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Sybil
Ich lächelte und war ein wenig erleichtert, als sie sich dann doch einsichtig zeigte und mir das Telefonat mit Carson erspart blieb. "Du wirst sehen, die Zeit bis morgen Nachmittag wird wie im Flug vergehen. Du weißt doch, dass heute Abend nach dem Dinner ein kleiner Tanz stattfinden wird und bis dahin müssen wir auch noch packen" Ich hatte beschlossen, Lizzy heute so gut es ging abzulenken, damit sie ja nicht zu oft an Jimmy und seine möglichen Verletzungen dachte. Also stand ich auch gleich auf und sah sie auffordernd an. "Zuerst aber hilfst du mir, mein Kleid für heute Abend herauszusuchen" Auch, wenn mir das eigentlich so gut wie egal war. Manchmal fand ich es wirklich anstrengend, jeden Abend ein anderes Kleid tragen zu müssen. Ich gestand es mir nicht ein, aber ich vermisste meine Uniform als Krankenschwester wirklich. Aber ein Ablenkungsmanöver war es wert, jetzt ein kleines Problem daraus zu machen. Hauptsache, Lizzy würde mich nicht doch noch darum bitten, weitere Nachforschungen anzustellen.

Lizzy
Ich lächelte Sybil dankbar an, als sie mir aufzählte, was der Tag noch alles an Ablenkung zu bieten hatte. Zwar hatte das bis jetzt nie geklappt, wenn es um Jimmy ging, aber durch herumsitzen und grübeln verging die Zeit auch nicht schneller. Ich stand sofort auf und folgte ihr auf ihr Zimmer. Im Grunde genommen war Sybil ihr Kleid relativ egal, das wusste ich, aber um der Ablenkung Willen wühlte ich mich durch all ihre Kleider, bis wir eine engere Auswahl von drei getroffen hatten und riet ihr schließlich zu einem grün-blauen Kleid mit unauffälligem Pfauenmuster am Saum. "Wenn wir gerade dabei sind, können wir auch gleich ein Kleid für mich heraussuchen", sagte ich schließlich, während wir Sybils Kleider wieder in den Schrank räumten. "Nicht, dass jemand anwesend wäre, für den ich gut aussehen müsste." Ich seufzte und wünschte mir insgeheim, ich würde nicht bei fast jedem Treffen mit Jimmy nur mein Nachthemd tragen. Zusammen mit Sybil veranstaltete ich die gleiche Prozedur auch mit meinem eigenen Schrank, bis wir uns schließlich für ein beigefarbenes Kleid mit schwarzen Stickereien entschieden hatten. "Und nun?", fragte ich, nachdem auch mein Schrank wieder eingeräumt war und ließ mich auf mein Bett fallen, den Kopf zur Uhr an der Wand gedreht.

Sybil
Ich lächelte sie an. Das Aussuchen unserer Kleider hatte tatsächlich ein wenig Zeit vergehen lassen und ich hatte mich mit mehr Enthusiasmus als üblich daran gemacht. Aber da wir nur einen Teil unserer Garderobe hier hatten, dauerte es auch nicht ewig. "Du musst dich gar nicht erst hinsetzen", meinte ich. "Wir gehen jetzt zur Post ins Dorf, geben meine Briefe auf und schicken ein Telegramm nach Downton mit der genauen Uhrzeit, wann wir ankommen werden" Und wenn wir das getan hätten, wäre es schon Zeit zum Lunch. Natürlich könnte ich meine Briefe auch einfach dem Butler geben und ihm gleich mit auftragen, das Telegramm zu schicken. Aber jede Aktion, die Lizzy wenigstens etwas auf andere Gedanken bringen würden, war mir jetzt recht. Ich warf ihr den Mantel und Hut zu und sah sie auffordernd an. Das schlimmste wäre jetzt, einfach nur im Schloss zu hocken und nachzudenken.

Lizzy
Trotz allem musste ich lachen, als Sybil mich zurechtwies. Aber ich war natürlich froh über die Ablenkung und darüber, dass sie in diesem Fall auch noch mit unserer Rückkehr nach Downton zu tun hatte. Ich fing meinen Mantel und Hut auf, wartete kurz, bis Sybil auch ihre Sachen geholt hatte und dann machten wir uns auf den Weg – zum Glück war der Himmel für schottische Verhältnisse strahlend blau, sodass wir nicht befürchten mussten, unterwegs eine kalte Dusche abzubekommen. Ich war froh, mich bewegen zu können, denn in meiner seltsamen Mischung aus Unruhe und Vorfreude war ich ziemlich zappelig.

Sybil
Ich versuchte sie auf dem Weg so gut es ging weiter abzulenken, indem ich über die vergangenen Tage, das Wetter, unsere genauen Pläne für die Rückreise morgen und über jedes andere erdenkliche Thema redete, das mir gerade in den Kopf kam. Sicherlich fand Lizzy, dass ich sie ziemlich vollredete - aber wenigstens musste sie mir so zuhören und konnte nicht an Jimmy denken. Während ich Lizzy meine Briefe gab, damit sie diese aufgeben konnten, schrieb ich schnell das Telegramm und zahlte dafür. Ich dachte kurz darüber nach, noch ein wenig Zeit zu schinden und durch das Dorf zu laufen, aber ein Blick auf die Turmuhr draußen zeigte mir, dass wir uns auf den Rückweg machen mussten. Dabei redete ich über Taylor, unseren alten Chauffeur und wie viel Stress es Carson wohl bereiten würde, einen Ersatz zu finden. Wenn es nach ihm ging, würde nämlich alles so bleiben, wie immer - und das hieß, dass am besten keiner der Bediensteten je darüber nachdachte, Downton zu verlassen. Als wir endlich ankamen war mein Mund ziemlich trocken und ich freute mich auf den Lunch, wo hoffentlich alle anderen auch mit Lizzy reden und sie so ablenken würden. Währenddessen würde ich mir Gedanken über den Nachmittag machen.

Lizzy
Sybil war noch nie wortkarg gewesen, aber auf unserem Spaziergang übertraf sie sich selbst. Ich bemühte mich, ihren Worten zu folgen und ab und zu einen geistreichen Kommentar abzugeben, was meine Gedanken wenigstens größtenteils von Jimmy fernhielt. Dann war es auch schon Zeit für den Lunch, wo ich dem allgemeinen Geplapper zuhören konnte. Mein Wiedersehen mit Jimmy rückte also immer näher – nur wie sollte das weitergehen? Ich würde nicht ewig auf Downton bleiben und wenn ich ihn schon nach einer Woche so sehr vermisste, was sollte ich dann tun, wenn ich wieder monatelang zuhause war? Schnell schob ich mir meine Gabel wieder in den Mund, als ich merkte, dass ich verloren an die Wand starrte. Zu gerne hätte ich einfach mit Jimmy darüber geredet, aber den Ausgang eines solchen Gesprächs konnte ich mir eigentlich schon denken.

Sybil
Nach dem Lunch ließ ich Lizzy erst gar keine freie Minute. "Am besten wir packen jetzt schon unsere Sachen, dann haben wir heute Abend keinen Stress", fing ich an und lief mit ihr die Treppen nach oben. Danach könnten wir einen Spaziergang machen, ein Bad nehmen, den Tee mit den anderen trinken und Lizzy irgendwie aus dem Kopf schlagen, dass sie sich solche Sorgen um Jimmy machen müsste. Fast hätte ich doch lieber Carson angerufen und alles endlich geklärt, aber das wäre wirklich sehr auffällig. Schließlich ging es ja nicht um Leben und Tod - und wenn dann nur in Lizzys Kopf. Ich klingelte nach Anna und zusammen fingen wir an, erst meine Sachen zu packen und dann die von Lizzy. Danach suchte ich gleich den Schmuck für heute Abend aus, auch wenn ich dabei Lizzy die endgültige Entscheidung überließ. "Möchtest du spazieren? Oder ausreiten?", fragte ich dann, als wir wieder auf dem Weg in den Salon waren und es noch einige Zeit bis zum Tee war.

Lizzy
Sybils Tatendrang riss auch nach dem Lunch nicht ab. Sie bestand darauf, dass wir gleich unsere Sachen packten, was einiges an Zeit in Anspruch nahm, weil wir uns jeweils dabei halfen. Außerdem durfte ich ihren Schmuck für den Abend heraussuchen, was mir deutlich mehr Spaß machte, als bei meinem eigenen. "Lass uns noch ein letztes Mal ausreiten", schlug ich vor, denn einen Spaziergang hatten wir ja für heute schon hinter uns und irgendwie mussten wir noch etwas Zeit bis zum Tee totschlagen. Als wir uns umgezogen hatten und auf den Weg in den Stall waren, sprach ich endlich aus, was mir seit heute Morgen durch den Kopf ging. "Wie soll das bloß weitergehen, wenn ich nicht mehr auf Downton bin?", fragte ich Sybil. "Ich kann ja schlecht ewig bei euch wohnen und genauso wenig kann ich Carson einen Diener entführen."

Sybil
Ein Ausritt war mir auch recht, denn allein das Umziehen dafür nahm schon Zeit in Anspruch. Mittlerweile kannten wir uns auch etwas besser in der Gegend aus, da machte es gleich noch mehr Spaß. Ich sah Lizzy ernst an, als sie mir von ihren Gedanken erzählten. "Lizzy, ist es dir wirklich so ernst mit ihm? Dass du entweder auf Downton wohnen oder Jimmy mitnehmen musst? Bist du dir im klaren, was du da sagst?", fragte ich sie einfach direkt und ohne Umschweife. Ich wollte sie nicht verletzen, aber meiner Meinung nach mussten ihr die Augen geöffnet werden. Denn auch wenn sie es scheinbar sehr ernst mit ihm nahm - Jimmys Ansichten konnten da ganz anders sein. Er würde sie wohl kaum fragen, sie zu heiraten. "Denn mittlerweile sieht es so aus, als würdest du tiefere Gefühle für ihn haben", fügte ich dann noch vorsichtig hinzu. Mittlerweile waren wir am Stall angekommen und so wurde unser Gespräch kurz unterbrochen, während wir beide aufsaßen und losritten.

Lizzy
Ich dachte über Sybils Worte nach und war froh, nicht sofort antworten zu müssen, bis wir aus dem Stall hinaus geritten waren. Ich wusste ja selbst nicht, was ich fühlte, ich war noch nie in dieser Situation gewesen. Aber dieser Kurzurlaub hatte mir definitiv gezeigt, dass ich Jimmy irgendwie brauchte. War das Verliebtsein? Oder sogar Liebe? Und woher sollte ich das wissen, ohne einen Vergleich zu haben? "Ich weiß", antwortete ich etwas verzweifelt. "Aber ich bin mir selbst nicht sicher, was ich für ihn empfinde, das macht es ja so kompliziert. Manchmal weiß ich selbst nicht, warum ich ihn so toll finde. Ich meine, die ganze Situation ist so verfahren und gleichzeitig aufregend, wie soll man da noch klar darüber nachdenken?" Ich war mir nicht sicher, inwiefern Sybil, die ja einige Jahre jünger war als ich, mir dabei helfen sollte, aber es tat schon gut, einfach meine Gedanken zu ordnen und auszusprechen. "Letztendlich werde ich wohl abwarten müssen, wie sich das alles entwickelt", seufzte ich.

Sybil
Nachdenklich sah ich in die Ferne, bevor ich Lizzy antwortete. "Du solltest auf jeden Fall nichts überstürzen. Und du solltest weiterhin vorsichtig sein", versuchte ich ihr irgendwie in dieser Situation einen Ratschlag zu geben. "Wenn ich ehrlich sein darf - ich glaube nicht, dass Jimmy annähernd solche Gefühle für dich hat wie du für ihn. Natürlich riskiert er jede Nacht seine Arbeit, wenn er zu dir kommt. Aber gleichzeitig riskierst du deinen Ruf und ich weiß nicht, was schlimmer ist" Ich sah sie ernst an, auch wenn ich natürlich in Sachen romantischer Gefühle keine große Hilfe war. Männer interessierten mich einfach nicht. Jedenfalls nicht die, die ich in meinem täglichen Leben um mich hatte. Eine Weile schwiegen wir dann, weil anscheinend keiner mehr wusste, was er noch dazu sagen sollte. "Erst einmal solltest du bis morgen abwarten", sagte ich dann noch.

Lizzy
Natürlich wusste ich eigentlich, dass Jimmys Gefühle sich mittlerweile von meinen deutlich unterschieden, aber es war doch etwas anderes, es Sybil laut aussprechen zu hören. Nur glaubte ich, damit leben zu können, solange ich Jimmy wenigstens irgendwie um mich hatte – egal in welcher Gefühlslage. Nur in einer Sache musste ich ihr widersprechen. "Mein Ruf ist mir egal", sagte ich und lächelte entschuldigend. "Ich weiß, dass das für dich undenkbar ist, aber mein Ruf spielt bei der ganzen Sache wirklich die kleinste Rolle für mich. Ich halte eine gute Arbeit für weit wichtiger als einen guten Ruf." Eine Weile schwiegen wir, bis auch Sybil zu dem Schluss kam, dass ich nur abwarten konnte. "Ja, das werde ich wohl müssen", seufzte ich. "Lass uns einen Galopp einlegen", schlug ich dann vor, nachdem wir so lange Trübsal geblasen hatten. Eigentlich war nichte einmal Jimmy es wert, dass ich schlechte Laune hatte.

Sybil
Ich folgte ihr in den Galopp, auch wenn meine Gedanken noch ganz woanders waren. Vielleicht hatte ich es falsch ausgedrückt. Natürlich war Jimmys Arbeit sehr wichtig - es war seine einzige Existenzgrundlage. Aber wahrscheinlich unterschätzte Lizzy, wie wichtig ihr Ruf doch war. Sie würde in keine Klasse der Gesellschaft mehr passen, wenn ihr Ruf einmal ruiniert war. Nichts würde die Tat wieder rückgängig machen. Und ich zweifelte, ob ihre Eltern da helfen würden. Zum Glück konnten wir beim Galopp kein Gespräch führen, denn nachher würden wir uns noch deswegen streiten. Stattdessen versuchte ich mir einzureden, dass sich morgen alles irgendwie klären würde, wenn wir wieder auf Downton waren und Lizzy wieder Jimmy um sich hatte.

Lizzy
Der Galopp war eine gute Idee gewesen. Als wir einige Minuten später unsere Pferde wieder durchparierten, war mein Kopf schon viel freier. "Ich glaube, so sollten zurück zum Tee", sagte ich etwas außer Atem, als wir wieder im Schritt nebeneinander her ritten. Immerhin hatte das Umziehen vorhin schon einige Zeit beansprucht und wir mussten auch noch den Rückweg zum Schloss einplanen. Mittlerweile fühlte ich mich auch was Jimmy anging etwas zuversichtlicher. Vielleicht vergingen meine Gefühle ja einfach irgendwann wieder, Paulas Aussagen zufolge konnte das vorkommen. Wie auch immer, so schlimm würde es schon nicht werden. Immerhin war ich nicht todkrank, höchstens ein bisschen verliebt.

Sybil
Wenigsten Lizzy wirkte zuversichtlicher, als wir den Rückweg antraten und das war doch die Hauptsache. Wir redeten noch über einige belanglose Dinge, bis wir die Pferde wieder am Stall abgeben konnten und zurück zum Schloss gingen. Den Tee hatten wir zwar verpasst, aber für ein Bad vor dem letzten Dinner hier würde es noch reichen. Ich ließ mir Zeit und bekam kaum mit, wie Anna mir beim Anziehen half und mir die Haare machte. Im Salon warteten die anderen bereits und ich fragte Papa gleich, ob er noch weitere Neuigkeiten von Downton hatte - was er verneinte. Das teilte ich Lizzy gleich mit, während wir alle zusammen in den Speisesaal gingen und dann meinen Platz neben Mr. Armstrong und Edith einnehmen musste. Irgendwie hatte ich nicht wirklich Lust auf den Tanz nachher, bei dem mich sowieso niemand außer Papa auffordern würde. Aber wenigstens freute ich mich auf Downton - auch wenn die Woche in Schottland wirklich toll gewesen war und mich auf andere Gedanken gebracht hatte.

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