging ein Gespräch an und ich antwortete ihm charmant und lachte häufig. Das würde Edward sicher nicht gefallen, aber auch er würde etwas von meiner Aufmerksamkeit abbekommen. Spätestens, als er mit einem Highland Pony aus dem Stall heraus kam, konnte ich nicht anders als zu lachen. "Du überraschst mich wirklich, Edward", meinte ich und stieg gleichzeitig auf mein eigenes Pferd, da wir jetzt ja zum Aufbruch bereit waren. Henry tat es mir gleich. "Also, wo geht es lang?", fragte ich Henry und nahm die Zügel. Ihm schien es zwar nicht zu gefallen, dass er vorreiten und mich so näher bei Edward zurücklassen musste, aber er war nun mal derjenige mit den genauen Ortskenntnissen. Auf dem Weg zum Schloss kamen uns Sybil, Elizabeth und Edith entgegen. Auch sie alle trugen Reitkleidung. Sybil lächelte mich breit an, bei den anderen konnte man das nicht gerade sagen. "Edith, ich habe dich gar nicht erkannt - ich hatte es für einen Scherz gehalten, als du heute morgen gesagt hast, dass du reiten gehen wolltest", meinte ich im Vorbeireiten und lächelte meine Schwester von oben herab an. Schließlich war ich diejenige, die gleich mit zwei Männern unterwegs war, die ich vollkommen in der Hand hatte.

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#1098

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 29.09.2017 18:39
von Mü~ • 1.639 Beiträge

Edward
Natürlich bemerkte ich, wie Mary über einen von Henrys schlechten Witzen laut lachte, als ich aus dem Stall kam, bewahrte aber ein gleichgültiges Gesicht. Ich schien mich schon wieder komplett in ihr getäuscht zu haben. Was für eine Frau verabredete sich schon mit zwei Männern gleichzeitig? Sie schürte nicht nur absichtlich die Konkurrenz zwischen uns, sie tat das auch noch in dem Wissen, dass Henry und ich ehemals beste Freunde gewesen waren. Ihren Kommentar über mein Pony – das sich im hügeligen Gelände sicherlich besser machen würde als Henrys Araber – überging ich ebenfalls. Sie schickte Henry vor, damit er uns den Weg zeigte und blieb mit mir hinter ihm zurück. Anscheinend hatte ich nun das Glück, Ziel ihrer Aufmerksamkeit zu werden. Soll ich dir jetzt dankbar sein? Ich sagte die ganze Zeit über kein Wort, versuchte aber auch, nicht allzu beleidigt auszusehen. Das war ich eigentlich auch nicht – ich war einfach nur enttäuscht von ihr, mal wieder. Niemals hätte ich sie für so von sich selbst eingenommen gehalten, als wir vor ein paar Monaten zusammen in einem Pub gesessen hatten. Als uns schließlich auch noch Sybil, Lizzy und Edith entgegenkamen und ich von der Seite Marys triumphierenden Gesichtsausdruck sah, schaute ich resigniert weg und schüttelte leicht den Kopf. Ich konnte mir denken, was jetzt folgte – und tatsächlich ließ eine gemeine Bemerkung gegen Edith nicht lange auf sich warten. Ich überlegte kurz, mich den Dreien anzuschließen, denn ihr Ausritt wirkte um einiges lockerer als unser Treffen zu Dritt, ließ es dann aber bleiben. Ich musste ja nicht noch mehr Unruhe stiften. "Anscheinend warst du zu beschäftigt damit zu überlegen, wie du dein Selbstwertgefühl mit gleich zwei Männern aufpolieren kannst", gab Lizzy an Ediths Stelle zurück. War es tatsächlich so? Brauchte Mary unsere Bestätigung, um sich selbst besser zu fühlen? Das fällt dir ja früh auf. Im Gegensatz zu mir schien das alles Henry aber gar nichts auszumachen. Nicht ihre Intrigen, mit denen sie uns gegeneinander ausspielte, um unseren Streit noch mehr anzufachen, nicht ihre ständigen Sticheleien gegen andere... Er war ihr so blind verfallen, dass er mir fast schon leid tat.

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#1099

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 12:37
von Rikki • 1.675 Beiträge

Henry
Marys einzige Reaktion auf Lizzys Kommentar war nur ein eisiger Blick und ein Schnauben, bevor sie ihr Pferd weiter antrieb und so zu mir aufholte. "Wo reiten wir lang?", fragte sie, als ob es die Situation eben nicht gegeben hätte. "Dieser Weg führt direkt zu einem See - das dachte ich, wäre doch eine schöne Strecke", antwortete ich ihr und lächelte leicht. Ich ignorierte Edward, der mit seinem Pony hinter uns her trottete. Ich könnte sauer auf Mary sein - denn ich hatte mich auf diesen Ausritt allein mit ihr gefreut, während sie die Gelegenheit gleich nutzte, um Edward auch einzuladen und uns beide damit in eine mehr als unangenehme Situation brachte. Ihr schien es vollkommen egal zu sein, dass sie damit Edwards als auch meine Gefühle verletzt haben könnte. Aber sie deswegen aufzugeben? All die Monate hatten wir uns regelmäßig Briefe geschrieben und ich war beinahe sicher gewesen, dass sie meine zukünftige Frau werden könnte. Ich sah sie von der Seite an, da sie jetzt direkt neben mir ritt. Hatte ich mich von ihrer Schönheit blenden lassen? Anstatt die Gelegenheit zu nutzen, um mir ihr ausführlich zu reden - wie ich es sonst geplant hatte - schwieg ich nun und dachte nach.

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#1100

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 12:52
von Mü~ • 1.639 Beiträge

Edward
Nachdem Lizzy und ihre Schwestern an uns vorbei geritten waren, holte Mary zu Henry auf. Es ließ sich nicht abstreiten, dass ich nun wie der letzte Trottel hinter den beiden her ritt. Henry, der zu einem See reiten wollte, war vorhin immerhin vor uns geritten. Ich seufzte und vertrieb mir die Zeit damit, die Landschaft zu betrachten. Mary und Henry redeten zu meiner Überraschung kaum miteinander, daher viel es als Beschäftigung schon mal weg, ihnen zuzuhören. Dabei hätte ich schwören können, dass Henry sie mit einem Vortrag über irgendein Buch, das Schloss oder das Wetter überfallen würde. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die in Wirklichkeit vermutlich nur eine Viertelstunde gewesen war, kam der See in Sicht. Ich hoffte inständig, dass nun mindestens die Hälfte unseres Ausritts vorbei war, denn mittlerweile kam ich mir vor wie ein kleines Kind, das beim Spielen von seinen Freunden ausgeschlossen wurde und war auf Mary nicht viel besser zu sprechen als auf Henry. Genau das war es nämlich: kindisch.

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#1101

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 13:02
von Rikki • 1.675 Beiträge

Lady Mary
Ich war extra neben Mary geritten, damit er mit mir reden konnte. Aber zu meiner großen Überraschung war er still. Ich zog eine Augenbraue hoch und wartete. Bis der See in Sicht kam und ich mich fragte, was mit ihm los war. Sonst kaute er mir immer ein Ohr ab und das meistens mit einem Thema, das ich schon nach den ersten paar Sätzen als nicht wirklich spannend ansah. "Du bist heute sehr ruhig", sagte ich dann, als wir über einen Hügel auf den See zu ritten. Auch Edward hatte die Gelegenheit nicht genutzt, um zu mir aufzuholen und Henrys Platz einzunehmen. "Mir geht nur viel durch den Kopf", antwortete Henry, lächelte aber leicht. "Und du, Edward?", fragte ich ihn dann und erhob meine Stimme, da er ein paar Meter hinter uns ritt. Vielleicht sollten wir gleich anhalten. Den Ausritt hatte ich mir nämlich komplett anders vorgestellt. Jetzt kam es mir vor, als ob ich lieber alleine hätte reiten sollen. Ruhiger könnte es ja kaum werden.

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#1102

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 13:10
von Mü~ • 1.639 Beiträge

Edward
Irgendwann schien Mary aufzufallen, dass wir nicht ganz so über sie herfielen, wie sie sich das vorgestellt hatte. Sogar Henry wich ihr auf ihre Nachfrage hin aus. Ich sah sie erst wieder an, als sie auch mich ansprach, zog erstaunt eine Augenbraue hoch und ließ mir ein paar Sekunden Zeit, ehe ich antwortete. "Ich bin nur etwas müde", antwortete ich schließlich. Was natürlich eine glatte Lüge war, und zwar eine so offensichtliche und einfallslose, dass Mary das auch sicher bemerkte. Was sie gerne durfte, denn ich hatte keine Lust mehr, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Egal, wie wunderschön sie war, ich konnte mir nicht vorstellen, ihre Spielchen noch länger als nötig mitzumachen. Vermutlich würde ich sowohl Henry als auch Mary und ihre Familie nach diesem Besuch nie wieder sehen und endgültig in mein altes Leben zurückkehren.

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#1103

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 13:23
von Rikki • 1.675 Beiträge

Lady Mary
Ich war kurz davor, die Augen zu verdrehen. Waren sie wirklich so beleidigt? Ich hatte eher damit gerechnet, dass sie sich gegenseitig anstacheln würden - so wie sie es vorher auch immer getan hatten. Aber heute wirkte es anscheinend gar nicht. "Das sollten wir ändern", antwortete ich Edward und überging seine offensichtliche Lüge einfach mit einem Lächeln. "Vielleicht mit einem Galopp?" Ohne abzuwarten ließ ich mein Pferd schneller laufen, um endlich dieser peinlichen Stille zu entkommen. Ich konnte Ediths und Elizabeths spöttisches Grinsen schon sehen, wenn ich mit diesen beiden miesgelaunten Herren zurück zum Stall kam. Wahrscheinlich wäre es doch besser gewesen, nur mit einem von ihnen auszureiten. Aber ich hatte die Gelegenheit nicht verstreichen lassen wollen, um sie beide ein wenig zu ärgern und weiter anzutreiben können. Der Plan war wirklich schief gelaufen. Auch wenn wir noch lange nicht am Ende des Ausritts waren - die Stimmung würde wohl kaum besser werden. Ich sah mich nicht um, während ich galoppierte und so dem See immer näher kam.

Henry
Unter anderen Umständen hätte ich mich Mary sofort angeschlossen, als sie einen Galopp vorschlug. Heute hielt ich mich zurück. Ich war schon lange genug nach ihrer Nase getanzt und wo hatte es mich hingebracht? In einen gemeinsamen Ausritt mit meinem ehemaligen besten Freund, der mich dank Mary nicht mehr ansah. Also blieb ich zurück, genauso wie Edward, während Mary lospreschte. "Ich weiß nicht, was sie erwartet hatte", hörte ich mich dann reden und drehte mich zu Edward um. "Dass ich mich ihr an den Hals werfe, wenn sie mich so hintergangen und noch jemand anderen eingeladen hat?" Warum redete ich auf einmal mit ihm? Vielleicht, weil ich es endlich satt hatte, Edward zu hassen. Wegen einer Frau, die mich anscheinend auch nicht sonderlich schätzte - denn warum hätte sie sonst so etwas getan?

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#1104

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 13:31
von Mü~ • 1.639 Beiträge

Edward
Mary lächelte meine Lüge perfekt weg und schlug einen Galopp vor. Ich hatte bereits, ohne nachzudenken, einen Unterschenkel etwas vom Bauch meines Ponys angehoben und war drauf und dran, ebenfalls anzugaloppieren, als ich es mir anders überlegte. Sollte sie nur mit Henry einen Galopp einlegen, ich würde einfach nur noch versuchen, allein den Weg zum Schloss zurück zu finden. Nachdenklich sah ich Mary hinterher, wie sie davon ritt und es dauerte einen Augenblick, bis mir der Fehler im Bild auffiel: Sie war alleine. Überrascht drehte ich mich um und tatsächlich, auch Henry war ihr nicht gefolgt. Dieser Tag wurde wirklich immer kurioser. Erst recht, als mein ehemals bester Freund sich zum ersten Mal seit Tagen zu mir umdrehte und auch noch mit mir redete. "Kein Mann, der noch einen Funken Stolz übrig hat, würde das tun", stimmte ich ihm zu, während Mary und ihr Pferd in der Ferne immer kleiner wurden. Ob sie mittlerweile bemerkt hatte, dass sie allein war? "Die Frage ist daher, was Mary sich von diesem Ausritt erhofft hat." Aber was auch immer es gewesen war, es hatte nicht geklappt.

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#1105

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 14:55
von Rikki • 1.675 Beiträge

Henry
"Wie immer sind die Gedanken einer Frau unergründlich", meinte ich und sah in die Ferne auf die nur noch als kleinen Punkt erkennbare Mary. Mittlerweile hatte sie fast den Rand des Ufers erreicht. "Ganz besonders bei einer Frau wie Mary" Kurz sah ich Edward an und lächelte. Ich erwartete nicht, dass er es erwiderte. Nicht, nachdem was zwischen uns vorgefallen war und was genauso sehr meine Schuld war wie seine. Na gut, es war vor allem meine. Erst dann galoppierte auch ich los. Schließlich konnte ich eine Frau doch nicht einfach inmitten einer ihr fremden Landschaft stehen lassen. Wahrscheinlich würde ihre Stimmung aufgrund unseres Verhaltens schlecht sein, aber so herzlos war ich dann doch nie, sie komplett allein zu lassen. Außerdem war sie Mary. Eine Frau, die so wunderschön wie kaltherzig sein konnte - und die sich nur zu bewusst war, wie sie auf Männer wirkte. Und trotzdem verfiel ich ihr immer wieder. Aber Edward ja anscheinend auch. Und zum ersten Mal seit langem hoffte ich wieder, mich mit ihm besser zu verstehen. Mein bester Freund fehlte mir doch sehr. Mary hatte sich am Rand des Ufers platziert und sah auf das tiefe Blau des Sees. "Ich dachte schon, dass ich meinen Weg zurück allein finden muss", sagte sie und der kalte Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören. "Wahrscheinlich hättest du das auch geschafft", antwortete ich ihr nur und sah mich um, ob Edward auch zu uns kam.

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#1106

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 18:36
von Mü~ • 1.639 Beiträge

Edward
Es war ein seltsames Gefühl, wieder so normal mit Henry zu reden, wenn auch nur kurz. Seltsam, aber gut. Ich erwiderte sein Lächeln, folgte ihm aber nicht, als er Mary nachritt. In der letzten Stunde war mir klar geworden, dass ich mich nicht in Mary verliebt hatte; lediglich in eine Version von ihr, von der ich hoffte, dass sie existierte. Henry konnte sie gerne haben, wenn er wollte – auch, wenn ich mittlerweile dachte, dass auch er eigentlich etwas Besseres verdient hatte. Nach dieser Entscheidung fühlte ich mich so sehr mit mir im Reinen wie schon lange nicht mehr. Ich warf einen letzten Blick zu Henry und Mary am Seeufer, wendete dann mein Pony und trat den Rückweg an.

Lizzy
Obwohl wir uns alle drei nicht auskannten, verirrten wir uns kein einziges Mal. Lediglich die kurze Begegnung mit Mary hatte unsere Stimmung kurz getrübt, ansonsten waren wir aber bester Dinge, als wir uns wieder auf den Rückweg zum Schloss machten, denn der Himmel sah bedrohlich grau aus. Auf dem Rückweg, auf dem wir meist schweigend nebeneinander her trabten, dachte ich über Mary nach. Es war ziemlich abgehoben, sich mit gleich zwei Männern zu verabreden. Andererseits, wer war ich schon, sie zu kritisieren – wo ich mich nach nicht mal drei Tagen ohne Jimmy schon wieder darauf freute, mich heimlich nachts mit ihm zu treffen? Ich dachte erst, ich hätte mich verhört, als Ediths "Was macht denn Edward hier?" mich aus meinen Gedanken riss. Tatsächlich kam er von rechts, wo der See war, in unsere Richtung geritten.

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#1107

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 19:28
von Rikki • 1.675 Beiträge

Henry
Wenn ich eines nicht konnte, dann war es so kaltherzig zu sein wie Mary. Also schlug ich ihr einen anderen Rückweg zum Schloss vor, der uns über einige Hügel aber auch weite Ebenen führen würde, nachdem ich gesehen hatte, wie Edward umgekehrt war. Irgendwie war es ein komisches Gefühl - denn jetzt war ich genau da, wo ich heute Morgen hatte sein wollen. Allein mit Mary. Ich merkte nur, wie sich ihre Augen kurz verengten, als Edward sein Pony wendete und aus unserem Blickfeld verschwand. Ansonsten zeigte sie keine weiteren Reaktionen, dass einer ihrer Bewunderer gerade abgesprungen war. Ich hätte triumphieren können, wo ich doch jetzt allein um Mary kämpfte. Stattdessen freute ich mich mehr darüber, dass Edward und ich eben wenigstens für einige Minuten wieder ein normales Verhältnis hatten. Mit Marys Zustimmung trieb ich mein Pferd wieder an und sah zu ihr hinüber. Vor dem Blau des Sees wirkte ihre Haut noch heller. Warum musste sie auch so schön und anziehend sein? Von jedem anderen Menschen mit ihren Verhaltensweisen hätte ich mich sofort verabschiedet. "Ich hoffe dieses Mal lässt du mich nicht erst warten, bevor du nach einem Galopp zu mir aufholst", sagte sie dann mit einer wärmeren Stimme und sogar einem Lächeln, das ich erwiderte. "Natürlich nicht", antwortete ich sofort.

Sybil
Ohne Ediths Hinweis hätte ich Mr. Armstrong glatt übersehen. Denn die schöne Landschaft - so anders als in Yorkshire - hatte mich einfach komplett fasziniert. "Hast du nicht gestern noch gefragt, für wen Mary sich entscheiden wird? Vielleicht bekommen wir jetzt die Antwort", meinte ich zu den beiden, während Edward auf uns zukam und in einer Lautstärke, dass er meine Worte nicht hören konnte. Ich lächelte ihn an und wir ließen ihn zu uns aufholen - auch wenn wir eben abgemacht hatten, ein wenig schneller zurückzureiten, um bloß nicht nass zu werden. Lächelnd sah ich Mr. Armstrong an, als er auf uns zukam - besonders sein Pferd gefiel mir. "Sind Sie auch auf dem Rückweg?", fragte ich ihn, als er ein paar Meter von uns entfernt war.

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#1108

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 19:37
von Mü~ • 1.639 Beiträge

Edward
Es war reiner Zufall, dass ich Sybil, Edith und Lizzy auf dem Rückweg begegnete, aber es kam mir nicht ungelegen, denn irgendwann war ich mir doch nicht mehr hundertprozentig sicher, wie ich zum Schloss zurück kam. Sie verlangsamten ihr Tempo etwas, sodass ich aufholen konnte und Sybil grüßte mich lächelnd. "Ja, ich wollte im Trockenen sein, bevor das da", ich machte eine Kopfbewegung zum Himmel, "herunterkommt." Ich ließ, wie auch die anderen, mein Pony antraben, denn im Schritt würden wir den Regen vermutlich voll abbekommen. Natürlich dachten sie alle drei darüber nach, wo Mary und Henry, die jetzt sicherlich nass werden würden, geblieben waren, und vermutlich dachten sie auch, dass ich als Verlierer aus diesem Treffen ging. Aber das sah ich ganz und gar nicht so, also beließ ich es bei meiner Erklärung.
Als wir am Stall ankamen, fiel bereits der ein oder andere Tropfen vom Himmel. Ich tätschelte meinem Pony, das sich wirklich gut geschlagen hatte, ausgiebig den Hals und stieg dann ab, um es einem Stallburschen zu überlassen. Den Tee hatten wir knapp verpasst, also musste mein Magen, der sich bedrohlich leer anfühlte, noch etwas Geduld haben. Während wir uns auf unsere Zimmer verteilten, um uns umzuziehen, schweiften meine Gedanken doch wieder zu Mary und Henry ab. Ob sie noch unterwegs waren? Und was sie wohl gerade machten? Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen – vermutlich würde mir keiner von beiden jemals ganz egal sein. Aber an meiner Entscheidung von vorhin wollte ich festhalten. Es war besser so.

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#1109

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 19:50
von Rikki • 1.675 Beiträge

Henry
Ich ließ sie auf keinem Galopp mehr allein. Trotzdem waren wir nicht schnell genug - keiner von uns beiden hatte bemerkt, wie sich der Himmel verfinstert hatte. Als die ersten Tropfen fielen war es bereits zu spät, um den Rückweg anzutreten und rechtzeitig ins Schloss zu kommen. Zum Glück kannte ich mich hier aus. Ich dirigierte uns zu einem kleinen Schuppen, in denen im Sommer einige Schafe unterkommen konnten. Mary und ich sahen in den dichten Regen durch die offene Tür des Schuppens. "Himmel, was für ein Unwetter", sagte sie nur und verschränkte ihre Arme. Ich schätzte, dass es noch gut zehn Minuten dauern würde, bis wir den Rückweg antreten könnten. "Ist dir kalt?", fragte ich sie dann. "Ein wenig", gab Mary dann zu und wandte sich mir zu. "Mein Jackett ist nicht wirklich für einen schottischen Regenschauer gedacht" Ohne nachzudenken zog ich meines aus und legte es ihr vorsichtig um die Schultern. Heute Nachmittag hat sie noch deine Gefühle verletzt und jetzt gibst du ihr dein Jackett, um selber zu frieren? So warteten wir den Regenschauer ab. Als die ersten zaghaften Sonnenstrahlen durch den grauen Himmel drangen, zog Mary mein Jackett aus und gab es mir mit einem Lächeln zurück. "Danke. Aber ich glaube, ich werde vor dem Dinner dennoch ein langes Bad nehmen, um wieder wärmer zu werden", sagte sie und stieg wieder auf ihr Pferd. Ich folgte ihrem Beispiel und bot natürlich - Gentelman wie ich war - an, dass sie meine Reitjacke auch weiterhin tragen könnte, was sie verneinte. Ein wenig frierend kamen wir am Schloss an und gingen auf unsere Zimmer, um uns für das Dinner umzuziehen.

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#1110

RE: ρяѕ

in Dowɴтoɴ Aввey 30.09.2017 20:07
von Mü~ • 1.639 Beiträge

[...]

Thomas
Sowohl Mr. Carson als auch Mrs. Hughes hielten ihr Versprechen – am Mittwochmittag durften wir auf die Kirmes nach Thirsk. Ich hatte in den letzten Tagen noch fieberhaft nach einem Grund gesucht, nicht mitzugehen, aber keinen gefunden. Krank stellen wollte ich mich nur ungern, solche Lügen fielen in der Regel schnell jemandem auf. Also drängelte ich mich mit den anderen in den vollen Bus – wir waren nicht die einzigen, die gleich am ersten Tag auf der Kirmes sein wollten. Ich hielt so viel Abstand wie möglich von Jimmy, schaffte es aber nicht, ihn aus den Augen zu lassen. Bei der Arbeit konnte ich ihn natürlich nicht die ganze Zeit anstarren, Gott bewahre, und auch jetzt musste ich vorsichtig sein, damit niemand mich erwischte. Aber es war einfach zu verlockend. Ich setzte mich schräg zwei Reihen hinter ihn, sodass ich sein Gesicht von der Seite im Blick hatte und wechselte während der Fahrt zwischen der Sicht auf dem Fenster und der auf Jimmys Wangenknochen sowie seine perfekte Nase.

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